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Im Olympiastadion will Hertha BSC dank neuer Investoren bald wieder im Europapokal spielen.

© Manfred Thomas

Ökonom im Interview zu Herthas 125-Millionen-Deal: "Verlust von Unabhängigkeit"

Albert Galli von der Ostfalia Hochschule spricht über Chancen und Risiken für Hertha BSC durch den Einstieg von Lars Windhorst.

Albert Galli, 51, ist Professor für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Sportökonomie an der Ostfalia Hochschule in Salzgitter. Er ist Herausgeber des Buches „Sportmanagement“. Im Interview spricht er über Herthas 125-Millionen-Deal, Investoren im Fußballgeschäft und die 50+1-Regel.

Herr Galli, Lars Windhorst und seine Investmentgesellschaft haben sich bei Hertha BSC eingekauft. 37,5 Prozent der Anteile an der GmbH & Co. KGaA kosteten 125 Millionen Euro. Wie beurteilen Sie diesen Deal?

Abgerechnet wird am Schluss, das kann man jetzt nicht vorhersehen. Die Vertragsinhalte kennen Außenstehende auch nicht. Aber was jetzt bekannt wurde, bedeutet: Hertha bekommt eine stattliche Menge Geld für den Verkauf der Anteile.

In der Vergangenheit ist Hertha BSC nur sehr selten durch Verpflichtungen von teuren Stars aufgefallen. Denken Sie, es ist nun an der Zeit dies zu ändern?

Ich bin ja Ökonom und nicht Sportmanager. Aber eines ist klar: Spitzenspieler zu verpflichten, wirkt sich nicht nur aus, wenn sie im Team einschlagen und den Klub sportlich weiterbringen. Wenn es gut läuft, sorgen sie für mehr Attraktivität und dadurch wird das Interesse von Fans, Zuschauern und Sponsoren angekurbelt. Das macht sich dann auch auf der Einnahmenseite bemerkbar.

Wie stehen Sie grundsätzlich zu Investoren im Fußballgeschäft?

In der Konkurrenzsituation im Ligawettbewerb haben Klubs sportliche Ambitionen, die sich mit ihren Einzahlungsströmen aus der laufenden Geschäftstätigkeit oft nicht verwirklichen lassen. Kurzfristige Entwicklungsschübe sind zweifelsohne nur in zwei Fällen, abgesehen von einem Aufstieg in eine höhere Spielklasse, möglich: Wenn durch die Teilnahme an internationalen Wettbewerben zusätzliche Einzahlungen aus der zentral vermarkteten Verwertung generiert werden. Oder wenn externe Kapitalquellen erschlossen werden. Mit der Aufnahme zusätzlichen Kapitals geht jedoch der Verlust von Unabhängigkeit einher. Der Kapitalgeber möchte nämlich auch mitreden.

Wird Hertha BSC überhaupt viel Geld in Spieler investieren können? Der Klub ist noch immer hoch verschuldet.

Ausgedehnte Engagements institutioneller Investoren, wie jetzt von Lars Windhorst und seiner Investmentgesellschaft Tennor bei Hertha, dienen immer als Anschubfinanzierung. Ziel ist es, den Wert der Beteiligung zu maximieren: Durch kurzfristige Investitionen in Spieler, durch langfristige Investitionen in Infrastrukturprojekte und die Marke sowie durch den Abbau von Schulden. Zusätzlich leisten institutionelle Investoren oft auch Schützenhilfe für die Unternehmensentwicklung des Sportklubs. Im Gegenzug werden für gewöhnlich weitreichende Kontroll- und Mitspracherechte erwartet. Ich müsste mich schon recht täuschen, aber bei diesem Deal haben beide Seiten vorab sicherlich ganz genau festgelegt, welche Summen für welche Investitionen zu verwenden sind. Und für neue Spieler wird genug Geld zur Verfügung stehen.

Albert Galli
Albert Galli

© promo

Wie bewerten Sie, auch in Bezug auf die Konkurrenzfähigkeit der Bundesliga, die viel diskutierte 50+1-Regel?

Die 50+1-Regel begrenzt die Mitspracherechte von Investoren und sichert dem Mutterverein grundsätzlich einen beherrschenden Einfluss zu. Anders im europäischen Ausland. Dort nehmen auch von Investoren kontrollierte Kapitalgesellschaften am Spielbetrieb teil. Sportklubs, die Investoren das alleinige Entscheidungsrecht einräumen, können ungleich höhere Kapitalbeiträge erzielen als Sportklubs, die Investoren begrenzte Mitspracherechte anzubieten haben.

Sollten die Bundesligaklubs dem Beispiel aus dem europäischen Ausland Ihrer Meinung nach folgen?

Es ist an den Bundesligaklubs, zu entscheiden, was sie vorziehen: Eigenen Einfluss oder Geld. Sie sollten dabei aber gut im Auge behalten, was ihre Fans darüber denken. Vielleicht hat sich deshalb bislang unter den Erst- und Zweitligisten nicht die erforderliche Mehrheit gefunden, die 50+1-Regel zu kippen. Und vielleicht ist deshalb bisher auch kein Investor vor ein staatliches Gericht gezogen, um gegen die 50+1-Regel zu klagen.

Gerade englische Vereine sind finanziell sehr viel besser aufgestellt und für Spieler attraktiver. Wie kann man das erklären?

Die Premier League kann deutlich mehr Geld für Spieler ausgeben als die Bundesliga. Das liegt aber nicht nur an den Summen, die Investoren in die Klubs pumpen. Die Premier League erzielte zuletzt durch den Verkauf der Medienrechte mehr als doppelt so viel wie die Bundesliga.

Sebastian Behrens

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