zum Hauptinhalt
Fuchs, du hast den Pott gestohlen. Berlins Handball-Profis feierten am Wochenende ihren zweiten Erfolg im EHF-Cup nach 2015 - ausgerechnet in der Halle des Erzrivalen SC Magdeburg.

© dpa

Nach dem Sieg im EHF-Cup: Füchse Berlin: Weniger sind mehr

Die Füchse Berlin feiern ihren zweiten Sieg im EHF-Cup nach 2015 – beim Finalturnier überzeugen sie vor allem mit mannschaftlicher Geschlossenheit.

Diese Isländer sind einfach immer vorn dabei, wenn es um’s Feiern geht. Im Lager der Füchse Berlin ist das keine ganz neue Erkenntnis, es sei etwa an Erfolgstrainer Dagur Sigurdsson erinnert; nach dem DHB-Pokalsieg 2014, dem ersten Titel der Vereinsgeschichte, führte Sigurdsson auf dem Heimweg aus Hamburg johlend-beschwipst eine Polonäse an, die im Ruheabteil des ICE für mächtig Aufsehen sorgte.

In der Nacht zu Montag ist nun zu fortgeschrittener Stunde ein Foto entstanden, das eine inoffizielle Bewerbung um das Amt das Feierbiestes im Team nahelegt. Es zeigt Bjarki Elisson – natürlich Isländer – mit freiem Oberkörper am Mikrofon einer Karaokebühne, im Hintergrund ist eine Textzeile aus Robbie Williams’ „Angels“ zu lesen: „Whereever it may take me“ – wohin es mich auch verschlägt.

Wohin es die Profis der Füchse Berlin im weiteren Verlauf des Abends verschlagen hat, lässt sich nicht final auflösen, weil Trainer Velimir Petkovic seine Jungs von sämtlichen Ausgeh- und Bettruhezeiten befreit hatte. Klar ist nur: Nach ihrem neuerlichen Triumph im EHF-Pokal wurde es eine sehr, sehr lange Nacht für alle Beteiligten. „Heute dürfen wir ruhig ein, zwei Bier trinken“, hatte Kapitän Petr Stochl nach dem 28:25 (14:13)-Sieg im Europapokalfinale gegen St. Raphael am Sonntag mit einem Augenzwinkern gesagt. Übersetzt hieß das, dass es eher auf elf bis zwölf alkoholische Kaltgetränke für die müden, abgekämpften und glücklichen Berliner hinauslief. „Ich bin unfassbar stolz, aber auch komplett leer“, sagte der mit 17 Paraden erneut herausragende Silvio Heinevetter nach der Schlusssirene. Gut möglich, dass mancher Spieler später das komplette Gegenteil dieses körperlichen Zustands erreichte.

Die Füchse hatten sich die Party verdient

Die Profis der Füchse hatten sich die Party in der Tat verdient. Der Erfolg über St. Raphael im Finale war der fünfte Pflichtspielsieg innerhalb von zehn Tagen, zuvor hatten sie unter anderem Tabellenführer Rhein-Neckar Löwen, das Spitzenteam aus Hannover und im Halbfinale eben den Titelverteidiger des EHF-Pokals, Frisch Auf Göppingen, besiegt. „Ich weiß auch nicht, woher wir die Kraft genommen haben, es war ein wirklich brutales Programm“, sagte Paul Drux. „Aber wir wussten, dass wir uns hundertprozentig aufeinander verlassen können. Wenn es bei einem schlecht gelaufen ist, war der andere da“, ergänzte der 23-Jährige.

Nach dem Finalwochenende herrschte tatsächlich Konsens bei allen Teilnehmern, dass die Füchse ihren zweiten Titel im EHF-Cup nach 2015 vor allem ihrem Zusammenhalt und ihrer Homogenität zu verdanken hatten. Das ging schon beim Pressetermin am Freitagnachmittag los: die drei Abordnungen aus Göppingen, Magdeburg und St. Raphael schickten jeweils ihren Coach und ihre Star-Spieler zur obligatorischen Fragerunde, die Füchse kamen dagegen: geschlossen in Mannschaftsstärke, vom Stammspieler bis zum Rekonvaleszenten, vom Cheftrainer bis zum Physiotherapeuten. Es war eine kleine Beobachtung am Rande, aber sie sagte einiges über Selbstverständnis und Herangehensweise des neuen Titelträgers aus. „Manchmal werde ich das Gefühl nicht los, dass wir immer besser spielen, je weniger Leute wir haben“, flachste Trainer Petkovic.

Bei allen personellen Rückschlägen und Problemen zeigte das Endspiel gegen St. Raphael aber auch, dass die Berliner über eine gewachsene und international erfahrene Mannschaft verfügen. Gerade in der Anfangsphase bestand die Gefahr, dass ihnen das Spiel entgleitet: 0:3 in Rückstand, sieben Minuten ohne eigenen Treffer, dazu die komplette Halle im vermeintlich neutralen Magdeburg gegen sich – andere Truppen wären daran womöglich zerbrochen oder zumindest aus der Bahn geworfen worden, nicht so die Berliner.

Drux und Wiede prägen das Spiel der Berliner

Interessant – und für Manager sowie Nachwuchstrainer Bob Hanning höchst erfreulich – war auch die Verteilung der Verantwortung im taktischen Gesamtkonzept zu beobachten: Beim ersten Titel der Vereinsgeschichte im Jahr 2014 waren die Ausnahmetalente Paul Drux und Fabian Wiede noch Lehrlinge, die mal bei den Großen mitmischen durften. Mittlerweile tragen die Nationalspieler das Spiel der Berliner, sie sind „Two-way-player“, wie man im Basketball sagen würde, also offensiv wie defensiv zu gebrauchen.

Drux und Wiede werden selbstverständlich auch am Dienstag anwesend sein, wenn die Berliner ihre Fans zu einer Feierlichkeit ins Rathaus Reinickendorf einladen. Im Rahmen der Party wird zudem die A-Jugend ausgezeichnet, die am Samstag – passenderweise auch in Magdeburg – die Deutsche Meisterschaft holte.

Bis dahin dürfte Bjarki Elisson auch sein Oberteil wiedergefunden haben.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false