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Novak Djokovic hatte gegen den Südafrikaner Kevin Anderson über zwei Tage viel Mühe.

© AFP

Update

Wimbledon: Novak Djokovic wendet Achtelfinal-Aus ab

Titelverteidiger Novak Djokovic hat in Wimbledon ein Achtelfinal-Aus abgewendet. Der Serbe entschied am Dienstag das am Vorabend unterbrochene Match gegen Kevin Anderson für sich und trifft nun auf Marin Cilic.

Manchmal hat das Schicksal einen gewissen Sinn für Ironie. Genau vor 30 Jahren hatten die Menschen mit Boris Becker gelitten, als er auf dem Rasen von Wimbledon die Tenniswelt plötzlich aus den Angeln hob. Nun musste der Jubilar selbst leiden. Zwar nicht wie damals als 17-Jähriger auf dem Centre Court, doch in der Player's Box in der zweitgrößten Arena, dem Court No. 1. Und es war schwer auszumachen, was wohl schlimmer für Becker war: selbst zu spielen oder nicht eingreifen zu können. So hockte er angespannt auf seinem Sitz, rutschte unruhig hin und her, knibbelte an seinen Fingern. Ob er sich in diesem Moment wünschte, doch lieber Fernseh-Kommentator geblieben zu sein?

Doch jetzt war er Coach von Novak Djokovic, dem Titelverteidiger. Und der stand in diesem Achtelfinale gegen Kevin Anderson mit dem Rücken zur Wand. Am Montagabend war die Partie wegen Dunkelheit unterbrochen worden, nur für den fünften Satz mussten sie gestern zurückkehren. Zuletzt war vor 15 Jahren mit Pete Sampras der amtierende Champion so früh gescheitert. Doch Djokovic kam noch einmal davon, gewann nach insgesamt 3:47 Stunden mit 6:7, 6:7, 6:1, 6:4 und 7:5.

„Es war eines meiner schwierigsten Matches in Wimbledon“, sagte Djokovic

„Wer mit Druck nicht umgehen kann, soll im Bett bleiben – und selbst da gibt es irgendwann Druck“, so lautet Beckers süffisante Devise, auch als Trainer. Sein serbischer Schützling musste mit einer Menge Druck umgehen. Am Vorabend hatte der Weltranglistenerste schon mit 0:2 in den Sätzen zurückgelegen. Der Südafrikaner Anderson zählt zu den gefährlichsten Aufschlägern der Tour und hatte Djokovic Bälle mit bis zu 223 km/h serviert. Doch obwohl Anderson die Nummer 14 der Welt ist, kam er bei den Grand Slams bisher nie über das Achtelfinale hinaus. Gegen die besten Spieler versagen ihm zu oft die Nerven.

So hatte Anderson überragend begonnen am Montagabend, Djokovic bekam selbst als bester Returnspieler kaum Zugriff. „Es war eines meiner schwierigsten Matches, das ich je in Wimbledon hatte“, sagte Djokovic später sichtlich erleichtert, „ich habe mich zwischenzeitlich richtig hilflos gefühlt. Ich hatte kaum Chancen.“ Doch als Anderson spürte, wie nah er an der Sensation war, knickte er ein. Djokovic legte dafür zu und startete zur eiligen Aufholjagd.

Djokovic steht zum 25. Mal in Folge in einem Grand-Slam-Achtelfinale

Doch gegen das schwindende Tageslicht konnte der 28-Jährige nicht ankommen. Gerade war Djokovic so richtig in Fahrt gekommen, da schickte der Schiedsrichter die Spieler vom Platz. Auch die Zuschauer waren enttäuscht und buhten, sie wollten das Ende dieses Krimis unbedingt noch miterleben. Doch erst gestern Mittag ging es mit dem Schlussakt weiter.

Djokovic dürfte noch lange Gespräche mit seinem Trainer geführt haben, der diese prekären Situationen aus dem Effeff kennt. Offenbar fand Becker auch die richtigen Worte, denn Djokovic überstand im fünften Spiel zwei Breakbälle des Südafrikaners und nutzte selbst seine erste Chance zur 6:5-Führung, als Anderson ein Volley völlig missglückte. Mit dem ersten Matchball konnte Djokovic schließlich durchatmen. Er hatte sich den gesamten Satz über in Selbstgespräche und Beschimpfungen verstrickt und doch den Faden nicht verloren. „Es waren so viele Emotionen und meine Nacht war auch nicht so toll“, sagte Djokovic.

Seine Beharrlichkeit und Konstanz sind beeindruckend. Zuletzt war Djokovic vor sechs Jahren bei den French Open vor dem Viertelfinale eines Majors ausgeschieden. Nun steht er zum 25. Mal in Folge bei einem Grand Slam in der Runde der letzten Acht. Dort bekommt er es wie schon im Vorjahr mit dem nächsten Aufschlagriesen zu tun, dem Kroaten Marin Cilic. Und der hat mit Goran Ivanisevic auch einen Wimbledonchampion in seiner Box sitzen, doch dieser Sieg ist erst 15 Jahre her. „Ich werde mit Boris heute Abend sicher noch auf seinen großen Tag anstoßen“, sagte Djokovic, „er mit Wein, ich mit Wasser.“

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