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Top-Funktionäre Hörmann und Vorstandschefin Rücker legten den Verstoß gegen einen Vorstandsbeschluss zur Last.

© Patrick Seeger/dpa

Vertrauensbruch entzweit Spitze des taumelnden Dachverbands: Neue Vorwürfe belasten DOSB-Bosse

Das Schaulaufen der Bewerber um die Präsidentschaft wird überschattet von neuen Enthüllungen. Die Aufgaben für die neuen Bosse sind gewaltig.

Tief zerrissen von neuen Vorwürfen gegen die scheidenden Bosse ist der DOSB in den brisanten Wahlkampf um die Nachfolge von Verbandspräsident Alfons Hörmann gestartet. Kurz bevor sich am Sonntag die drei Bewerber um das Spitzenamt in Düsseldorf den Verbändegruppen des Deutschen Olympischen Sportbunds vorstellten, legten Top-Funktionäre Hörmann und Vorstandschefin Veronika Rücker den Verstoß gegen einen Vorstandsbeschluss zur Last. Die immer neuen Erschütterungen und offensichtlichen Zerwürfnisse im Dachverband wirken als schwere Hypothek für einen Neustart. „Das wird eine schwierige Aufgabe sein, jetzt diese Dinge zurechtzurücken“, sagte der frühere Bundespräsident Christian Wulff.

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Der 62-Jährige hatte im Auftrag des DOSB mit einer Findungskommission das Kandidaten-Trio für das Präsidenten-Amt nominiert, das am 4. Dezember in Weimar neu besetzt werden soll. „Wir brauchen das für alle, dass der Sport sich wieder um das Eigentliche kümmert und nicht um seine internen Konflikte“, sagte Wulff dem Deutschlandfunk. Die Fechterbund-Chefin Claudia Bokel, der CSU-Politiker Stephan Mayer und der noch amtierende Tischtennis-Weltverbandspräsident Thomas Weikert gehen ins Rennen um die Hörmann-Nachfolge.

Wie schwer das Erbe ist, wurde in den Tagen vor dem Schaulaufen der Bewerber in der Düsseldorfer Messe einmal mehr deutlich. In einem Schreiben an die DOSB-Mitarbeiter offenbarten Leistungssport-Vorstand Dirk Schimmelpfennig, Sportjugend-Geschäftsführerin Christina Gassner und Finanzvorstand Thomas Arnold den Riss in der Verbandsspitze. Über das juristische Vorgehen gegen das frühere Vorstandsmitglied Karin Fehres seien sie „nicht oder nicht vollständig informiert sowie in wesentliche Entscheidungen nicht eingebunden“ gewesen.

Karin Fehres auf einer Mitgliederversammlung des Deutschen Olympischen Sportbundes.

© uido Kirchner/dpa

Wenige Tage zuvor war bekanntgeworden, dass Rücker und Hörmann unter Androhung einer Strafanzeige und Zivilklage Fehres aufgefordert hatten, sich als Verfasserin einer anonymen Mail vom 6. Mai zu bekennen. In dem anonymen Schreiben hatten sich Mitarbeiter über eine „Kultur der Angst“ in der Verbandszentrale beschwert und damit heftige Turbulenzen ausgelöst, die zur Rücktrittsankündigung von Hörmann führten. Fehres hatte den Vorwurf der Urheberschaft als „absurd und haltlos“ zurückgewiesen.

Hörmann und Rücker waren wegen ihres Vorgehens in die Kritik geraten, mehrere Teilorganisationen des DOSB stellten sich auf die Seite von Fehres. Zwar verteidigten beide ihr Handeln, dennoch wird Rücker ihr Amt nun zum Jahresende aufgeben. Das Anwaltsschreiben an Fehres sei „einem gemeinsamen Beschluss des Vorstandes zuwider“ gelaufen, betonten Schimmelpfennig, Gassner und Arnold in ihrer Stellungnahme, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. „Den gesamten Vorgang bedauern wir zutiefst“, heißt es darin.

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Einen „erhebliche Schaden“ durch die Brief-Affäre für den DOSB und den deutschen Sport hatten Hörmann und Rücker schon vor den neuen Enthüllungen festgestellt. Wie sie den von ihnen angekündigten „geordneten Übergang“ zur neuen Führung bewerkstelligen wollen, erscheint nach den jüngsten Ereignissen fraglicher denn je. Es brauche beim DOSB wieder die „Werte des Sports, aufeinander zuzugehen statt aufeinander loszugehen“, mahnte Ex-Bundespräsident Wulff.

Die Aufgaben für die neuen Bosse sind gewaltig

Neben Hörmann und Rücker räumen auch die Vize-Präsidenten Kaweh Niroomand und Andreas Silbersack im Dezember ihre Posten. Rufe nach einem kompletten personellen Neuanfang in Präsidium und Vorstand hält Wulff indes für überzogen. „Es muss jetzt ein Team gefunden werden, aus Erfahrenen und Neuen, Spitze und Breite und Regionen des Landes“, sagte er.

Die Vertrauenskrise konnte den DOSB kaum zu einer schlechteren Zeit treffen. Die umstrittene Reform des Spitzensports ist längst nicht abgeschlossen, die Olympia-Ausbeute von Tokio war enttäuschend. Der Amateur- und Breitensport ächzt unter den Folgen der Corona-Krise. Im Kampf um politische Unterstützung und Fördergelder werden die Karten unter einer neuen Bundesregierung neu gemischt, auch hier ist der DOSB gefordert. Die Aufgaben für die neuen Bosse sind gewaltig. (Christian Hollmann, Morten Ritter und Andreas Schirmer,/dpa)

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