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Entschlossen: LeBron James gehört nicht nur auf dem Parkett zu den Wortführern in der NBA:

© Ringo Chiu/Imago

Proteste im US-Basketball: Wie sich NBA und WNBA mit Black Lives Matter solidarisieren

Die Basketball-Profiligen wollen zu ihrem Start nicht von Polizeigewalt und Rassismus ablenken. Deshalb eröffnen sie Raum zum Protest. Das gefällt nicht allen.

Seit mehr als vier Monaten hatte der größte Basketballspieler des Planeten keine Partie mehr bestritten. Und doch ging es am Donnerstagabend in der NBA-Blase von Disney World Orlando keine drei Halbsätze darum, was LeBron James soeben auf dem Feld erlebt hatte, als sich der Superstar nach dem ersten Testspiel seiner Los Angeles Lakers noch den Fragen der Reporterinnen und Reporter stellte. James besaß andere Prioritäten, das hatte er vorher deutlich gemacht: „Ich will das Licht weiterhin auf Gerechtigkeit für Breonna Taylor scheinen lassen“, sagte James. „Wir wollen, dass die Polizisten verhaftet werden, die dieses Verbrechen begangen haben.“

Im März wurde Breonna Taylor, eine 26 Jahre alte schwarze Notfallsanitäterin, unbewaffnet bei einem Polizeieinsatz zu Hause in Kentucky erschossen. Keiner der drei beteiligten Polizisten wurde seither angeklagt. Der Fall ist in den USA ähnlich präsent wie die Tötung von George Floyd.

„Die gleiche Energie auf dem Feld wie für Breonna Taylor“

Die Spielerinnen und Spieler aus den beiden nordamerikanischen Basketball-Profiligen NBA und WNBA haben sich zuletzt stark dafür eingesetzt, dass die drei Polizisten zur Verantwortung gezogen werden. In den vergangenen Tagen haben viele Profis deshalb kaum noch über ihren Sport gesprochen, obwohl an diesem Wochenende die Saison der WNBA startet und am Wochenende darauf auch die Spielzeit in der NBA fortgesetzt wird.

Über zehn Minuten lang spricht James so am Donnerstag nach dem Test gegen die Mavericks in die Mikrofone und Kameras. Dabei geht es beinahe ausschließlich um den Fall Breonna Taylor, um die Black-Lives-Matter-Proteste, um die Situation schwarzer Menschen in den USA.

Und als eine Reporterin dann doch wissen will, wie es sich für sein Team im ersten Spiel vor den leeren Rängen in Orlando angefühlt habe, antwortet James: „Die Energie, die wir auf dem Feld besitzen, ist die gleiche, die wir auch für die Gerechtigkeit für Breonna Taylor und ihre Familie haben.“

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Als die NBA im Juni ihre Pläne für die Saisonfortsetzung in Florida konkretisierte, befanden sich die USA im Aufruhr. Die Demonstrationen gegen Polizeigewalt und Rassismus beschäftigten das Land. Die Liga – im Kampf um Gleichheit und soziale Gerechtigkeit schon seit Langem eine engagierte Akteurin – hatte die Proteste frühzeitig unterstützt. Profis, Coaches und Klubverantwortliche erhoben ihre Stimme und gingen auch selbst auf die Straße. Sie spürten die Umbruchstimmung, die in der Luft lag.

Auch deshalb reagierten sie auf die Pläne zum Re-Start in der NBA teilweise skeptisch: Würde der Sport den wesentlichen Themen nicht die Aufmerksamkeit stehlen? „Wenn wir heute ein Spiel hätten und ihr würdet eine Demonstration verlassen, um es zu schauen – das wäre Ablenkung“, schrieb etwa Lou Williams von den Los Angeles Clippers auf Twitter.

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Die NBA bemühte sich um einen sensiblen Umgang mit dem Thema und versprach den Profis auch während der drei Monate in Orlando ausreichend Raum zur Unterstützung der Proteste. In den sozialen Medien gibt es nun etwa eigene Talks, in denen die Spielerinnen und Spieler ihre Meinung äußern können.

Die Berlinerin Satou Sabally, beim Draft der WNBA im April von den Dallas Wings als zweitgrößtes Talent ihres Jahrgangs verpflichtet, sprach dieser Tage etwa in einem Videointerview mit dem früheren NBA-Profi Caron Butler über ihre Erfahrungen: „So wie Covid-19 eine globale Pandemie ist, ist Rassismus ebenfalls eine“, betonte sie.

Auf dem Hallenboden der NBA steht „Black Lives Matter“

Und auch visuell setzen die Ligen Zeichen. Das Parkett, auf dem die NBA-Teams nun ihre Spiele in Disney World austragen, kommt im Vergleich zum Regelbetrieb der Liga nun äußerst schlicht daher: Wo sonst Sponsoren- und Teamlogos kleben, ist diesmal nur das Emblem der NBA zu sehen – und darüber der große Schriftzug: „Black Lives Matter“.

Ab ins Getümmel: Auch die Berliner WNBA-Debütantin Satou Sabally (oben) erhebt ihre Stimme gegen Rassismus.
Ab ins Getümmel: Auch die Berliner WNBA-Debütantin Satou Sabally (oben) erhebt ihre Stimme gegen Rassismus.

© Dirk Shadd/Imago

Die Warmup-Shirts tragen dieselbe Aufschrift. Und auf den Trikots setzen die Ligen ein besonderes Zeichen: In der WNBA werden die Spielerinnen die Namen weiblicher Opfer von Polizeigewalt und rassistischer Diskriminierung auf dem Rücken tragen. Etwa den von Breonna Taylor. Die Spieler aus der NBA haben hingegen die Möglichkeit, anstatt ihres Namens eine kurze politische Botschaft auf ihrem Trikot zu platzieren. 29 Vorschläge gibt es, darunter natürlich „Black Lives Matter“, aber etwa auch „I Can’t Breathe“, „Justice“ oder „Peace“.

Die große Mehrheit der Spieler nutzt die Möglichkeit und lässt sich dabei auch nicht von einigen republikanischen Politikerinnen und Politikern irritieren, die zuletzt Stimmung gegen das Vorhaben gemacht haben. Die Senatoren Josh Hawley und Ted Cruz hatten gefordert, auch Botschaften wie „Support Our Troops“ oder – aufgrund der umtriebigen Geschäfte der NBA in China besonders pikant – „Free Hong Kong“ zuzulassen. Und Amtskollegin Kelly Loeffler, auch Mitbesitzerin des WNBA-Teams Atlanta Dream, hatte die Solidarität mit der Black-Lives-Matter-Bewegung verurteilt und stattdessen die amerikanische Flagge auf dem Trikot verlangt.

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Dort wird bei den NBA-Spielern nun jedoch sehr häufig „Equality“ zu lesen sein. Für diese Botschaft entschieden sich die meisten Profis. So auch das Team der Dallas Mavericks, bei denen jeder Spieler das Wort in seiner Landessprache auf dem Trikot tragen wird.

„Gleichheit“ fühlte sich für den deutschen Nationalspieler Maximilian Kleber jedoch nicht so treffend an. Auf seinem Shirt wird deshalb nun „Gleichberechtigung“ stehen. Ein episch langer Zungenbrecher also, der alle Klischees der deutschen Sprache so herrlich erfüllt. Kleber kennt die Kniffligkeiten: „Das hat fast nicht aufs Trikot gepasst.“

Leonard Brandbeck

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