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In ihrer Mitte. Hans-Joachim Watzke und DFB-Präsident Bernd Neuendorf (r.) setzen auf die befriedende Wirkung von Rudi Völler.

© dpa / Sebastian Gollnow

Rudi Völler und seine Rückkehr zum DFB: Bauch schlägt Kopf

Die Entscheidung für Rudi Völler ist nur indirekt eine strategische. Die Strategie des DFB lautet: erst einmal wieder Ruhe in den eigenen Laden kriegen.

Ein Kommentar von Stefan Hermanns

Rudi Völler meinte es gut – und bestätigte doch vor allem das Urteil, das in der Öffentlichkeit gerade über ihn und sein neues Amt vorherrscht: dass Völler, 62 Jahre alt inzwischen und seit dem Sommer im Vorruhestand, ein Mann von gestern ist.

Bei seiner Vorstellung als neuer Direktor für die A-Nationalmannschaft der Männer ging es unter anderem darum, wie sich die Nähe des Teams zu seinen Fans wiederherstellen lasse. „Die Anstoßzeiten sind oft ein Thema“, sagte Völler. „Ich hoffe, dass es da ein paar Gespräche mit den Öffentlich-Rechtlichen gibt, was man da verändern kann.“

Die Anstoßzeiten waren schon ein kontroverses Thema, als Völler zuletzt für den Deutschen Fußball-Bund (DFB) tätig war, als Teamchef der Nationalmannschaft in den Jahren 2000 bis 2004. Seit seinem Ausscheiden aus dem Amt hat sich jedoch einiges verändert.

Die Länderspiele laufen nicht mehr exklusiv bei den Öffentlich-Rechtlichen, und über die Anstoßzeiten kann nicht der DFB frei entscheiden; sie werden in der Regel von der Uefa vorgegeben.

Ich bilde mir nicht ein, dass ich dazu berufen bin, die ganzen Strukturen des DFB zu verändern.

Rudi Völler, neuer Direktor Nationalmannschaft beim Deutschen Fußball-Bund

Völler hat bei seiner Rückkehr zum DFB nach eigener Aussage „so ein kleines Deja-vu“ gehabt. Wieder hat die Nationalmannschaft ein unerfreuliches Turnier hinter sich. Wieder benötigt sie jemanden, der aus leitender Position so etwas wie Aufbruch, Lust und Freude vermittelt.

Und wieder wurde dafür Rudi Völler ausgeguckt. Einen präzisen Plan oder ein geordnetes Auswahlverfahren gab es weder im Sommer 2000 noch jetzt nach der WM in Katar und dem Abschied von Oliver Bierhoff.

„Und trotzdem ist es nicht das Gleiche“, findet Völler. Das stimmt wohl. Die Zeiten haben sich verändert. Gleichgeblieben sind nur die Erwartungen an Rudi Völler. Dass er es wieder schafft, die Stimmung zu drehen. So wie vor mehr als zwei Jahrzehnten, als er ein einziges Länderspiel und ein 4:1 gegen Spanien brauchte, um die bleierne Stimmung nach der desaströsen EM zu vertreiben. Dass die Spanier quasi noch im Sommerurlaub gewesen waren: geschenkt!

Völlers Programm klingt arg schlicht

Der DFB – da sind sich alle einig – braucht einschneidende Veränderungen. Er muss seine Strukturen dringend aktualisieren, weil er in den Jahren des Erfolges vieles hat schleifen lassen und einiges nicht mehr zeitgemäß ist.

Aber genau dafür hat der Verband Völler eben nicht geholt. Das ist vermutlich der Irrtum, der in der Öffentlichkeit immer noch vorherrscht und der die eher verhaltene Reaktion auf die Personalie erklärt.

„Ich bilde mir nicht ein, dass ich dazu berufen bin, die ganzen Strukturen des DFB zu verändern“, hat Völler selbst gesagt. Er hat kein ausgeklügeltes Programm, selbst auf Nachfrage blieb er dazu im Vagen. Das Wichtigste sei das sportliche Abschneiden der Nationalmannschaft, „dass man sich auspowert, dass man alles gibt“.

Bei Lichte betrachtet ist das arg schlicht. Man könnte auch sagen: Erfolgreich ist Völler, wenn er erfolgreich ist.

Aber die Beteiligten haben gar nicht erst versucht, die Personalie Völler als strategische Entscheidung zu verkaufen. „Wir sind ja mehr so Bauchmenschen“, sagte Hans-Joachim Watzke, DFB-Vizepräsident und treibende Kraft hinter Völlers Bestellung.

Volkes Bauch hat Rudi Völler immer schon bestens bedient. Um nichts anderes geht es auch diesmal. Aber die wahren Probleme des deutschen Fußballs sind damit noch lange nicht gelöst.

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