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Entlassen, aber entlastet wohl noch nicht. Michel Platini (rechts) und sein Anwalt William Bourdon (mit der Zigarette danach) verlassen die Polizeistation.

© Gonzalo Fuentes/Reuters

Korruptionsverdacht bei WM-Vergabe: Platini ganz unten

Michel Platini hat sein eigenes Denkmal längst zerstört. Weil der Machthunger abseits des Platzes zu groß war. Ein Kommentar.

Die wallende Lockenpracht, dieses charmante Lächeln. Michel Platini war eine Erscheinung auf dem Fußballplatz. Michel Platini war ein Genie auf dem Rasen, er hat den französischen Fußball in den frühen Achtzigerjahren wachgeküsst. Unvergessen, wie er die Franzosen 1984 mit neun Toren in fünf Turnierspielen zum EM-Titel führte. Platini hat, bis auf den WM-Titel, so ziemlich alles gewonnen als Fußballer.

Auch in der zweiten Karriere als Funktionär konnte Platini alles gewinnen, wollte ganz nach oben bis zum Präsidenten des Weltverbandes aufsteigen. Doch bis dahin kam er nicht, vor drei Jahren stürzte er als Präsident des europäischen Verbandes Uefa nach Korruptionsvorwürfen bei der Vergabe zur WM 2022 an Katar. Nun wurde Platini deswegen am Dienstag in Polizeigewahrsam genommen und mehrere Stunden verhört. Als der einstige Superstar am Mittwochmorgen die Polizeiwache verließ, sah er erschöpft aus. Allerdings hatte er auch dieses süffisant-verschmitzte Lächeln aufgesetzt. Das sah seltsam aus. Platini ganz unten.

Viel Lärm um nichts sei gemacht worden, sagte sein Anwalt. Das mit dem Verhör habe lange gedauert, weil es so viele Fragen gegeben habe, sagte Platini, die man ihm zur EM 2016 in Frankreich und zu den Weltturnieren 2018 in Russland und Katar gestellt habe. Platini hatte seinerzeit Katar gegenüber dem Bewerber-Konkurrenten USA unterstützt. Angeblich hatte er die französische Politik um den damaligen Ministerpräsidenten Nicolas Sarkozy auf seiner Seite und so Stimmen für Katar gewinnen können - behauptet unter anderem der ebenfalls aus der Fußballwelt verstoßene ehemalige Fifa-Präsident Sepp Blatter.

Am Freitag hat er Geburtstag und wird 64 Jahre alt

War der Machthunger zu groß, war Platini zu gierig: Die Vergabe der Fußball-Weltmeisterschaft in den von einem nach – nicht nur westlichen Maßstäben – seltsamen Regime geleiteten seltsamen Staat war und ist eine Riesensauerei. Es wird, wie das in solchen Fällen oft der Fall ist, schwer zu klären sein, inwieweit der Franzose seine Finger in den vielen kleinen schmutzigen Affären hatte. Da ging es um Geld, Gier und Macht.

Platini galt vor seiner Sperre durch die Ethik-Kommission als Favorit auf die Nachfolge von Blatter als Präsident des Weltverbandes. Seine Sperre läuft im Oktober aus. Es ist davon auszugehen, dass bis dahin alle Vorwürfe um den Bestechungsskandal nie und nimmer ausgeräumt werden können.

Ein Rückzug aus der Öffentlichkeit ist ihm aber nicht erlaubt, solange die Katar-Geschichte schwelt. Am Freitag hat er Geburtstag und wird 64 Jahre alt. Michel Platini hat sein eigenes Denkmal mit seinen Aktivitäten abseits des Platzes längst zerstört.

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