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Trainingslager des Nationalteams in der WM-Vorbereitung. Nationalstürmerin Sara Doorsoun.

© dpa/Daniel Karmann

Nationalspielerin Sara Doorsoun : Die Frau für die schweren Fragen

Fußball-Nationalspielerin Sara Doorsoun von Eintracht Frankfurt steht im DFB-Team vielleicht wie keine andere für die offene Gesellschaft - was auch zu unangenehmen Situationen führt.

Von David Joram, dpa

Sara Doorsoun bringt wenig aus der Ruhe. „Sie sind Vollprofi in Wolfsburg, kann man das sagen?“, fragte ein Boulevard-Reporter die Fußball-Nationalspielerin jüngst beim Medientag in Herzogenaurach. „Ich spiele in Frankfurt“, antwortete Doorsoun fein lächelnd. „Ich habe dreieinhalb Jahre in Wolfsburg gespielt.“ Dass sie Dinge richtigstellen und erklären muss, ist ihr nicht fremd. Vor der WM nimmt das Medieninteresse zu, Doorsoun wird um schmissige Antworten gebeten, zu Migration wie Menstruation. Weil sie für die moderne, weltoffene Gesellschaft steht, findet ihr Vereinstrainer Niko Arnautis. Vielleicht noch mehr als andere im Team.

„Sie hat diese gewisse Ruhe, die man braucht, kann dirigieren“, meint der Eintracht-Coach. Und diskutieren, was Arnautis an der 45-maligen Nationalspielerin ebenso gefällt: „Da weiß man, woran man ist. Ich finde das viel besser, als wenn immer nur Ja und Amen gesagt wird.“ Weiterbildung sei ihr wichtig, sagt Doorsoun, nur Fußball zu spielen: zu langweilig.

In Frankfurt könne sich Doorsoun öffnen, meint Coach Arnautis. Auch darum verlängerte sie im April ihren Vertrag beim Tabellendritten bis 2025. Doorsoun sei ein Vorbild für Team und Fans, „sie hat auch ein bisschen was erreicht.“ Fünf Titel mit Wolfsburg (zweimal Deutscher Meister, dreimal DFB-Pokal), Vize-Europameisterin. Und bei der Eintracht mit 31 Jahren das Amt der Alterspräsidentin. „Ich bin sehr dankbar, solche Persönlichkeiten und Charaktere im Team zu haben“, sagt Arnautis.

Gesicht zeigt die rhetorisch versierte Doorsoun auch auf dem für Sportlerinnen und Sportler häufig so heiklen gesellschaftspolitischen Feld. Im Juni hatte der DFB die Partnerschaft mit einer Tampon-Marke verkündet. Die Fußballerinnen sollten dabei „eine zentrale Rolle bei der Förderung offener Gespräche über die Menstruation und den Abbau von Vorurteilen und Tabus einnehmen“. Am Medientag war dann genau eine Spielerin unter dem Stichwort „o.b.“ explizit darauf angesetzt: Sara Doorsoun. Als Jungprofi sei ihr das Thema noch total unangenehm gewesen, sagte sie. Das habe sich geändert, „weil es vollkommen natürlich und normal ist“, dass Frauen die Periode bekommen.

Normal ist auch, dass in Deutschland Menschen leben, deren Eltern oder Großeltern woanders zur Welt kamen. 23,8 Millionen sind es laut Statistischem Bundesamt. Trotzdem hört die gebürtige Kölnerin, die einen iranischen Vater und eine türkische Mutter hat, auch solche Sätze: „Großartig, dass es ein Migrantenkind in der Nationalmannschaft so weit bringt.“ Eine Zuschreibung, die sie klar ablehnt. „Ich bin ja Deutsche.“ Leistung habe sie in die DFB-Elf gebracht, nicht der familiäre Hintergrund.

„Dinge zu pauschalisieren, finde ich immer schwierig“, sagt Doorsoun. In den sozialen Netzwerken sei es für manche Gruppen sehr einfach, anonym Kommentare loszulassen, „die nicht mehr unserem gesellschaftlichen Leben entsprechen“. Zu Fußball spielenden Frauen und „ganz anderen Themen“. Weiteres bleibt unausgesprochen.

„Von der Erfahrung und der Ausstrahlung her hat sie etwas, das dem deutschen Fußball und der Gesellschaft in Deutschland sehr, sehr gut steht“, sagt Arnautis. Wer bei ihm um eine letzte Anekdote bittet, erhält prompt eine. Einmal sei Doorsoun vor einem Bundesliga-Spiel krank gewesen, „aber wir hatten schon acht, neun Ausfälle. Ich musste umbauen und habe ihr gesagt: „Sara, ich brauche dich links hinten - kriegst du das hin?““ Die Antwort gab's auf dem Platz, und nicht die schlechteste, berichtet der Trainer: „Sie hat 90 Minuten als linke Verteidigerin mit das beste Spiel für Eintracht Frankfurt gemacht - daran erinnere ich sie heute noch.“

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