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Hertha-Trainer Dardai hat bisher vor allem auf mentaler Ebene für Verbesserung gesorgt. Gelingt gegen Schalke auch ein spielerisch-taktischer Fortschritt?

© dpa

Hertha BSC vor dem Schalke-Spiel: Mut zum Experiment

Herthas Trainer Pal Dardai hat in seiner noch jungen Amtszeit schon einiges ausprobiert – nicht immer mit Erfolg. Unter der Woche ließ er nun sogar Ronny als Innenverteidiger antreten - ein Modell für das Spiel gegen Schalke 04 ?

Seit fast fünf Jahren spielt Ronny jetzt schon bei Hertha BSC, er hat in dieser Zeit einiges erlebt, aber in dieser Woche hat er noch einmal eine völlig neue Erfahrung gemacht. Bei einer Übung im Training durfte der Brasilianer in der Innenverteidigung auflaufen. Aber mit ungewohnten Positionen kennt sich Ronny ja aus – seitdem Trainer Pal Dardai ihn beim Heimspiel gegen den SC Freiburg im defensiven Mittelfeld aufgeboten hat. Dummerweise hat sich das Experiment nur bedingt als tauglich erwiesen, genauso wie einige andere personelle Entscheidungen des jungen Hertha-Trainers.

Fünf Spiele ist der 38-Jährige inzwischen für die erste Mannschaft des Berliner Fußball-Bundesligisten verantwortlich. Seine Bilanz fällt mit zwei Siegen, einem Unentschieden und zwei Niederlagen ordentlich aus; und auch jenseits der Ergebnisse sind Fortschritte erkennbar, vor allem in der Defensivstruktur. In den fünf Begegnungen mit Dardai haben die Berliner drei Mal zu null gespielt – genauso oft wie in den 19 Spielen unter seinem Vorgänger Jos Luhukay. Dazu ist die Mannschaft jedes Mal mehr gelaufen als ihr Gegner, zuletzt gegen den VfB Stuttgart waren es sogar rekordverdächtige 125 Kilometer. Und auch die Zweikampfbilanz sieht inzwischen deutlich freundlicher aus. Unter Luhukay stellte Hertha das zweikampfschwächste Team der Bundesliga, unter Dardai verloren die Berliner nur gegen den Tabellenzweiten Wolfsburg mehr Zweikämpfe, als sie gewannen.

Fortschritte auf mentaler Ebene, aber verbesserungswürdige Taktik-Entscheidungen

„Der Wille und die Bereitschaft, für die Mannschaft alles zu geben“, sind laut Co-Trainer Rainer Widmayer für die verbesserten Werte verantwortlich. Das stützt die These, dass Dardai vor allem auf der mentalen Ebene wirkt, verbunden mit seiner besonderen Betonung der athletischen Komponente. Bei den fußballerischen Elementen ist Hertha hingegen bisher noch nicht entscheidend vorangekommen, und auch mit seinen taktischen Entscheidungen hat der Ungar nicht immer eine glückliche Hand bewiesen.

Gegen Freiburg stellte Dardai Ronny auf die Sechs – das Spiel lief weitgehend an ihm vorbei. In Wolfsburg versetzte er Julian Schieber aus dem Sturm ins linke Mittelfeld – und musste diese Entscheidung schon nach 20 Minuten wieder revidieren. In Stuttgart bot er John Heitinga als Sechser auf und Jens Hegeler als Spielmacher – nach der Pause blieben beide in der Kabine.

Es ist nicht so, dass Dardai solche Entscheidungen aus einer Laune heraus trifft. Den vermeintlich defensiven Freiburgern wollte Herthas Trainer mit Ronny fußballerische Leichtigkeit entgegensetzen. Schieber sollte im Mittelfeld mehr Raum für seine Dynamik haben und Heitinga Aggressivität und körperliche Präsenz in Herthas Spiel bringen. Das gelang ihm genau 20 Sekunden – dann sah der Holländer Gelb, weswegen er sich fortan mit Präsenz und Aggressivität deutlich zurückhalten musste. Auf gerade mal 17 Ballkontakte kam Heitinga in 45 Minuten.

Will Pal Dardai manchmal zu viel?

„Er konnte nicht sein Gesicht zeigen“, sagte Dardai. Andererseits kann man auch die Frage stellen, wieso Herthas Trainer auf der neuralgischen Position im defensiven Mittelfeld einen Spieler aufbot, der für die Innenverteidigung verpflichtet wurde und zudem vier Monate nicht mehr gespielt hatte. Will Dardai manchmal zu viel? Will er zum Wohle seines Herzensvereins besonders kreativ sein? Co-Trainer Widmayer widerspricht solchen Deutungen. Die Entscheidung für Heitinga sei vor allem den Sperren für Per Skjelbred und Peter Niemeyer geschuldet gewesen.

Beide stehen im Spiel gegen Schalke 04 (15.30 Uhr) wieder zur Verfügung. Es spricht also wenig dafür, dass Heitinga erneut im defensiven Mittelfeld auflaufen wird. „Wenn Valentin Stocker auf der Zehn spielt, werden zwei auf der Sechser-Position spielen“, sagte Dardai und fügte mit einem Lächeln hinzu: „Es werden zwei dafür geschulte Spieler sein.“ Und auch Ronny wird nicht in der Innenverteidigung spielen. Dass er im Training auf dieser Position landete, lag daran, dass John Anthony Brooks die Einheit vorzeitig beenden musste und Herthas Trainer die linke Position in der Innenverteidigung wegen einer sauberen Spielauslösung mit einem Linksfuß besetzt sehen wollte. Defensive Qualitäten waren bei dieser Übung nicht gefragt.

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