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Die Nationalmannschaft bejubelt in Rio den WM-Sieg, Wolfgang Niersbach (r.) ist ganz nah dran.

© dpa

Nationalspieler zum Niersbach-Rücktritt: "Kein guter Tag für den Fußball"

In der deutschen Fußball-Nationalmannschaft herrscht nach dem Rücktritt von Wolfgang Niersbach Betroffenheit. Dabei sollte der Fokus jetzt eigentlich den anstehenden Länderspielen gelten.

Am Strand von Ipanema feierten Wolfgang Niersbach und Joachim Löw in der rauschenden Nacht von Rio gemeinsam den WM-Triumph. Die nächste Titelmission muss der „sehr betroffene“ Bundestrainer ohne seinen Mega-Fan im DFB-Präsidentenamt in Angriff nehmen. Schon beim Test am Freitagabend in Paris wird Niersbach nicht mehr an Bord sein. „Er war für uns jederzeit ein hervorragender Ansprechpartner. Deswegen tut es mir persönlich sehr, sehr leid, dass er zurückgetreten ist“, sagte Löw.

Die Betroffenheit war im Teamhotel der Fußball-Nationalmannschaft in München durchaus greifbar. Sorgen um seine täglichen Arbeitsabläufe muss sich der Bundestrainer vorerst nicht machen. In Reinhard Rauball steht ein Mann des Profifußballs zumindest mit an der Spitze des DFB. Aber die Konstellation mit Niersbach auf dem DFB-Chefsessel war für die Sportliche Leitung der Nationalmannschaft einfach ideal. Das spürten auch die Weltmeister.

Für Toni Kroos etwa war es „kein guter Tag für den Fußball“ beim DFB. „Ich empfinde großen Respekt für die Entscheidung von Wolfgang Niersbach. Menschlich sehr schade“, kommentierte der Profi von Real Madrid. Lukas Podolski sagte bei der Präsentation des deutschen EM-Trikots in Berlin: „Ich habe ihn als guten Präsidenten empfunden. Wir haben gut zusammengearbeitet, wir hatten ein gutes Verhältnis.“ Mit einem weiteren Satz brachte Podolski die symbiosehafte Beziehung zwischen Niersbach und dem Nationalteam auf den Punkt: „Er hat alles für den DFB und die Mannschaft getan.“

Das enge Verhältnis von Niersbach zum A-Team ist in seiner Vita begründet. Der frühere Sportjournalist vollzog seine ungewöhnliche Karriere immer im unmittelbaren Dunstkreis der Fußballstars. Als Pressesprecher der Heim-EM 1988 fand er zum DFB. Dann wurde er der Medienmann an der Seite von Franz Beckenbauer mit der magischen Nacht von Rom 1990 als erstem persönlich erlebten WM-Triumph. Später begann rund um die Organisation des nun beschädigten WM-Sommermärchens sein bis vor kurzem unaufhaltsamer Aufstieg als Funktionär.

Die Nähe zu den Stars war Niersbach immer wichtig

Die Nähe zu den Stars - ob von einst oder von heute - war Niersbach immer wichtig. Noch im Sommer feierte er launig den 25. Jahrestag des WM-Triumphes 1990 mit Beckenbauer, Lothar Matthäus und Co. in Italien. Die aktuellen Helden um Bastian Schweinsteiger und Mesut Özil sah Niersbach irgendwie auch als seine Jungs an. Kritiker bemerkten, dass sich der Ex-DFB-Boss zu sehr in den Mittelpunkt drängte. Im WM-Film „Die Mannschaft“ ist er häufiger zu sehen als tatsächliche Sieggaranten wie Torwart Manuel Neuer.

Für Joachim Löw machte Niersbachs Leidenschaft das Leben oft kommod. Die Vertragsverlängerungen 2013 und 2015 liefen geräuschlos in vertrauter Zusammenarbeit. Ganz anders als unter Theo Zwanziger, der mit seinem Gerede von einer Handschlagverlängerung vor der WM 2010 für die größte Eiszeit zwischen Löw und seinem Arbeitgeber gesorgt hatte.

Im DFB-Präsidium, in dem auch Teammanager Oliver Bierhoff und seit dem Vorjahr Ex-Assistent Hansi Flick vertreten sind, waren Entscheidungen gegen die Interessen der A-Auswahl unter dem Vorsitz von Niersbach undenkbar. Wie sich das Verhältnis nach einer dauerhaften Neuordnung an der DFB-Spitze entwickelt, wird Löw sicher genau beobachten. (dpa)

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