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Röntgenblick. Albas Luke Sikma sieht Passwege, die nur wenige Big Men sehen.

© imago images/Bernd König

Alba Berlins Allrounder Luke Sikma: Spielmacher in einem zu großen Körper

Luke Sikma gehört zu den vielseitigsten Basketballern Europas. Dass Alba Berlin in der Euroleague zuletzt derart glänzt, liegt auch an dem Power Forward.

Luke Sikma klingt geradezu euphorisch. „Es fühlt sich großartig an“, sagt der Power Forward von Alba Berlin und meint damit gar nicht in erster Linie den höchsten Euroleague-Sieg der Vereinsgeschichte am Donnerstagabend. Mit 89:63 hatten die Basketballer aus Berlin das frühere Spitzenteam Fenerbahce Istanbul aus der Arena am Ostbahnhof gefegt und damit international den dritten Erfolg in Serie eingefahren. Sikma freut sich aber vor allem über eine andere Sache. „Ich habe bis halb elf geschlafen und wir haben heute frei. Keine Termine, kein Corona-Test, nichts!“, sagt Sikma. Bei 13 Spielen in einem Monat ist das ein seltenes Vergnügen.

Die kurze Ruhepause vor dem nächsten Heimspiel am Sonntag gegen den ehemaligen Serienmeister Bamberg (18 Uhr, live auf Magentasport) hat sich Albas Team redlich verdient. Gegen Fenerbahce dominierte Alba von der ersten Minute an, lag nicht einmal in Rückstand und führte zwischenzeitlich sogar mit 30 Punkten Vorsprung. Dass mit Marcus Eriksson, Simone Fontecchio und Ben Lammers drei Leistungsträger verletzt fehlten, war nicht mal zu erahnen.

Die Türken erwischten zwar auch einen ganz schwachen Tag und stellten schon früh das letzte Bisschen Widerstand ein. Doch Alba spielte halt auch so konsequent und konstant, dass es nie den Eindruck machte, als könne Fenerbahce das Spiel noch drehen. In der Schlussphase standen bei Alba mit Maodo Lo, Jonas Mattisseck, Malte Delow, Niels Giffey und Tim Schneider kurzzeitig sogar fünf gebürtige Berliner auf dem Feld – das dürfte es in der Euroleague noch nie gegeben haben.

Sikma machte für seine Verhältnisse ein eher unauffälliges Spiel. Sieben Punkte, acht Rebounds, sechs Assists. „Ich versuche immer das zu tun, was mein Team braucht“, sagt der 31 Jahre alte US-Amerikaner. „Mal score ich ein bisschen mehr, mal passe ich mehr – ich versuche einfach, den richtigen Spielzug zu machen.“

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Seit dreieinhalb Jahren spielt Sikma nun für Alba und ebenso lange ist er das Herzstück der Mannschaft. Seine größte Stärke ist vermutlich, dass man gar nicht sagen kann, welches seine größte Stärke ist. Punkten, passen, rebounden – Sikma kann alles auf hohem Niveau. Mit dieser Vielseitigkeit passt er perfekt zum schnellen, kreativen Stil, den Alba unter der spanischen Trainerlegende Aito Garcia Reneses spielt – und ist einer der Schlüsselspieler.

Fenerbahces Coach warnte sein Team schon vor dem Spiel gegen Alba. „Luke Sikma ist ein Power Forward mit Point-Guard-Qualitäten“, sagte Igor Kokoskov. „Er ist einer der besten Spielmacher Europas.“
Die Statistik untermauert dieses Lob. Mit 3,75 Assists pro Spiel ist Sikma mit deutlichem Abstand bester Passgeber unter allen Forwards und Centern der Euroleague. „Ich habe schon immer gerne gepasst. Vor der Highschool war ich Guard, dann habe ich einen Wachstumsschub gemacht und seitdem immer gescherzt: Ich bin ein Point Guard im Körper eines zu großen Menschen“, sagt der 2,02 Meter lange Sikma.

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Bei Alba erlebt er seit seinem Wechsel aus Valencia 2017 die beste Phase seiner Karriere und fühlt sich auch menschlich sehr wohl. „Wir haben eine unglaubliche Teamchemie“, sagt Sikma und sieht darin auch einen wichtigen Faktor für die jüngsten drei Erfolge. Gerade in einer ungewöhnlichen und sehr schwierigen Saison wie dieser komme es besonders auf den Charakter und die Mentalität an. „Unsere positive Einstellung und all diese weichen Faktoren sind ein großes Plus für uns“, sagt er.

Körperlich sind auch Albas Spieler an der Belastungsgrenze, und das fehlende Training macht sich natürlich punktuell immer wieder bemerkbar. Seitdem Alba nach sechs Corona-Infektionen im Team und dem Betreuerstab Anfang November aus der Quarantäne in den Trainingsbetrieb zurückgekehrt ist, besteht das Leben der Mannschaft fast nur noch aus Spielen und Reisen. Zwar helfen die Siege, die enorme Belastung mental besser zu verarbeiten, doch nur bis zu einem gewissen Punkt. „Nach dem Spiel haben wir in der Kabine gescherzt, dass wir gleich noch mal spielen könnten. Aber heute, ohne das Adrenalin, merkt man schon, wie hart dieses verrückte Programm ist“, sagt Sikma.

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Daher kommt es aktuell noch mehr als sonst auf einen professionellen Lebensstil an. Viel Schlaf, gutes Essen, Übungen mit den Physios, Krafttraining. „Ich kümmere mich viel um meinen Körper“, sagt Sikma, der von 216 Spielen seit seiner Ankunft in Berlin 214 absolviert hat. Zweimal wurde er von Trainer Reneses geschont. Während um ihn herum immer wieder Mitspieler verletzt ausfallen, ist Sikma stets fit, stets einsatzfähig.

„Ich klopfe auf Holz, dass das so bleibt“, sagt Sikma. Schon sein Vater Jack, der in den Siebzigern und Achtzigern jahrelang für die Seattle Supersonics in der NBA spielte und 2019 in die Hall of Fame aufgenommen wurde, sei fast nie verletzt gewesen. Daher habe seine Verletzungsresistenz sicher mit den Genen zu tun. Er habe über die Jahre aber auch gelernt, auf seinen Körper zu hören. „Ich bin in meiner zehnten Profisaison und weiß, wann ich mehr Schlaf oder auch mal eine Pizza brauche“, sagt Luke Sikma. Und an einem freien Tag gibt es vielleicht sogar mal beides.

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