zum Hauptinhalt
Skispringer Karl Geiger und Co. müssen sich ebenfalls auf Veranstaltungen ohne Publikum einstellen.

© imago images/Gerhard König

Womöglich null Zuschauer statt Riesenfest: Nordische Ski-WM wird eine Reise ins Ungewisse

2005 war die Weltmeisterschaft in Oberstdorf ein Renner bei den Fans – 2021 wird das sehr wahrscheinlich anders sein.

In Oberstdorf haben sie das Skilanglaufstadion für eine Millionensumme extra so umgebaut, dass alle Zuschauer die Entscheidungen beim größten deutschen Sport-Highlight im kommenden Winter mit eigenen Augen sehen können. Jetzt sind es noch reichlich 100 Tage bis zum Start der Nordischen Ski-WM (24. Februar bis 7. März 2021) und niemand kann seriös voraussagen, ob überhaupt ein einziger Fan live vor Ort das Spektakel miterleben kann.

Zwar planen sie im Allgäu (noch) mit derzeit 2500 Zuschauern beim Skispringen und 2000+x beim Skilanglauf, aber steigende Corona-Zahlen können das schnell zur Makulatur machen.

Ein Vorgeschmack auf die Geisterstimmung gab es bei den Deutschen Meisterschaften der Skispringer und Nordischen Kombinierer Ende Oktober an gleicher Stelle. „Es war bis auf ein paar Ordner und ein paar Betreuer kein Mensch da. Das war schon ein merkwürdiges Gefühl“, sagt Skisprung-Star Karl Geiger.

Er kommt aus Oberstdorf und hat viele Jahre auf die anstehende WM hingearbeitet. Immer mit dem Gedanken an die letzten Welttitelkämpfe im Allgäu, die 2005 mit rund 350.000 Zuschauern ein unvergessliches Skifest waren. Dieses Mal wird genau wie im anstehenden Weltcup-Winter für die deutschen Sieggaranten des Wintersports jedoch alles anders sein.

Der deutsche Skisprung-Meister Markus Eisenbichler versucht die ganze Sache trotzdem positiv zu sehen: „Wir haben das Glück, dass wir eine Fernsehsportart sind. Da müssen wir eben die Fans vor dem Fernseher begeistern. Emotionale Ausbrüche wird es trotzdem geben.“

Tatsächlich sorgen gute dotierte Fernsehverträge, die die berühmten langen Wintersport-Wochenenden bei ARD und ZDF absichern, zumindest erstmal für das finanzielle Überleben von Verbänden und Sportlern. Ausfallversicherungen decken zudem zumindest einen Teil der Verluste ab, die durch die fehlenden Zuschauer bei der WM und Highlights wie der Vierschanzentournee entstehen.

[Wenn Sie alle aktuellen Entwicklungen zur Coronavirus-Pandemie live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können]

Schon jetzt steht zum Beispiel fest, dass das berühmte Neujahrsskispringen in Garmisch-Partenkirchen gänzlich ohne Fans stattfinden wird.

Die Show muss weitergehen

Doch die Show muss weitergehen. Dafür setzt der Internationale Skiverband sogar ein Charterflugzeug sein. Das bringt die Protagonisten der Fliegerszene am 25. November von München direkt nach Ruka. Von Finnland geht es mit dem Flieger direkt weiter zum nächsten Weltcup im russischen Nischni Tagil und von dort dann direkt zur Skiflug-WM im slowenischen Planica.

„Natürlich wird vor jedem Flug frisch auf Corona getestet. Das ist eine Top-Organisation. Sicher und verantwortungsvoll“, sagt Stefan Horngacher.

Auch der Skisprung-Bundestrainer blickt lieber auf die vermeintlichen Pluspunkte der außergewöhnlichen Situation. Darunter auch den Fakt, dass mangels internationaler Wettkämpfe im Sommer die Saison so spannend wie nie zuvor werden dürfte.

„Ich habe keine Ahnung, wie gut Stefan Kraft oder Ryoyu Kobayashi sind. Die habe ich im letzten Winter zum letzten Mal nach dem letzten Weltcup gesehen, als sie in Trondheim ins Flugzeug geflüchtet sind“, sagt Karl Geiger.

Ähnlich sieht es auch bei den Nordischen Kombinierern aus. Der sechsmalige Weltmeister Johannes Rydzek geht trotzdem mit einem gesunden Optimismus in diesen ungewöhnlichen Winter mit der Heim-WM in seinem Heimatort Oberstdorf als Höhepunkt: „Für uns Sportler ist diese WM in der Heimat ein einmaliges Highlight und das werden wir uns so schön wie möglich machen.“ Wenn schon Zuschauer fehlen, dann sollen Medaillen trösten: Bei der letzten WM vor zwei Jahren in Seefeld gab es sechsmal Gold und dreimal Silber für die deutschen Skispringer und Kombinierer.

Lars Becker

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false