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Aus der Traum: Sebastian Vettel (Ferrari) rutscht in einer Kurve von der Strecke und muss den Traum von einem Sieg auf dem Hockenheimring begraben.

© Jan Woitas/dpa

Update

Großer Preis von Deutschland: Vettel scheidet aus, Hamilton gewinnt

Sebastian Vettel rast in die Bande, nachdem er in der Führungsposition lag. Weltmeister Lewis Hamilton fährt beim Formel 1-Rennen in Hockenheim zum Sieg.

Von David Joram

Als alles vorüber war, grollte der Himmel. Dicke Regentropfen prasselten über Hockenheim herab, Blitze zuckten, Donnerschläge halten. Es schien, als wolle sogar der liebe Herrgott persönlich seinen Unmut über den Ausgang dieses Großen Preises von Deutschland kundtun: Über jene 52. Runde vor allem, die für den Formel-1-Fahrer Sebastian Vettel so unglückselig verlaufen war.

Beim Sieg seines Titelrivalen Lewis Hamilton, der vor Teamkollege Valtteri Bottas und Kimi Räikönnen (Ferrari) ins Ziel kam, platzten Vettels Träume auf seinen ersten Sieg in Hockenheim jäh. Denn plötzlich hing er ja da, wo ein Auto nie hängen sollte: Rechts draußen im Kiesbett. Seine Loria, der schöne rote Ferrari, war in eine hässliche, gelbe Werbebande gekracht. Auf der Tribüne herrschte Schockstarre, die deutschen Fahnen wurden eingerollt, nur ein paar Mercedes-Fans reckten die Fäuste und jubelten ausgelassen über das Missgeschick.

Vettel fluchte, sagte "Sorry, Jungs", die Hände zu Fäusten geballt, wild auf das Lenkrad einschlagend. Dann stieg er aus seinem Wagen, marschierte schnurstracks ins Ferrari-Haus im Fahrerlager. Was ihn in einer eigentlich übersichtlichen Situation und ohne Gegnerdruck vom Kurs weg- und ins Kiesbett hineingetragen hatte, erklärte Vettel hernach so: "Es war ja relativ unspektakulär. Die Fahrbahn war sehr rutschig, ein kleines bisschen zu spät gebremst, die Hinterräder haben blockiert und dann war es einfach die falsche Stelle. Es war mein Fehler – deshalb Entschuldigung an das Team. Bis zu diesem Punkt lief alles gut. Es ärgert mich extrem, dass es hier war, weil wir auch das Rennen in der Tasche gehabt hätten."

Der letzte Eindruck, den die vielen Ferrarifans vom roten Renner im Kopf behalten werden, ist aber deprimierend: Ein grüner, wuchtiger Traktor schnappte den Ferrari und bugsierte ihn zielsicher von der Strecke. Und der Himmel weinte

Im Qualifying hatte Hamilton das Nachsehen

Dabei schien alles angerichtet für den viermaligen Weltmeister: Als kurz vor dem Start wie üblich die Hymne des Gastgeberlandes ertönte, winkte Sebastian Vettel nochmal kurz Richtung Tribüne, der imposanten Masse entgegen, die haufenweise schwarze, rote und gelbe Pappschilder hochhielt. Regen war nicht in Sicht; stattdessen strahlte die Sonne und die vielen in rot gekleideten Fans schickten eine Welle nach der anderen hin und her. Der Große Preis von Deutschland in Hockenheim, den Vettel noch nie gewonnen hatte, er sollte diesmal zu einem echten Heimspiel für den Ferrari-Piloten werden – am Ende wurde er zum totalen Fiasko.

„Ich glaube, ich habe schon schlimmere Fehler gemacht, was Fahrfehler betrifft. In dem Moment und zu dem Zeitpunkt ist es bitter, aber jetzt ist es so“, urteilte Vettel.

Im Qualifying hatte er sich noch die beste Startposition erfahren, während Hamilton einen Hydraulikdefekt beklagen musste und infolgedessen lediglich Startplatz 14 einnahm. So bestaunten die 70 000 Zuschauer anfangs ein ungewohntes Bild: Lewis Hamilton, der viermalige Weltmeister, parkte seinen Mercedes in der Startaufstellung hinter Marcus Ericsson im Sauber und vor Esteban Ocon im Force India. Zwischen zwei Kollegen also, denen Hamilton sonst höchstens im Fahrerlager direkt begegnet.

Nico Hülkenberg: "Zweiklassengesellschaft"

Nach elf Runden schon war Hamilton dann in bessere Gesellschaft aufgestiegen. Seine softe Reifenmischung trug ihn auch ganz smart an Renault-Pilot Nico Hülkenberg vorbei und auf Platz sechs. Schon im Vorfeld hatte der Deutsche, der am Ende Fünfter wurde, auf dieses Szenario verwiesen. "Gegen die ist sowieso kein Kraut gewachsen, wir haben nun mal die Zwei-Klassen-Gesellschaft." Mit "die" waren Hamilton und Daniel Ricciardo gemeint. Letzterer musste im Red Bull gar von Platz 20 seine Aufholjagd starten, weil ihm seine Mechaniker vor dem Grand Prix einen neuen Motor eingebaut hatten. Hockenheim sei ein guter Kurs zum Überholen, stufte Ricciardo seine Strafversetzung als wenig hinderlich ein. Tatsächlich waren auch nicht die unterlegenen Autos von Lance Stroll, Williams, Brendon Hartley oder Pierre Gasly, beide Toro Rosso Ricciardos große Problem – sondern sein eigenes Geschoss. Nach 29 Runden fuhr er rechts ran, Motorprobleme verhinderten die Weiterfahrt.

Hamilton krönte dagegen seine Aufholjagd. Er profitierte auch vom einsetzenden Regen. Zwar wurde es erst nach dem Rennen richtig heftig, doch die leicht nasse Fahrbahn führte Vettel ins Aus – und Hamilton in Folge dessen zu seinem 44. Sieg im Mercedes. "Ich habe daran geglaubt, auch wenn es natürlich schwer war von der hinteren Position aus. Aber ich habe mir gesagt: Bleib geradlinig, bleibt ruhig", sagte Hamilton. Nun ist er Hockenheims neuer Regenkönig – und Vettel in der WM-Gesamtwertung nur noch auf Platz zwei. 

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