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Die Hertha-Familie trifft sich an diesem Sonntag unterm Funkturm.

© IMAGO/Matthias Koch

Mitgliederversammlung von Hertha BSC: Wer rückt neu ins Präsidium?

An diesem Sonntag steht die Mitgliederversammlung von Hertha BSC an. 21 Kandidaten bewerben sich für vier freie Plätze im Präsidium. Wer hat die besten Chancen?

Einen Abwahlantrag gibt es auch diesmal wieder. Natürlich, könnte man sagen. Abwahlanträge zählen bei Hertha BSC inzwischen fast zur Folklore.

Zum dritten Mal nacheinander betrifft es Klaus Brüggemann, den Aufsichtsratsvorsitzenden des Berliner Fußball-Zweitligisten. Beim ersten Mal, im November 2022, wurde die nötige Dreiviertelmehrheit verfehlt; beim zweiten Mal, im Mai, wurde der Antrag kurzfristig zurückgezogen.

Wie es beim dritten Mal ausgeht, ist schwer vorherzusagen. Das hängt auch davon ab, wie viele Mitglieder an diesem Sonntag, ab elf Uhr in der Messehalle 21 A zur Mitgliederversammlung erscheinen werden und wie sich das Plenum zusammensetzt.

Eigentlich sollte es am Sonntag eher um Wahlen als um Abwahlen gehen. Im Präsidium sind mindestens zwei und maximal vier Stellen neu zu besetzen, nachdem die bisherigen Mitglieder Ingmar Pering und Tim Kauermann aus dem Gremium ausgeschieden sind. Pering hat im Mai seinen Rücktritt erklärt, Kauermann ist als (ehrenamtlicher) Leiter Sanierung in die Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) gewechselt.

21 Kandidaten bewerben sich für die freien Plätze, 19 Männer und 2 Frauen. Zwei Wahlgänge gibt es – es sei denn, schon im ersten werden vier Bewerber mit mehr als 50 Prozent der Stimmen gewählt. Jedes Mitglied darf vier Stimmen abgeben.

Anders als in der Vergangenheit stellen sich die Kandidaten diesmal nicht in alphabetischer Reihenfolge den Mitgliedern vor (drei Minuten Redezeit); die Reihenfolge ist in der vergangenen Woche ausgelost worden: Tom Zielaskowski macht den Anfang, Thomas Kühn beendet die Vorstellungsrunde. Wir stellen einige Kandidaten, denen gute Chancen eingeräumt werden.

Ein bisschen weibliche Kompetenz würde den Gremen guttun.

Anne Noske, Kandidatin für das Hertha-Präsidium

Steffen Toll, 51, verfügt von allen Bewerbern über die vermutlich größte Basis in Herthas Fanszene. Seit fast 18 Jahren ist er Vorsitzender des Förderkreises Ostkurve (FKO), des größten Zusammenschlusses von Hertha-Fans. „Über diese Tätigkeit habe ich schon viele Hertha-Fans – von den Kids bis zum Ältestenrat – kennengelernt“, sagt Toll. „Daher kenne er deren Sorgen und Nöte.“

Als Bankkaufmann und Vermögensberater sei er zudem „ein absoluter Finanzexperte“, sagt Toll über sich. Diese Erfahrung würde er bei seiner Wahl auch in den Gremien einbringen. „Das Präsidium hat eine herausgehobene Kontrollfunktion gegenüber der KGaA“, erklärt er. „Diese Kontrollfunktion muss gerade mit Blick auf die Finanzthemen zukünftig deutlich gestärkt werden.“

Als gut vernetzt gilt auch Sören Kablitz-Kühn, 43, der von 1999 bis 2019 Vorsitzender des Hertha-Fan-Clubs Moabit war. Er leitet die Bundesschatzmeisterei der CDU Deutschlands und war zuvor persönlicher Referent und Büroleiter von Angela Merkel. „Meine Erfahrung und mein Netzwerk können für unseren Verein sehr hilfreich sein“, hat er auf seinem Twitter-Account geschrieben. „Ich übernehme lieber Verantwortung, als immer nur zu meckern.“

Kablitz-Kühn besitzt eine umfangreiche private Sammlung an Hertha-Devotionalien. Er verantwortet das Projekt „Geschichte zum Anfassen“ und veranstaltet regelmäßig Fan- und Mitgliederabende mit Zeitzeugen zur Vereinsgeschichte, mit früheren Spielern wie Arne Friedrich oder Karl-Heinz Granitza.

Anne Noske, 39, könnte vielen Hertha-Mitgliedern noch unter ihrem Mädchennamen Grubert bekannt sein. Zwölf Jahre, von 2004 bis 2016, hat sie in der Presseabteilung des Vereins gearbeitet, zuletzt war sie deren stellvertretende Leiterin. Bei ihrem Abschied von Hertha hatte sie das Gefühl: „Irgendwie ist es noch nicht vorbei.“

Anne Noske hat zwölf Jahre in der Medienabteilung von Hertha BSC gearbeitet, auch in der Zeit, als Otto Rehhagel Trainer war.

© imago sportfotodienst

Als Leiterin Unternehmenskommunikation und Pressesprecherin der Gewobag hat sie registriert, dass sich Herthas Kommunikation mit den Mitgliedern zuletzt deutlich verbessert hat. In der Außendarstellung des Vereins sieht sie allerdings noch Optimierungsbedarf. „Das Thema Frau spielt auch eine Rolle“, sagt sie. „Ein bisschen weibliche Kompetenz würde den Gremien guttun.“

Dass Frauen unterrepräsentiert sind, das gilt für die meisten Klubs im Profifußball – auch für Hertha. Mit Renate Döhmer (Aufsichtsrat) und Anne Jüngermann (Präsidium) sind bisher zwei Frauen in den Gremien vertreten. Neben Noske kandidiert am Sonntag auch Silke Radtke, 55. Sie stand bereits im Juni des vergangenen Jahres zur Wahl und erzielte dabei ein respektables Ergebnis. Im zweiten Wahlgang fehlten ihr lediglich 23 Stimmen, um ins Präsidium einzuziehen.

Aus anderen Gründen könnten Lennart Schley, 42, und Ralf Thaeter, 61, am Sonntag gute Chancen haben. Sie verfügen durch ihre berufliche Tätigkeit über wirtschaftliches Know-how.

Schley schreibt in seinem Steckbrief für die Hertha-Mitglieder, er habe sein Berufsleben vollständig im Kontext von Reorganisationen, Effizienzsteigerungen und Sanierungen von Unternehmen verbracht. „Ich will einfach nur helfen“, sagt er. „Aus vielen Projekten als Sanierungsgeschäftsführer kenne ich die Gemengelage.“

Ralf Thaeter soll bei der Vorstellung der Kandidaten im Amateurstadion nicht nur einen fachlich guten, sondern auch einen sympathischen Eindruck hinterlassen haben. Seit 30 Jahren ist er als internationaler Wirtschaftsanwalt tätig. „Ich weiß, wie Investoren ticken, ich kenne ihre Tricks, ich kenne ihre wahren Interessen“, sagt er. Auch mit Bilanzen kenne er sich aus. „In diesem Bereich bin ich Profi.“

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