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Er will die Eisbären sehen. Und das nun schon seit drei Jahrzehnten. Uwe Schumann hat 880 Spiele der Berliner anmoderiert, die 1000 will der 60-Jährige noch vollmachen. Am Freitag hat er gegen Bremerhaven seinen nächsten Auftritt.

© imago/Contrast

Hallensprecher Uwe Schumann ist seit 1991 dabei: Die Stimme der Eisbären Berlin feiert Jubiläum

Seit 30 Jahren moderiert Uwe Schumann die Heimspiele der Eisbären Berlin an. Kaum einer hat den Klub so lange begleitet wie der Lehrer aus Marzahn.

Es sind diese 15 Minuten Auftritt auf dem Eis. Dieses Ehrenamt, das der Lehrer vom Oberstufenzentrum der Oscar-Tietz-Schule in Marzahn liebt, lebt und bei dem er manchmal auch ein wenig leiden muss. Seit 30 Jahren. So lange schon ist Uwe Schumann die Stimme der Eisbären, vor jedem Heimspiel moderiert er mitten auf der Eisfläche stehend an – auch mal im Eisbären-Trikot und noch bevor die Mannschaften das Eis betreten. Aufstellungen ansagen, Fans begrüßen, das „Eisbären-Lied“ ankündigen. „Und dann haben wir noch das“, sagt Schumann immer und atmet durch, innerlich. „Denn Lampenfieber habe ich immer noch. Vor dem Auftritt bin ich nicht ansprechbar, da bin ich im Tunnel.“ Wenn, wie in der Vor-Corona-Zeit, 14 200 Menschen auf einen schauen, ist der Druck da. Er muss reden. Versprecher oder Ausrutscher auf dem Eis seien da nicht angesagt, sagt er.

Wenn der Puck dann durch die Arena fliegt, sitzt Schumann beim Kampfgericht. Macht die Ansagen zum Spiel und das seit langer Zeit betont nüchtern. „Das hat auch eine Geschichte.“ Die Fans seien mal auf ihn zugekommen und hätten gesagt: „Uwe, mach Du deines. Wir machen unseres.“ Er müsse die Zuschauenden nicht zur Welle auffordern. Das könnten die von selbst.

Am 29. September 1991 hielt Schumann erstmals das Mikrofon bei den Eisbären in der Hand, damals spielten die noch in der Zweiten Liga. „Das war ein 4:6 gegen Duisburg“, erinnert er sich. 880 Spiele hat er bis jetzt moderiert, das Heimspiel der Berliner am Freitag gegen die Fischtown Pinguins Bremerhaven (19.30 Uhr, Arena am Ostbahnhof) ist ein weiteres auf dem Weg zu seinem Ziel. „Die 1000 will ich vollmachen“, sagt der Mann mit der klaren Stimme. Anfang des Jahres ist Uwe Schumann 60 geworden.

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Er kam eher zufällig zum Eishockey. Ein Kollege von der Schule hat ihn vor gut 30 Jahren „mitgeschleppt“ zu den Eisbären, die damals noch Dynamo hießen. Die Atmosphäre riss ihn mit. Hanne Frenzel war Stadionsprecher, wollte aber aufhören. Schumann, in der DDR früher schon als Schauspieler bei der Defa und Moderator tätig, bewarb sich daraufhin und wurde nach zwei Testläufen bei Nachwuchsspielen genommen. Seitdem hat er kaum ein Spiel verpasst. Im Berliner Profisport gibt es keinen Sprecher, der länger am Start ist, in der Eishockey-Liga (DEL) liegt er auch weit vorn.

Vor Tausenden Zuschauern steht der Hallensprecher im Fokus - und erlaubt sich am besten keine Versprecher.
Vor Tausenden Zuschauern steht der Hallensprecher im Fokus - und erlaubt sich am besten keine Versprecher.

© imago images/Nordphoto

Es ist eine Geschichte, die ihm Spaß macht und die fordert. Die Urlaube diktiert ihm der Spielplan der Liga. So einfach rausgehen und was sagen, geht nicht. Er muss etwa die Spielernamen des Gegners drauf haben. „Zur Vorbereitung schaue ich mir meistens das letzte Spiel des kommenden Gegners an.“ Wenn er dann noch eine Frage zur Aussprache eines Namens hat, geht er vor dem Spiel zum gegnerischen Mannschaftsbetreuer.

Nur keinen Fehler machen. „Stadionsprecher ist eben so eine Aufgabe, bei der dir selten jemand sagt: Toll gemacht. Aber wehe, du hast einen Fehler gemacht.“ Dabei erlebt er in den Minuten vor dem Spiel schon mal fordernde Situationen. „Ich habe ja einen Knopf im Ohr und da sagt mir die Regie etwa: Überbrücke mal, improvisiere, die Mannschaften sind noch nicht so weit.“ Und dann heißt es für ihn auch: Nur nicht ausrutschen auf dem Eis. „Drei Mal ist mir das passiert“, sagt er. Und dabei solle es auch bleiben.

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Er ist mit den Eisbären gewachsen, hat den Aufstieg im Wellblechpalast und den Umzug in die neue Arena mitgemacht und auch die zurückliegende Geisterspielsaison durchgestanden: „Das war ganz schön komisch, als ich nur 15 Journalisten auf der Pressetribüne vor dem Spiel auffordern konnte, die Arme zu heben.“ Aber es sei wichtig gewesen durchzuhalten und inzwischen kämen die Fans ja wieder. Es könnten mehr sein, in den ersten Spielen nach der Umstellung auf das 2G-Konzept wollten nur jeweils rund 7500 Zuschauende zu den Berlinern, weit weniger als die von früher gewohnten 14.200. „Ich denke einerseits war es bisher unsere Heimschwäche, aber dann auch die Unsicherheit der Menschen. Das Virus schwirrt ja draußen rum, die Zahlen sind nicht schön, meine Schüler testen sich ja auch jeden Tag.“ Er hofft, das bald wieder alte „Normalität“ zurückkehrt.

Ans Aufhören denkt Uwe Schumann noch nicht. Und wenn es irgendwann mal so weit sein sollte? Sein Sohn, 16 Jahre alt, sitzt jetzt auch mit im Kampfgericht. „Vielleicht wird er ja mein Nachfolger“, sagt Uwe Schumann.

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