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Antonio Rüdiger ist für Bundestrainer Nagelsmann der Abwehrchef im deutschen Nationalteam.

© imago images/Kessler-Sportfotografie

Seit fast einem Jahr nicht mehr zu null: Das DFB-Team muss sich in der Defensive stabilisieren

Bundestrainer Julian Nagelsmann hat sich in der Abwehr und im Tor weitgehend für seine Spieler entschieden. Trotzdem steht er noch vor einer grundlegenden Entscheidung in Richtung EM.

Es ist kein Geheimnis, dass es um die Defensive der deutschen Fußball-Nationalmannschaft derzeit nicht ganz optimal bestellt ist. Fast genau ein Jahr ist es her, dass Deutschland das letzte Mal zu null gespielt hat. Nachdem das DFB-Team bei der Weltmeisterschaft in Katar 2022 sang- und klanglos in der Gruppenphase ausgeschieden war, gewann es zumindest das erste Spiel danach im März gegen Peru mit 2:0. Drei Tage später folgte eine 2:3-Niederlage in Belgien, und seitdem hat Deutschland jedes Mal mindestens ein Gegentor hinnehmen müssen.

Die jüngsten Testspiele gegen die Türkei und Österreich untermauern die Anfälligkeit in der deutschen Abwehr. Einzig Innenverteidiger Antonio Rüdiger verdient derzeit wohl das Prädikat Weltklasse. Dass er in Folge des WM-Debakels erstmalig nach langer Zeit nicht mehr für die Nationalmannschaft nominiert worden war, scheint mittlerweile undenkbar. Der damalige Bundestrainer Hansi Flick verzichtete in den ersten beiden Spielen nach der WM auf den Innenverteidiger.

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Spiele in Folge bestritt Antonio Rüdiger – als Einziger im deutschen Kader – über die komplette Spielzeit.

In der Folge wurde Rüdiger doch wieder in den Kader berufen und bestritt anschließend als einziger Defensivspieler alle neun Spiele über die komplette Spielzeit. Für den Neuen an der Seitenlinie, Julian Nagelsmann, ist er nun der ausgemachte Abwehrchef. Auf den Platz neben ihm in der Viererkette ist derzeit Jonathan Tah der heißeste Anwärter. „Sein Weg ist überragend“, sagte Rüdiger am Mittwoch im Anschluss an das zweite Training der deutschen Fußballer in Frankfurt. „Es gibt in der Bundesliga keinen Besseren. Er macht es sehr gut und hat sich das definitiv verdient.“

Kimmich als Rechtsverteidiger

Die Innenverteidiger stehen zumindest für den Moment also fest. Doch wie sieht es auf den Außenpositionen aus? Diese veränderte Nagelsmann in den vergangenen Spielen rauf und runter. Dass Joshua Kimmich bei der Kadernominierung in der Abwehr eingeteilt wurde, spricht dafür, dass er in den beiden kommenden Länderspielen gegen Frankreich am Samstag (21 Uhr, ZDF) und drei Tage danach gegen die Niederlande als Rechtsverteidiger aufläuft.

Die Besetzung der linken Seite ist allerdings noch unklar. Zum einen wäre da David Raum, der Nagelsmann eigentlich zu offensiv denkt, zum anderen bezeichnete er Maximilian Mittelstädt als einen der aktuell top vier Linksverteidiger auf der Welt. „Es ist nicht nur ein subjektiver Eindruck, sondern ein objektiver, belegt durch Daten“, sagte Nagelsmann zu dessen Nominierung.

So oder so sei das Verteidigen laut dem 36-Jährigen im Gegensatz zur Offensive eine Schwäche im deutschen Team. Von daher war für den Trainer zuletzt eher die Devise: Angriff ist die beste Verteidigung. Was von Österreich umgehend bestraft wurde. Nagelsmann steht deshalb nun vor einer wichtigen Entscheidung: Entweder er verkraftet es, dass Deutschland keine gute Defensive hat und kompensiert das mit einer herausragenden Offensive. Oder er fokussiert sich vor der EM darauf, die Defensive zu stabilisieren.

Eine Position, auf der Nagelsmann ein wahres Luxusproblem hat, ist die des Torhüters. Er hatte für Anfang dieser Woche eine Entscheidung zwischen Manuel Neuer und Marc-André ter Stegen angekündigt, wer bei der EM die Nummer eins sein soll. Er traf sie schließlich am Mittwoch, und zwar nach dpa-Informationen zugunsten Neuers. Wieder mal sollte ter Stegen zurückstecken. Seine Körpersprache am Mittwochmorgen sprach Bände dahingehend, wie er die Entscheidung findet.

Am Mittwochabend teilte der Verband dann mit, dass Neuer wegen eines Muskelfaserrisses im linken Oberschenkel, den er sich im Training zuzog, vorzeitig aus dem Teamquartier in Gravenbruch abgereist ist und damit für die beiden anstehenden Länderspiele ausfällt. „Das ist sehr ärgerlich, weil er einen sehr guten Eindruck gemacht hat“, sagte Nagelsmann. „Jan-Niklas Beste hat ebenfalls muskuläre Probleme im Adduktorenbereich. Ihn könnte ein ähnliches Schicksal treffen, aber das weiß ich noch nicht genau.“

Was für Auswirkungen das auf die EM hat, ist indes noch völlig unklar. Zumindest Rüdiger ist es egal, wer von den beiden hinter ihm im Tor steht und drückte es recht pragmatisch aus: „Wir haben Top-Torhüter. Wer auch immer spielt, soll einfach so oft wie möglich zu mir spielen.“

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