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Bibiana Steinhaus bei ihrem letzten Spiel als Schiedsrichterin im Supercup

© Ndreas Gebert/AFP

Karriereende als Bundesliga-Schiedsrichterin: Der schwierige Weg der Bibiana Steinhaus

Bibiana Steinhaus musste lange dafür kämpfen, ganz nach oben zu kommen. Warum sie nun als Schiedsrichterin aufhört, will sie erst später erklären.

Von Katrin Schulze

Am Ende blieb die Frau, die es mit ihrer Bestimmtheit zu weltweiter Berühmtheit gebracht hat, ziemlich unbestimmt. „Wie viele Menschen in der Zeit der Corona-Situation habe ich manches reflektiert und neu bewertet“, sagte Bibiana Steinhaus. Eine „sorgfältige Abwägung vieler Faktoren“ hätte sie dazu gebraucht, ihre „nationale und internationale Laufbahn als Schiedsrichterin zu beenden“.

Das klingt ein bisschen vage – und so, als ob sie vielleicht doch nicht nur private Gründe zu ihrem Rückzug veranlasst hätten, wie es zunächst hieß. Vor allem aber klingt es auch viel zu bescheiden. Denn in Wahrheit hat Bibiana Steinhaus am Mittwochabend beim Supercup zwischen Borussia Dortmund und dem FC Bayern mit einer einzigartigen Geschichte aufgehört. Der als erster Schiedsrichterin der Fußball-Bundesliga; als Frau in der männerdominierten deutschen Schiedsrichterelite.

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Dass dies im Jahr 2020 immer noch besonders hervorgehoben werden muss, sagt viel über das große Geschäft mit dem kleinen Ball aus. Doch ein Blick auf die Lage der der Ligen zeigt, dass sich daran wohl so schnell nichts ändern wird. Nach Angaben des Deutschen Fußball-Bunds (DFB) sind von aktuell rund 60.000 Referees in Deutschland insgesamt nur gut 2000 Frauen. Von ihnen haben es neben Bibiana Steinhaus nur noch Riem Hussein und Katrin Rafalski annähernd weit geschafft – sie pfeifen immerhin Spiele in der Dritten Liga der Männer.

Wie schwierig es ist, sich hochzukämpfen, durchzusetzen und akzeptiert zu werden, hat Bibiana Steinhaus nie ganz konkret gesagt, aber immer wieder angedeutet. Von einem „großen Durchhaltevermögen und einer hohen Frustrationstolerenz“ war dann die Rede. Tatsächlich musste sie nach einem zunächst rasanten Aufstieg im Gegensatz zu vielen männlichen Kollegen ganze zehn Jahre lang warten, bis sie von der Zweiten Liga bis ganz nach oben befördert wurde – trotz Bestnoten.

Erst der damals neue Schiedsrichterchef Lutz Michael Fröhlich gab ihr vor drei Jahren die Chance. Ihr erstes Spiel im Berliner Olympiastadion glich einer Art Weltsensation. 10. September 2017: Auf einmal berichteten sie überall von einem Spiel zwischen Hertha BSC und Werder Bremen, das sonst ein eher, nun ja, überschaubares Interesse weckt. Alles wegen einer Frau an der Pfeife.

Bibiana Steinhaus hat als erste Schiedsrichterin den Sprung in die Bundesliga der Männer geschafft.
Bibiana Steinhaus hat als erste Schiedsrichterin den Sprung in die Bundesliga der Männer geschafft.

© Soeren Stache/dpa

Und Bibiana Steinhaus? Die blieb einfach cool. So wie in den 23 weiteren Spielen. Großartige Kritik an ihren Leistungen auf dem Platz gab es im Prinzip nie, was in dem Job als fast höchste Form der Anerkennung zu werten ist. Besonnenheit, einen besonderen Überblick und Bestimmtheit haben ihr Spieler und Beobachter attestiert, und vielleicht ist es kein Zufall, dass sie in der Bundesliga nicht eine Rote Karte zeigte.

Unermüdlich wurde sie nach ihrer Rolle als Frau in der Männerwelt gefragt; unermüdlich betonte sie, dass für sie nicht das Geschlecht, sondern einzig die Leistung zählt. „Bibiana Steinhaus hat sich mit ihren Leistungen Respekt und Anerkennung verdient“, sagt Liga-Chef Christian Seifert. DFB-Präsident Fritz Keller würdigt Steinhaus als „herausragende Schiedsrichterin“ und „außergewöhnliche Persönlichkeit“.

Sie schweigt zu den Gründen des Rückzugs

Angesichts von so viel Lob wirkt das lange Zögern des DFB in der Vergangenheit absurd. Doch auch in den zurückliegenden Jahren gab es sie in aller Heimlichkeit noch, die Zweifel an ihren Fähigkeiten. Der Hype um ihre Person soll manch männlichem Kollegen schon mal auf den Zeiger gegangen sein. Andere tuschelten über läuferische Defizite.

Den obligatorischen Lauftest für die Schiedsrichter hat Bibiana Steinhaus nach Informationen des „Kicker“ in dieser Saison noch nicht absolviert und war deshalb in der Liga bisher lediglich als Videoassistentin im Einsatz. Dass sie den Supercup am Mittwoch leiten durfte, war quasi ein Präsent zum Abschied, der viele überrascht hat.

Als Videoassistentin soll Bibiana Steinhaus im Einsatz bleiben.
Als Videoassistentin soll Bibiana Steinhaus im Einsatz bleiben.

© Oliver Berg/dpa

Schließlich ist Bibiana Steinhaus erst 41 Jahre jung und hätte noch sechs Jahre weiterpfeifen dürfen. In der zurückliegenden Saison plagten sie allerdings bereits Verletzungen. Was genau sie jetzt zum Rücktritt bewegte und ob dieser wirklich völlig selbstbestimmt war, ist noch unklar. Auf jeden Fall soll sie weiter als Videoschiedsrichterin arbeiten.

Vom Wunsch nach mehr Privatleben berichtet die „Bild“-Zeitung – Bibiana Steinhaus ist mit dem früheren englischen Schiedsrichter Howard Webb liiert. Sie selbst bleibt im Ungefähren. „Über die Gründe meines Rückzugs werde ich mich zu gegebener Zeit nochmals etwas ausführlicher äußern“, sagt Bibiana Steinhaus. Bestimmt unbestimmt.

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