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Auf dem Weg nach oben. In Berlin ist Santiago Ascacibar aber erstmal ohne seine schwangere Frau.

© Tom Weller/dpa

Neuzugang Santiago Ascacibar: Hertha BSC als nächster Schritt auf der Karriereleiter

Bei Hertha BSC sind sie überzeugt von den fußballerischen Fähigkeiten Santiago Ascacibars. Arbeiten muss er ohnehin eher an seinem Temperament.

Seit gut einem halben Jahr ist Rainer Widmayer, der ehemalige Co-Trainer von Hertha BSC, nun schon wieder zurück in der Heimat, zurück beim VfB Stuttgart. Einen gewissen Einfluss auf das Geschehen im 600 Kilometer entfernten Berlin kann man ihm offenbar trotzdem nicht absprechen.

Bei Herthas neuestem Neuzugang zum Beispiel, dem Argentinier Santiago Ascacibar, hatte er gewissermaßen seine Finger im Spiel. „Ich habe mit Rainer gesprochen und mich informiert“, erzählt Ascacibar, „er hat mir gesagt, dass Hertha ein großer Klub ist.“ Überhaupt hätten Widmayers Ausführungen bei seiner Entscheidung eine wichtige Rolle gespielt.

Ascacibar ist abseits des Platzes ein anderer Mensch

Rund zwölf Millionen Euro haben die neureichen Berliner dem Vernehmen nach ins Schwabenland überwiesen, um sich die Dienste des 22-Jährigen zu sichern, der einen Tag nach der Vertragsunterschrift direkt mit ins Trainingslager nach Orlando reisen durfte.

In Tegel sorgte er dann auch gleich für eine nette Anekdote, die seine Kollegen und Vorgesetzten zum Schmunzeln brachte: Ascacibar marschierte mit einer Thermoskanne Mate-Tee zur Kontrolle – und kam damit durch, obwohl Flüssigkeiten am Flughafen normalerweise erhöhten Stress bei den Sicherheitskräften auslösen. „War alles in Ordnung, keine Drogen oder so drin“, sagt der Südamerikaner und lacht.

Beim Medientermin auf der Terrasse des Teamhotels im Südwesten Orlandos ist Ascacibar bemüht, seine Sprachkenntnisse zu zeigen, die er sich in zwei Jahren in Deutschland angeeignet hat. Unter der Sonne Floridas erscheint ein zurückhaltender, junger Mann, der jedem freundlich die Hand schüttelt und beinahe schüchtern wirkt – ganz anders also als auf dem Fußballfeld, wo ihm sein Temperament in jüngerer Vergangenheit mitunter zum Nachteil gereicht hat. Wo ihm der Ruf vorauseilt, eine ziemlich kurze Zündschnur zu besitzen und auch mal über die Stränge zu schlagen.

Mächtig Zündstoff. Santiago Ascacibar sieht für seine Spuckattacke die Rote Karte.
Mächtig Zündstoff. Santiago Ascacibar sieht für seine Spuckattacke die Rote Karte.

© Marijan Murat/dpa

Im April 2019 etwa sorgte Ascacibar für den wohl größten Aufreger des Bundesliga-Spieltags. Er spuckte den Leverkusener Kai Havertz an und wurde vom DFB-Sportgericht zu einer langen Strafe verdonnert. „Sechs Spiele war ich gesperrt, das war eine Katastrophe“, sagt Ascacibar heute. „Aber ich habe gelernt, dass ich auf dem Platz mehr Geduld haben muss, mehr Ruhe. Das mache ich jetzt.“

Bei Hertha BSC sind sie ohnehin von den fußballerischen Fähigkeiten ihres Wintertransfers überzeugt, der im Mittelfeld auf fast allen Positionen – von der Sechs über die Acht bis zur Zehn – spielen kann. „Santi ist ein Spieler, der unheimlich viel investiert“, sagt Alexander Nouri. „Damit meine ich nicht nur das Thema Balleroberung“, ergänzt der Assistenz-Trainer, „er kann auch in der Spielfortsetzung gute Situationen kreieren. Wir erhoffen uns einiges von ihm.“

Das gilt auch im Umkehrschluss: Hertha soll der nächste Schritt auf Ascacibars Karriereleiter sein. Als ehemaliger Kapitän der argentinischen U-21-Nationalmannschaft formuliert der 1,69-Meter-Mann den natürlichen Anspruch an sich selbst, irgendwann wieder das Trikot der Albiceleste tragen zu dürfen.

Ascacibar will ins argentinische Nationalteam

Als Zweitliga-Spieler hatte er diesbezüglich Schwierigkeiten, sich in Position zu bringen und anzubieten. „Für mich ist es sehr wichtig, in der Bundesliga zu spielen. Da kann auch der Nationaltrainer zuschauen“, sagt Ascacibar, der auf der rechten Wade eine Tätowierung des größten argentinischen Sporthelden trägt: Diego Maradona. Als Vorbilder auf seiner bevorzugten Position im zentralen Mittelfeld nennt er den Italiener Marco Verratti und den Chilenen Arturo Vidal.

Über seine Ziele in Berlin sagt Ascacibar nach der ersten Trainingseinheit mit den neuen Kollegen: „Wir haben viele gute Fußballer und können noch eine gute Saison spielen.“ Trainer Jürgen Klinsmann habe zugesagt, ihn vorrangig auf der Sechs aufzustellen. Beim VfB musste Ascacibar mitunter auf den Flügel ausweichen, was ihm so gar nicht schmeckte.

So ganz wird er die Drähte und die Erinnerungen an Stuttgart allerdings nicht ruhen lassen können, jedenfalls für den Moment nicht. Ascacibars Freundin lebt noch in der Stadt und wird sie in nächster Zeit auch eher selten verlassen, mit dem Flugzeug schon mal gar nicht. „Sie ist schwanger und darf nicht fliegen“, erzählt Ascacibar, „vielleicht in ein, zwei Monaten wieder.“ Ende Februar soll der Nachwuchs kommen, dann wird Herthas Neuzugang mal wieder gen Süden fahren, womöglich läuft ihm ja auch Rainer Widmayer über den Weg. Bis dahin wartet ein strammes Bundesliga-Programm.

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