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Auf die Knie. Der Quarterback Colin Kaepernick (M.), 2016 noch für die San Francisco 49ers aktiv, protestiert mit Eli Harold (l.) und Eric Reid (r.) während die Nationalhymne läuft.

© John G. Mabanglo/EPA/dpa

Kniefall-Protest in der NFL: Nike beweist mit Colin Kaepernick Mut

Der Sportartikelhersteller wirbt mit dem Football-Profi, dessen Protest während der Hymne eine landesweite Debatte auslöste. Das ist bemerkenswert. Ein Kommentar.

Von David Joram

Hurensohn. Das sagt, von Fußballfans abgesehen, normalerweise niemand eben so. Wer andere derart übel beleidigt, hat meist selbst Übles erfahren – oder amtiert als US-Präsident. Im folgenden Fall gilt Letzteres. Gut ein Jahr ist es her, dass Donald Trump vor ein Mikrofon in Huntsville/Alabama trat, um seine Meinung im sogenannten Hymnenstreit kundzutun. Die Causa wurde deshalb so bezeichnet, weil es einige Spieler der National Football League (NFL) wagten, beim Abspielen der Hymne auf die Knie zu gehen; sie wollten damit gegen Rassismus und Polizeigewalt gegen Schwarze protestieren.

Das sind Themen, deren Bekämpfung auf Trumps Agenda nicht unbedingt an erster Stelle stehen. Ein ausgeprägter Hang zum Patriotismus ist dem Präsidenten dafür umso wichtiger, weshalb Trump in Huntsville sagte: „Würdet ihr es nicht lieben, wenn jemand, der unsere Flagge verachtet, einen Klubeigner hat, der sagt: ,Nehmt den Hurensohn vom Feld. Er ist gefeuert. Er ist gefeuert’“? Zur Antwort johlten die Menschen, offensichtlich befanden sie, dass ihr Donald mal wieder den Punkt getroffen habe. „Die totale Respektlosigkeit vor unserem Erbe“, sagte Trump noch, „das ist eine Verachtung von allem, wofür wir stehen.“

In der Tat stehen die USA weiterhin für strukturellen Rassismus, weshalb der Hymnenboykott vor der aktuellen Saison seine Fortsetzung fand.

Das allerneueste Kapital schreibt nun Colin Kaepernick, jener Spieler, der es im August 2016 als erster gewagt hatte, der Hymne kniend zu lauschen. Der Sportartikelhersteller Nike, bei dem Kaepernick schon seit 2011 unter Vertrag steht, wählte ihn als eines von mehreren Gesichtern für seine neue Werbekampagne „Just do it“ aus. Zu deutsch: „Mach’s einfach“. 30 Jahre ist der Slogan alt, die ganze Welt kennt ihn. Eine Erfolgsgeschichte.

Kaepernick ist ein Geächteter

Die Geschichte Kaepernicks kennt noch nicht die ganze Welt, der Erfolg fehlt in ihr ebenfalls noch. Seitdem der Rebell Kaepernick offen protestiert, hat ihn nämlich kein NFL-Klub mehr unter Vertrag genommen; sein altes Team, die San Francisco 49ers hatten seinen alten Vertrag auslaufen lassen. Kaepernick ist ein Geächteter, einer, den viele in den USA – nicht nur Trumpisten – kritisieren.

Via Twitter postete Kaepernick ein Foto der neuen Werbekampagne. Es zeigt eine Nahaufnahme seines Gesicht mit dem Werbeschriftzug: „Glaube an etwas, auch wenn das heißen sollte, alles andere zu opfern“. Neben Kaepernick sind unter anderem auch Odell Beckham Jr. (American Football), Serena Williams (Tennis) und LeBron James (Basketball) Teil der Kampagne. So umstritten wie Kaepernick ist aber keiner der anderen.

Während der Sportler außerhalb der Staaten bewundert wird, gilt er im eigenen Land als Spalter. Ein Teil feiert ihn, ein mindestens genauso großer Teil verachtet ihn. Wie groß die Ehrfurcht vor Hymne und Fahne ist, beweist die NFL selbst. Sie hat den Spielern inzwischen vorgeschrieben, während der Nationalhymne stehen zu müssen. Wer das nicht will, soll in der Kabine bleiben. Protest? Bloß nicht! Schließlich gucken auch viele Trump-Anhänger den NFL-Profis zu und tragen zum Umsatz bei.

Umso bemerkenswerter ist Nikes Vorstoß, Kaepernick in die neue Kampagne einzuspannen. Sicher: Der US-Konzern bekommt einen glaubhaften Botschafter seines populären Slogans. Die polarisierende Wirkung, die Kaepernick hervorruft, bekommt Nike nun aber auch ab. Sie wird den Umsatzzahlen in den USA nicht unbedingt zuträglich sein. Die Entscheidung pro Kaepernick ist deshalb eine mutige. Sie bedeutet zugleich auch, die Geschichte Kaepernicks in die Welt hinauszutragen, auf die gesellschaftlichen Spannungen und Probleme der USA hinzuweisen – und Position zu beziehen. Gegen Trump. Gegen Rassismus. Nike handelt damit so, wie es auch wirbt: Just do it.

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