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Arme Schweine. Muss es wirklich jeden Tag ein Stück Fleisch auf dem Teller sein?

© Philipp Schulze/dpa

Kolumne: So läuft es: Ohne Fleisch kein Preis?

Unser Kolumnist will niemandem die Weihnachtsgans vermiesen. Aber er wünscht sich ein bisschen mehr Würde im Umgang mit Tieren.

Es begann vor einiger Zeit auf der Autobahn. Auf der Rückfahrt von einem langen Lauf. Wieder einer dieser Todeslaster. Kleine Schnauzen und angsterfüllte Augen, die sich an den engen Luftschlitzen des LKW drängeln, um ein wenig Sauerstoff zu erhaschen. Schweine auf ihrer letzten Fahrt, wenig später auf unseren Tellern. Schon lange hatte ich meine Probleme mit diesem Bild. Ebenso mit Rindern, die ich eigentlich sehr viel lieber auf grünen Weiden stehen sehe als auf ihrem letzten Transport. Ganz bewusst verzichte ich an dieser Stelle auf die Beschreibung von extremen Szenen, wie der Mensch mit Tieren umgeht, um sie anschließend zu verspeisen. Nur soviel: Es ist alleine der Mensch, der sich derart skrupellos über Tiere erhebt. Sie als eine Art Ding betrachtet, das seinen Zweck erfüllt. Verlieren wir nicht schlicht den Respekt vor Tieren? Gehen wir überhaupt noch pfleglich mit ihrer Würde um? Millionenfach tun wir es nicht. Jeden Tag.

Bereits vor einigen Jahren habe ich begonnen, meinen Fleischkonsum deutlich einzuschränken. Deutlich! Vor acht Jahren habe ich beinahe jeden Tag Fleisch verzehrt. Heute vielleicht noch einmal die Woche, manchmal auch weniger. Ich habe einen Bauern gefunden, bei dem die Tiere würdevoll leben und aufwachsen. Zudem mehrere gute Marktstände, an denen ich mich adäquat versorgen kann. Das alles mindert meine Traurigkeit allerdings kaum, wenn ich auf der Autobahn an diesen Todeslastern vorbeifahre. Ich weiß aber: Da mache ich nicht mehr mit!

Protein kann ein Läufer dem Körper nicht nur durch den Konsum von Fleisch zuführen

Ausdauersportler – wie wir Läufer – brauchen Protein. Übrigens ebenso dringend wie Kraftsportler. Wir brauchen sie während der Trainingseinheiten und gerade nach Wettkämpfen, damit Muskeln und Sehnengewebe regenerieren können. Wer aber glaubt, Protein nur durch den Konsum von Fleisch zuführen zu können, der irrt. Es ist darüber hinaus sogar schädlich. Wissenschaftler der University of Eastern Finland haben mit einer Studie, die über 22 Jahre angelegt war und bei der über 2400 Menschen untersucht wurden, belegt: Rotes Fleisch und Wurstprodukte begünstigen Übergewicht, Diabetes Typ 2, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Darmkrebs. Rotes Fleisch ist reichhaltig an Eisen, Wurstprodukte an Salz. Beides langfristig schlecht für das Herz. Die Forscher zeigen klar auf: Wichtig ist die Quelle der Proteine. Nüsse, Bohnen, Erbsen, Milchprodukte sind wertvolle (und nur einige) Beispiele, wie auch Läuferinnen und Läufer ihren Proteinhaushalt in den Griff bekommen können. Natürlich gehört auch weißes Fleisch dazu, etwa Geflügel.

Nun könnten Sie sagen: Ich lasse mir doch durch diesen Kolumnisten nicht die Weihnachtsgans vermiesen. Recht haben Sie. Sollen Sie auch nicht. Aber eventuell betrachten Sie die Tiertransporte auf der Autobahn in Zukunft anders, wenn Sie in die Augen der Tiere sehen. Vielleicht denken Sie bei dem abgepackten Ding im Kühlregal daran, dass dieses Tier für Ihr Abendessen sein Leben lassen musste, auch wenn es nur eine Gans war. Und vielleicht gehen wir ein wenig achtsamer mit dem Leben um. Mit dem der Tiere. Und auch mit unserem. So läuft es.

Mike Kleiß leitet eine Kommunikations- und Markenagentur in Köln und schreibt hier an jedem Donnerstag übers Laufen.

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