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Ein Fahrer, ein Team, ein Sieg. Nico Rosberg lässt sich für seinen Erfolg in Spanien feiern.

© AFP/Lago

Formel 1: Mercedes hat aus Gummi gelernt

Das Rennen in Barcelona legt nahe, dass die Weltmeisterschaft in der Formel 1 erneut von Mercedes gewonnen wird. Ferrari glaubt selbst schon nicht mehr an eine Chance im Titelkampf.

Von Christian Hönicke

Im Augenblick seines Triumphs dachte Nico Rosberg auch an den Landsmann, der ihm geholfen hatte. „Sehr nett von ihm. Ich werde mir überlegen, ihm ein paar Bier rüberzuschicken“, sagte der Mercedes-Pilot und meinte damit den viermaligen Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel. Der Ferrari-Fahrer hatte beim Großen Preis von Spanien am Sonntag lange Rosbergs Teamkollegen Lewis Hamilton aufgehalten und somit einen nicht unerheblichen Anteil am ersten Saisonsieg des Vizeweltmeisters. „Er ist herzlich eingeladen, das öfter zu machen“, schob Rosberg noch gut gelaunt nach, nachdem er die Trophäe in Empfang genommen hatte.

Allerdings ist durchaus fraglich, ob Vettel ungeachtet der Dankesgaben Rosbergs so bald wieder den Bremsklotz für einen der beiden Mercedes-Piloten spielen wird. Statt der erhofften Annäherung an Titelverteidiger Mercedes fing sich Ferrari in Barcelona trotz der technischen Verbesserungen am Auto den größten Rückstand der Saison ein. Mehr als 45 Sekunden, anders gesagt: mehr als eine halbe Runde, kam Vettel hinter dem Rennsieger Rosberg als Dritter ins Ziel. „Mit das Beste an diesem Tag ist, dass wir das Entwicklungsrennen erst mal für uns entschieden haben, mit Abstand“, sagte Rosberg. „Dass wir offenbar weiter weg sind von denen, ist sehr überraschend.“

Angesichts dieser unerwartet schmerzhaften Niederlage wand sich Vettels Teamchef Maurizio Arrivabene nicht nur wegen seines eingegipsten Arms auf seinem Stuhl. „Mein Arm war so, wie der Rückstand zu Mercedes: Er schmerzte ziemlich böse“, sagte der Italiener mit einem süßsauren Lächeln. „Das neue Paket ist besser als das alte, aber die Realität zeigt uns, dass es nicht gut genug ist.“ Arrivabene sehnte sich die Testfahrten in dieser Woche herbei, die ebenfalls auf dem Kurs von Barcelona stattfinden. „Wir müssen dabei verstehen, ob es ein Problem mit der Strecke oder generell mit unserem Auto ist.“

In langsamen Kurven konnte Vettel nicht mit den Mercedes mithalten

In jedem Fall war auffällig, dass der Ferrari zwar in den beiden ersten Streckensektoren gut mithalten konnte, in denen es auf langen Geraden und schnellen Kurven auf Motorleistung und gute Aerodynamik ankommt. Doch im letzten Streckenteil, der nahezu ausschließlich aus langsamen Kurven besteht, konnte Vettel nicht mit den Mercedes mithalten. „Wir haben im letzten Sektor eine halbe Sekunde pro Runde verloren“, sagte Arrivabene. „Das ist ein Traktionssektor.“

Auch seinem Kontrahenten Toto Wolff fiel das auf. „Im dritten Sektor kommt es auf mechanischen Grip an“, sagte der Mercedes-Teamchef – also darauf, dass die Reifen optimal arbeiten, um beim Beschleunigen die Kraft auf die Straße zu bringen. Dass die Mercedes den Ferraris ausgerechnet hier überlegen waren, überraschte auch deswegen, weil die Strecke mit einer Temperatur von knapp 50 Grad ähnlich heiß war wie die in Malaysia. Da war der effiziente und schonende Umgang mit den Gummis noch Ferraris große Stärke und verhalf Vettel zum Sieg. „Wir haben in Malaysia viel gelernt, vor allem über die Reifen“, sagte Wolff nun nicht ohne Stolz. „Da gibt es so viele Parameter, und wir haben viel Zeit damit verbracht, herauszufinden, wie unser Auto am besten mit den diesjährigen Reifen arbeitet.“

Rosberg hat den Lauf des Teamkollegen Hamilton durchbrochen

Als Resultat steht nun die Erkenntnis, dass Mercedes nicht nur bei den beiden kommenden Rennen in Monaco und Montreal hochgradig favorisiert ist, wo es ebenfalls verstärkt auf Traktion ankommt. Es ist nach dieser Demonstration in Spanien auch keine gewagte Prognose, dass der WM-Titel mit großer Wahrscheinlichkeit wieder unter den beiden Mercedes-Fahrern ausgemacht wird. „Zu sagen, dass wir um den Titel kämpfen, das wäre zu viel“, erklärte Arrivabene denn auch. „Ich habe gesagt, dass wir diese Saison drei Rennen gewinnen wollen, und das können wir immer noch schaffen.“

Während sich Ferrari also offenbar schon wieder aus dem WM-Rennen verabschiedet, hat sich immerhin Rosberg zurückgemeldet. Er durchbrach den Lauf des Teamkollegen Hamilton gerade noch rechtzeitig, bevor seine Pilotenpsyche ernsthaft Schaden nehmen konnte. „Ich hatte zwar nicht das Gefühl, dass ich eine Last mit mir herumtrage, aber klar, heute sind das positive Gefühle“, sagte Rosberg. Er nannte die Poleposition im Qualifying und seinen guten Start „die beiden Schlüssel zum Wochenende“. Am Start half ihm dabei, dass er zur Vorjahreskupplung zurückgewechselt war. „Die ist einfach konstanter, da ist weniger Zufallsprinzip drin. Das war ein Bereich, in dem ich in den ersten paar Rennen schon sehr gelitten habe.“ So konnte er das Rennen von Beginn an kontrollieren, „das ist natürlich viel einfacher. Vorbeikommen ist schwer, ich musste kein Risiko eingehen.“

Rosberg bemühte sich zwar darum, seine Sichtweise zu erklären, wonach er künftig jedes Rennen nur noch für sich betrachten wolle. Doch den WM-Rechner im Kopf hat der Deutsche noch längst nicht abgeschaltet. „Klar, ich habe wieder sieben Punkte auf Lewis aufgeholt“, sagte Rosberg. „Jetzt sind es nur noch 20 Punkte Rückstand.“

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