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Gut gesprungen. Brown gewann in vier Sätzen gegen den Serben Lajovic.

© dpa/Rain

Runde zwei bei Wimbledon: Läuft bei Dustin Brown

Dustin Brown steht in Runde zwei. Lange ist der Deutsche herumgetingelt. Jahrelang stand er zwischen Platz 800 und 400 der Weltrangliste. Heute läuft's besser.

Vor einem Jahr hatte es die Zuschauer auf dem Centre Court in Wimbledon schier von den Sitzen gerissen. Denn selten war es dort auf dem Rasen so verrückt zugegangen. Der Qualifikant Dustin Brown hatte den zweimaligen Champion Rafael Nadal mit seinem wilden Spiel und seinen kuriosen Schlägen in der zweiten Runde zur Verzweiflung getrieben – und ihn mit 7:5, 3:6, 6:4 und 6:4 bezwungen. Der Deutsch-Jamaikaner aus Winsen an der Aller mit den markanten Rastalocken war die Sensation. „Das war einer der besten Tage meiner Tennis-Karriere“, sagt Brown heute, „aber Tennis ist leider sehr schnelllebig. Man kann sich schlecht darauf ausruhen und sagen: 'Hey, das war so ein geiles Match letztes Jahr gegen Nadal.' Es geht immer Schlag auf Schlag weiter.“

Brown ist Realist. Sein Sieg über Nadal zählt längst nicht mehr

Und von den besten Tagen erlebt der 31-Jährige nach wie vor nicht sonderlich viele. Auch nach dem Coup gegen Nadal kam damals gleich das Aus, so ist das mit Brown eben. Sein Tennis rangiere von furchtbar bis fantastisch, sagt er. Aber damit hat er sich inzwischen abgefunden. Brown ist Realist. Sein Sieg über Nadal zählt längst nicht mehr. „Ob ich Rafa geschlagen habe, interessiert im nächsten Match keinen mehr“, sagt Brown, „dafür bekomme ich nicht schon ein 15:0 zum Start oder einen Breakball geschenkt. Es geht wieder von vorne los. Und niemand gibt dir den Sieg einfach so.“

So musste Brown auch gestern in seinem Auftaktmatch hart kämpfen, bis er den serbischen Weltranglisten-82. Dusan Lajovic mit 4:6, 6:3, 3:6, 6:3 und 6:4 in einer eher nüchternen Partie noch bezwang. Nicht auf den Centre Court, sondern auf einem der Nebenplätze vor 100 Zuschauern spielte er. Aber das kennt Brown nur zu gut. Zumindest die Wildcard hatte ihm der All England Club als Anerkennung geschenkt, es ersparte ihm den mühsamen Weg durch die Qualifikation in Roehampton. Beschwerlich war sein Weg in den vergangenen 14 Jahren ohnehin.

Brown dümpelte jahrelang zwischen Platz 800 und 400 der Weltrangliste

Den größten Teil davon legte Brown in einem alten VW-Campingbus zurück, den ihm seine Eltern zum Start seiner Profikarriere kauften. Mehr Unterstützung war nicht drin, und so tingelte er lange Zeit für eine Handvoll Preisgeld zu drittklassigen Challenger- und Future-Turnieren. Mit mäßigem Erfolg, Brown dümpelte jahrelang zwischen Platz 800 und 400 der Weltrangliste. Für einen Coach reichte das Geld nur selten. Aufgegeben aber hat er nie.

Momentan steht Brown auf Rang 85. Und manchmal fragt er sich, wo er wohl sein könnte, wenn er immer einen Trainer gehabt hätte. Oder jemanden, der seine Rechnungen zahlt. „Es war nie einfach, aber ich bin einer, der es ohne Hilfe geschafft hat. Ich hatte auch viel Glück in meiner Karriere. Und wenn meine Eltern mir nicht das Wohnmobil gekauft hätten, würde ich heute wohl irgendwo in einem Laden arbeiten.“

Leben kann Brown heute zwar vom Profisein, große Sprünge sind aber nicht drin. Vor Wimbledon gewann er das Challenger-Turnier in Manchester. „Aber scheide ich in Runde eins aus, kriege ich 100 Pfund. Die Woche dort kostet mich aber 1000 Pfund plus Verpflegung. So muss man das sehen.“ Umso mehr weiß Brown die Tage im Luxus der Grand-Slam-Turniere zu schätzen. Hohes Preisgeld, alle Kosten inklusive. Die 50.000 Pfund, die ihm sein Erstrundensieg bereits bescherte, verschaffen ihm etwas Luft, wenn die Tingelei im Alltag wieder weiter geht. Bis es soweit ist, wartet am Mittwoch Australiens Shootingstar Nick Kyrgios in Runde zwei auf Brown. Es könnte wieder ein Spektakel werden. Bei Dustin Brown weiß man das nie.

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