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Ronnie O'Sullivan kann sich bei der WM 2020 voll auf sich fokussieren.

© dpa

„Ein bisschen wie in Deutschland“: Snooker-Star Ronnie O'Sullivan mag die Ruhe bei der WM

Ronnie O'Sullivan gilt plötzlich wieder als Favorit bei der Snooker-WM in Sheffield – weil er sich ohne Fans voll auf sich und sein Spiel konzentrieren kann.

Mit Rekorden kennt sich Ronnie O’Sullivan aus. Und deshalb lösen neue Bestmarken bei ihm auch nur noch ein Schulterzucken aus. Sein Erstrundenmatch gegen den hoffnungslos überforderten Thailänder Thepchaiya Un-Nooh bei der der Snooker-WM in Sheffield dauerte ganze 108 Minuten, dann stand der 10:1-Sieg O’Sullivans fest. Es war das kürzeste Match in der Weltmeisterschaftsgeschichte.

„Rekorde bedeuten mir nicht viel. Ich mache mir darüber auch keine großen Gedanken“, stellte O’Sullivan nach seinem Erfolg nüchtern klar. Im Achtelfinale ab Freitag trifft er nun auf Ding Junhui aus China, die Aufgabe dürfte etwas anspruchsvoller werden für den 44-Jährigen.

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Dass er in seinem nächsten Match dennoch erneut favorisiert ist, hat allerdings mit den speziellen Umständen bei dieser Weltmeisterschaft zu tun. Seit dem zweiten Turniertag am Samstag sind im Crucible Theatre keine Zuschauer mehr zugelassen. O’Sullivan hatte sich vor der WM mit deutlichen Worten gegen Fans in der Arena ausgesprochen, dabei den Vergleich mit „Laborratten bemüht“ und sogar seinen vorzeitigen Abgang vom Turnier nicht ausgeschlossen.

Nun allerdings haben sich die Vorzeichen geändert. „Ich bevorzuge das, weil ich nicht so der gesellige Typ bin“, sagte er der BBC. Auch die Konkurrenz ist sich dessen bewusst: „Für ihn fühlt sich das jetzt ein bisschen wie Training an“, sagte der Weltranglistenzweite Neil Robertson aus Australien und fügte an: „Die Erwartungshaltung des Publikums ist bei ihm immer sehr hoch. Jetzt kann er viel entspannter an die Sache herangehen und das dürfte ihm guttun.“

Tatsächlich hatte O’Sullivan in den vergangenen Jahren in Sheffield immer wieder zu kämpfen. 2019 scheiterte er nach einer überragenden Saison gleich zum Auftakt an einem Amateur. Seit seinem letzten Titelgewinn 2013 – dem insgesamt fünften –, erreichte O’Sullivan noch einmal im Jahr darauf das Finale, danach gewann er maximal zwei Turniermatches beim Saisonhöhepunkt. Auch weil Snooker für den Engländer längst nicht mehr alles bedeutet: „Ich spiele nicht mehr so viel, weil ich versuche, mein Leben mehr zu genießen“, sagte er am Montag.

„Als würde man durch London fahren und niemand wäre da“

Das geht in diesen Tagen von Sheffield deutlich leichter. O’Sullivan verbringt beispielsweise die Zeit bis zum Match gegen Ding zuhause, dort kann er relaxen und sich an seinem eigenen Übungstisch auf dem nächsten Gegner vorbereiten. „Es ist gut für mich, dass ich nicht an einem Ort festsitze und warten muss. Das wäre mein schlimmster Albtraum“, sagte er.

Dass das Leben in Zeiten des Coronavirus in Großbritannien insgesamt ruhiger geworden ist, stört O’Sullivan überhaupt nicht. „Es fühlt sich ein bisschen an wie in Deutschland, weniger hektisch“, sagte er. Und für die spezielle Atmosphäre bei der WM zieht er einen interessanten Vergleich: „Es ist, als würde man durch London fahren und niemand wäre da.“ Das alles sei „sehr, sehr seltsam“, auch wenn er letztlich dafür bezahlt werde, „ein paar Kugeln zu versenken“.

Sollten es so viele werden, dass es für einen sechsten WM-Titel reicht, wäre das zwar noch kein weiterer Rekord. Aber O’Sullivan würde sich Stephen Hendrys Bestmarke von sieben Siegen bis auf eine nähern. Gut möglich, dass ihm das dann etwas mehr bedeuten würde, als ein Quickie in Runde eins.

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