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Neues Gesicht. Ibrahim Maza, 17, hat in dieser Woche seinen ersten Profivertrag bei Hertha BSC unterschrieben.

© IMAGO/Matthias Koch

Gegen Bayern muss Hertha BSC auf die Jugend setzen: Ein erster Ausblick in die Zukunft

Pal Dardai will Hertha BSC nicht nur vor dem Abstieg retten. Er will auch den Nachwuchs fördern. Aber muss das unbedingt im Auswärtsspiel beim FC Bayern München sein?

Nach allem, was über ihn in Erfahrung zu bringen ist, handelt es sich bei Ibrahim Maza um einen äußerst talentierten Fußballer. „Er besticht durch einen richtig guten Torabschluss, eine enge Ballführung und sein Tempodribbling“, sagt Benjamin Weber, der Sportdirektor von Hertha BSC. „Ibo ist einer, auf den wir große Stücke setzen.“

Darüber hinaus ist Ibrahim Maza, obwohl erst 17 Jahre alt, offenbar ein Mensch ohne Angst. In dieser Woche hat er bei Hertha seinen ersten Profivertrag unterschrieben, der im Idealfall bis 2026 läuft. Das ist mutig. Zumindest wenn man Pal Dardai glauben darf, dem neuen Cheftrainer des Berliner Fußball-Bundesligisten. Vor einer Woche hat der Ungar über seinen Klub und Arbeitgeber gesagt: „Hertha ist ein gefährliches Gelände für Jugendspieler geworden.“

Dardai selbst versucht gerade, das Gelände wieder ein bisschen zu befrieden. Als Cheftrainer nimmt er für dieses Vorhaben eine Schlüsselposition ein. Denn Dardai entscheidet nun, wer aus der Akademie den Sprung zu den Profis schafft. Er ist also auch dafür verantwortlich, dass es bald wieder genügend Beispiele in der ersten Mannschaft gibt, denen die Talente aus dem eigenen Nachwuchs im besten Falle nacheifern wollen.

In dieser Hinsicht sah es zuletzt alles andere als gut aus. „Nicht umsonst sind fast alle Jugendspieler weg“, sagt Dardai.

Fast alle ist vielleicht ein bisschen übertrieben. Aber in den vergangenen Jahren gab es tatsächlich einige prominente Abgänge, die den Klub schmerzen. Erst recht, da Hertha in absehbarer Zukunft nicht über die finanziellen Mittel verfügen wird, um teure Stars zu verpflichten.

Jordan Torunarigha, Lazar Samardzic, Luca Netz, die alle den Status der fußballerisch Hochbegabten genossen haben, sind längst für andere Klubs aktiv. In diesem Sommer wird ihnen dann Lucas Ullrich (angeblich zu Borussia Mönchengladbach) folgen.

Bewährungsprobe gegen die Bayern

Der Profifußball ist schon lange ein knallhartes Geschäft. Umso mehr wissen es Fans zu schätzen, wenn sich in ihrem Klub Spieler finden, mit denen sie sich bedingungslos identifizieren können. An jedem Bundesligastandort gibt es daher die Sehnsucht, dass es möglichst viele Talente aus dem eigenen Nachwuchs nach oben schaffen.

Das ist auch bei Hertha so. Wobei sich viele Fans des Klubs in dieser Woche gefragt haben, ob man all diese Talente ausgerechnet im Auswärtsspiel bei Bayern München aufbieten müsse.

Hertha ist ein gefährliches Gelände für Jugendspieler geworden.

Pal Dardai, Cheftrainer von Hertha BSC

In den vergangenen Tagen ist tatsächlich hier und da die Sorge geäußert worden, dass die Berliner, die als Tabellenletzter knietief im Abstiegskampf stecken, an diesem Sonntag (15.30 Uhr, live bei Dazn) mit einer punktuell verstärkten A-Jugend beim deutschen Rekordmeister antreten.

So viel Jugend wie in dieser Trainingswoche war schon lange nicht mehr bei Hertha. Neben Maza und Julian Eitschberger, 19, die schon länger bei den Profis dabei sind, durften auch die Innenverteidiger Peter Matiebel, 18, Pascal Klemens, 19, und Joel da Silva Kiala, 19, vorspielen, dazu die Mittelfeldspieler Veit Stange, 19, und Mesut Kesik, 19.

Die personelle Not bei Hertha ist groß, trotzdem wird die Mannschaft, die Dardai an diesem Sonntag aufbietet, nicht nur aus Teenagern bestehen. Neben Maza, der schon vor einer Woche gegen Werder Bremen im Kader stand, reisen auch Stange und Klemens mit nach München. Für die Startelf sind sie nicht vorgesehen, aber sollten sie gegen die Bayern gebraucht werden, dann hätte Dardai damit „null Probleme“.

Vorstellungsrunde. Peter Matiebel, Veit Stange, Joel da Silva Kiala und Mesut Kesik (von links) durften in dieser Woche bei Herthas Profis vorspielen.

© IMAGO/Matthias Koch

Klemens sei „ein gut ausgebildeter Innenverteidiger“, sagt Herthas Trainer. Schon im Januar war er mit den Profis im Trainingslager in Florida.

Stange hingegen hat erst in dieser Woche seine ersten Erfahrungen auf diesem Niveau gesammelt. Im Training präsentierte er sich furchtlos und erwachsen. „Der Junge ist ein Typ, eine Persönlichkeit“, findet Dardai. „Wenn der Moment kommt, kann es sein, dass ich ihn sofort reinschmeiße.“

Auch Maza hat durchaus Chancen, in München sein Bundesligadebüt zu feiern. Zwar ist Jean-Paul Boetius nach überstandener Verletzung erster Anwärter auf den Platz im zentralen offensiven Mittelfeld. Aber womöglich wird er, zumindest im Laufe des Spiels, als zweiter Sechser für den zuletzt nicht ganz fitten Tolga Cigerci benötigt. Viele andere Möglichkeiten hat Dardai nach den Ausfällen von Stevan Jovetic, Marco Richter und Kevin-Prince Boateng auf der Zehnerposition nicht mehr.

Hertha BSC bekennt sich zum Nachwuchs

„Er kann vielleicht mal einen Moment bekommen“, sagt Sportdirektor Weber zu Mazas kurzfristiger Perspektive bei Herthas Profis. „Aber der Moment muss halt passen.“ Ob das ausgerechnet im Abstiegskampf der Fall ist und dann auch noch bei den Bayern, darüber lässt sich streiten. Aber generell wird dieses Spiel schon eine Vorschau auf das sein, was bei den Berliner künftig wieder öfter zu sehen sein soll.

Hertha bekennt sich zum Nachwuchs. Dafür steht nicht nur Sportdirektor Weber, der viele Jahre die Akademie geleitet hat. Dafür will sich jetzt und in Zukunft vor allem Pal Dardai verwenden. In welcher Position auch immer.

Als der Ungar vor knapp zwei Wochen als neuer Cheftrainer vorgestellt wurde, hat er glaubhaft versichert, dass es ihm bei seiner Mission um mehr gehe als nur den Klassenerhalt. Es gehe auch darum, dass Hertha Hertha bleibt und dafür die Durchlässigkeit der Talente aus dem Nachwuchs zu den Profis weiterhin gewährleistet sei.

Im Sommer, so hat es Dardai verkündet, werde er daher in die Akademie zurückkehren. In welcher Funktion, das ist noch nicht geklärt; dass Dardai sich allerdings damit begnügt, eine von Herthas U-Mannschaften zu trainieren, ist eher zu bezweifeln. Es darf ruhig ein bisschen mehr sein. Benjamin Weber sagt: „Wer Pal kennt, weiß, dass er multifunktional einsetzbar ist.“

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