zum Hauptinhalt
Lange verschmähte Liebe. Novak Djokovic kann zum ersten Mal den Pokal der French Open küssen.

© REUTERS

Erster Tennis-Triumph bei den French Open: Novak Djokovic schafft den Karriere-Grand-Slam

Alle vier Grand Slams gewonnen: Novak Djokovic dominiert nach Startschwierigkeiten das Finale von Roland Garros gegen Andy Murray und siegt in vier Sätzen.

Angefangen hatte ihre Liaison schon vor 18 Jahren, in Südfrankreich. Da spielten Novak Djokovic und Andy Murray ein U-12-Turnier in der malerischen Kleinstadt Tarbes. „Wir waren 11 Jahre alt“, erinnert sich Djokovic an ihre erste Begegnung, „und seither haben wir jedes Jahr gegeneinander gespielt.“ Allein 34 Mal nun schon auf der Profitour, kein Gegner ist ihnen vertrauter. Nur sieben Tage ist Djokovic älter. Murray aber besteht darauf, dass „ich unser erstes Match damals gewonnen habe“.

"Unglaublich, was du in den letzten Monaten geleistet hast"

Und am Sonntag, da sie sich mit inzwischen 29 Jahren auf dem Court Philippe Chatrier in Roland Garros gegenüberstanden, hätte sich Murray gewünscht, der Kreis würde sich irgendwie für ihn schließen. In einem Match, in dem für sie beide so viel auf dem Spiel stand. In dem jeder von ihnen Tennisgeschichte schreiben konnte. Doch es sollte Murray gestern nicht vergönnt sein, zum ersten Mal die French Open zu gewinnen. Und das als erster Brite seit über 80 Jahren. Stattdessen gelang Djokovic mit 3:6, 6:1, 6:2 und 6:4 der erlösende Sieg, auf den der Serbe jahrelang hingearbeitet hatte. Nach drei Stunden fand Murrays verbissene Gegenwehr ein jähes Ende, seine Rückhand blieb beim dritten Matchball doch im Netz hängen. Djokovic ließ sich rücklings an der Grundlinie in den roten Sand fallen. Der letzte Schritt war ihm endlich gelungen, nach drei bitter verlorenen Endspielen in Paris. Murray kam seinem Jugendfreund über das Netz entgegen und umarmte ihn. „Das ist dein Tag heute, Novak“, sagte Murray zu ihm, als der den silbernen Coupe des Mousquetaires glücklich in die Arme schließen durfte, „was du in den letzten Monaten geleistet hast, ist unglaublich. Klar ist es ätzend, dass ich dieses Match verloren habe, aber ich bin stolz, heute Teil der Geschichte zu sein.“

Djokovic hält nun alle vier Major-Titel gleichzeitig

Es war für Djokovic weit mehr als nur sein erster Triumph auf der roten Asche von Roland Garros. Der Weltranglistenerste machte damit zudem seinen Karriere-Slam komplett und reihte sich als erst achter Profi der Tennishistorie in den elitären Klub derer ein, die jedes der vier Major-Turniere mindestens einmal gewannen. Von den noch aktiven Spielern sind das neben ihm nur noch Roger Federer und Rafael Nadal. Und Djokovic gelang sogar ein noch viel selteneres Meisterstück: Er hält mit dem Gewinn der French Open nun alle vier Grand-Slam-Trophäen gleichzeitig. Das hatte in der Profiära seit dem legendären Rod Laver im Jahr 1969 kein Spieler mehr geschafft.

Der Serbe kopierte Kuertens Siegergeste

Zwar ist es für Djokovic nicht der ebenso seltene Kalender-Slam, doch der kann ihm in dieser Saison mit Erfolgen in Wimbledon und den US Open noch gelingen.
„Das ist ein ganz spezieller Moment für mich, der beste meiner Karriere. Und irgendwie ist mit der Niederlage hier im Finale vor einem Jahr alles für mich losgegangen“, freute sich Djokovic und bedankte sich bei den 15 000 Zuschauern ausführlich auf Französisch. Doch es waren vor allem die etwa 500 angereisten serbischen Fans, die die Stimmung auf den Rängen ordentlich für ihn angeheizt hatten. Denn normalerweise tut sich das Publikum etwas schwer mit Djokovic, und daher ließ er sich nach dem Sieg dazu hinreißen, die wohl berühmteste Geste der Turniergeschichte vom Liebling der Pariser, dem Brasilianer Gustavo Kuerten, einfach zu kopieren. Djokovic malte mit seinem Schläger ein großes Herz in den Sand und legte sich mitten hinein. Ein echter Frevel, der zudem – wie leider so vieles bei Djokovic – zu geplant und nicht spontan aus dem Herzen heraus wirkte, wie es damals bei Kuerten.

Froh, den Moment mit Murray zu teilen

Seinen zwölften und vielleicht wichtigsten Major-Titel indes konnte Djokovic schlecht planen, obwohl er als Favorit in die Partie ging. Denn wie enorm der Druck in geschichtsträchtigen Spielen sein kann, hatte tags zuvor Serena Williams zum dritten Mal schmerzlich zu spüren bekommen. So wirkte Djokovic im ersten Satz sehr angespannt, während der Weltranglistenzweite besonders durch seine extrem gute Aufschlagquote und der richtigen Taktik schnell das Kommando übernahm. „Ich muss die Ballwechsel extrem lang gestalten“, sagte Murray vorher, „um es Novak schwer zu machen. Hoffentlich fängt er dann an zu zweifeln.“ Der Plan ging auf, doch Murray hatte im Turnierverlauf über fünf Stunden länger auf dem Platz gestanden als der Serbe. Seine Kräfte ließen bald nach, die Beine wurden nach den langen Rallyes müder, der Aufschlag wurde schwächer, die leichten Fehler mehrten sich. Und Djokovic fand so immer besser ins Spiel. Doch kampflos überließ Murray ihm nicht das Feld, im vierten Satz biss er noch einmal richtig. Er schaffte das Rebreak zum 5:3, beinahe sogar noch den Ausgleich zum 5:5. Aber Djokovic knickte nicht ein, dieses Mal hielt er dem Druck stand. „Wenn uns damals als Kinder jemand gesagt hätte, wir würden später um die größten Trophäen spielen, hätten wie beide sofort unterschrieben“, sagte Djokovic, „ich bin froh, diesen Moment heute mit Andy zu teilen.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false