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Thomas Tuchel ist nun nicht nur privat, sondern auch sportlich in München angekommen.

© Angelika Warmuth/dpa

FC Bayern stellt Tuchel vor: „Einfach rausgehen und Gras riechen“

Die Bayern präsentieren ihren neuen Wunschtrainer. Für Tuchel sei es „eine Ehre“ nun die Münchner zu coachen. Ein Taktieren hätte es deshalb zu keiner Zeit gegeben.

Thomas Tuchel trat mit etwas Verspätung ins Münchner Rampenlicht. Aber der neue Trainer des FC Bayern hatte sich nicht schon einen ersten Fauxpas erlaubt, sondern der Verein hatte eine andere Dramaturgie vorgesehen. Die Zukunft, Tuchel, musste an diesem Samstagmittag noch ein bisschen warten.

Es ging zunächst noch einmal um die Vergangenheit, um die Ära Julian Nagelsmann und die Entscheidungsfindung der Verantwortlichen in den vergangenen Tagen. Und die habe „überhaupt nichts mit Panik zu tun“, sagte der Vorstandsvorsitzende Oliver Kahn, „sondern es war ein Prozess“. Man habe nach eingehender Analyse der vergangenen Monate „die Ziele für diese Saison, aber auch für die nächste gefährdet“ gesehen.

Dass der FC Bayern noch Chancen auf drei Titel hat, anders als in den beiden Jahren davor, die Mannschaft zu dieser Jahreszeit längst aus dem DFB-Pokal ausgeschieden war, war offenbar kein Argument mehr für Nagelsmann. Im Gegenteil. „Wir haben einen der besten Kader Europas“, sagte Kahn. „Trotzdem ist die Kontinuität nicht besser geworden.“

Es kann so interpretiert werden, dass aufgrund der Qualität der Mannschaft die Meisterschaft fast schon entschieden sein müsste, und die Bayern nicht als Tabellen-Zweiter ins Duell mit Borussia Dortmund am kommenden Samstag gehen dürften, sondern als Spitzenreiter mit haushohem Vorsprung.

„Die Konstellation zwischen Mannschaft und Trainer“, betonte Sportvorstand Hasan Salihamidzic mehrmals, habe nicht mehr gepasst.

Es hatte Priorität, zuerst mit Julian zu sprechen.

Oliver Kahn über die schleppende Kommunikation der Bayern in Sachen Trainerwechsel.

Dass der Verein bei der Kommunikation des Trainerwechsels nicht das beste Bild abgab, sahen Kahn und Salihamidzic nicht in ihrer Verantwortung.

Die Personalie war am Donnerstagabend durchgesickert, ein Transferinsider aus Italien hat sie auf Twitter verbreitet.

Aber es dauerte fast einen ganzen Tag lang, ehe es eine Bestätigung des Vereins gab. „Es hatte Priorität, zuerst mit Julian zu sprechen“, rechtfertigte sich Kahn. Weil sich Nagelsmann bis Freitagmittag im Skiurlaub befand, fand das Treffen erst am Nachmittag statt.

Bereits am Dienstag hatte es das erste Telefonat mit Tuchel gegeben. „Er hat gesagt, was willst du“, beschrieb Salihamidzic den Beginn der Zusammenarbeit. Seine Antwort: „Wenn du keinen Bock hast, dann leg‘ auf.“

Tuchel hatte Bock und legte nicht auf, zwei Tage später waren sich Tuchel und sein Management mit dem FC Bayern einig.

Tuchel war von der Anfrage der Bayern überrascht

Die Aufarbeitung der Vergangenheit dauerte länger als der Auftritt des neuen Trainers. Tuchel betrat in dunkelblauem Sakko und dunkelblauem T-Shirt zum ersten Mal als Angestellter des deutschen Rekordmeisters den Pressekonferenzraum. „Es ist eine Ehre, eine Auszeichnung vom FC Bayern angefragt zu werden“, sagte der 49-Jährige.

Sportlich vor allem, denn im Ausland, weiß Tuchel aus seiner Zeit bei Paris St. Germain und dem FC Chelsea, genieße der Verein höchstes Ansehen. „Niemand spielt gerne gegen Bayern.“

Aber auch privat hatte er nichts dagegen, in München, wo er seit ein paar Jahren eine Wohnung hat, zu bleiben, „in der Nähe meiner Kinder, meiner Familie und meiner Heimat“. Tuchel stammt aus dem schwäbischen Krumbach.

Die Anfrage der Bayern kam überraschend. „Ich bin davon ausgegangen, dass ich meine Karriere im Ausland fortsetze.“ Angeblich hatte schon Real Madrid seine Fühler ausgestreckt, auch die Tottenham Hotspurs und sogar Tuchels Ex-Klub Paris St. Germain sollten an einer Verpflichtung interessiert gewesen sein.

Dass er bei den Verhandlungen mit den Bayern aber taktiert habe oder gar auf eine schnelle Entscheidung gedrängt habe, wies Tuchel entschieden von sich. „Das passt weder zu mir noch zu meinem Management.“

Kahn verwies auf Tuchels Erfahrungen mit Weltstars

Dass Tuchel die Erwartungen nach homogeneren Leistungen auf hohem Niveau erfüllen kann, ist Kahn sicher. Sein Werdegang sei „überragend“, sagte der Klub-Chef und verwies auf die Erfolge bei Chelsea (unter anderem Champions-League-Sieg) und auf die Herausforderung mit dem Starensemble des Paris St. Germain. „Es gibt sicher etwas Einfacheres, als so eine Truppe zu führen.“

Die Rückkehr in die Bundesliga nach vier Jahren im Ausland sieht Tuchel nicht als Problem. Er habe natürlich auch in den vergangenen Monaten, nach seiner Entlassung bei Chelsea, „weiter Fußball geschaut, weil es meine Leidenschaft ist und es den Tag schöner macht“. Die knappe Zeit bis zum ersten Spiel werde er weniger mit Gesprächen verbringen, als vielmehr „Antworten auf dem Platz suchen“.

Nach der Rückkehr der Nationalspieler Mitte der Woche werde er versuchen, „die Vorfreude zu wecken“ auf Samstagabend, auf das Duell mit seinem Ex-Verein Borussia Dortmund. „Da gilt es, ein erstes Ausrufezeichen zu setzen.“

Große Wechsel in System und Abläufen seien nicht notwendig. „Der Kader ist einer der talentiertesten in Europa. Wir sind auf höchstem Niveau konkurrenzfähig“, weiß er. Details müsse er allerdings schon verändern, denn es habe ja einen Grund, weshalb es zuletzt nicht so gelaufen sei.

Weil nur drei Tage nach dem Bundesliga-Spitzenspiel schon das Pokal-Viertelfinale gegen den SC Freiburg auf dem Programm steht, werde er erst einmal „nur kleine Schritte“ machen. „Weniger ist mehr“, sagt er, „Ich will niemand überfrachten.“ Fürs erste helfe es, ist Tuchel sicher, „einfach rauszugehen und Gras zu riechen“.

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