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Nihad Djedovic (r.) läuft Albas Peyton Siva hinterher. Das soll auch am Sonntag in München möglichst wieder so sein.

© dpa

Gastspiel beim FC Bayern in der BBL: Alba Berlin kümmert sich nur um sich selbst

Es ist fast schon ein Klassiker, wenn Alba Berlin beim FC Bayern in der BBL spielt. In dieser Saison sind beide Teams der Konkurrenz früh enteilt.

Wenn man Aito Garcia Reneses so reden hört, dann kann man schnell den Eindruck bekommen, dass es ihn nicht allzu sehr anficht, wer auch immer da demnächst so als Gegner auf ihn und seine Spieler von Alba Berlin wartet. Das gilt selbst für Bayern München, den aktuellen Deutschen Meister und Dauerrivalen der Berliner, bei dem Alba am Sonntag (15 Uhr/Magentasport) erstmals in dieser Saison zu Gast ist.

Und so steht Reneses unter der Woche im Alba-Trainingszentrum und beantwortet gelassen Fragen zum kommenden Gegner. „In der letzten Saison hatten sie Williams“, erklärt er. Williams, Vorname Derrick, kam vergangene Saison mit viel Tamtam aus der NBA zu den Münchnern und ist der wohl namhafteste Spieler, der bis dahin in der Basketball-Bundesliga (BBL) gespielt hat. „Und wo ist er jetzt?“, fragt Reneses die anwesenden Journalisten um Hilfe. Bei Fenerbahce Istanbul, kommt die Antwort.

„Und jetzt haben sie einen anderen Amerikaner“, fährt Reneses fort. „Wie heißt der?“ Greg Monroe heißt der, kam vor dieser Saison ebenfalls aus der NBA und steht Williams in Sachen Renommee kaum in etwas nach. „Sehr gute Hilfe!“, bedankt sich Reneses für die kleine Gedächtnisstütze. Dann nennt er Nihad Djedovic, Bayerns besten Spieler der vergangenen Play-off-Finalserie: Djokovic.

Mit seinen inzwischen 72 Jahren hat Aito Garcia Reneses so ziemlich alles gesehen, was es im Basketball zu sehen gibt. Er hat verfolgt, wie Spieler, Trainer und Teams kamen und wieder gingen, er hat zahllose Spiele vorbereitet, gecoacht, nachbereitet, und er hat tausende Stunden Videomaterial gesehen. Diesen Mann schockt nichts mehr, Reneses ist über jeden Zweifel erhaben. Und seine Spielphilosophie ist ohnehin eher auf die Stärken des eigenen als auf die Schwächen des anderen Teams ausgelegt. Da muss man auch nicht jeden Spieler des Gegners bis ins letzte Detail kennen. Die Botschaft: Wir konzentrieren uns auf uns selbst.

Das haben auch Reneses‘ Spieler verinnerlicht. „Wir wollen uns nicht zu viel um das andere Team kümmern“, erklärt etwa Luke Sikma. Ein bisschen was kann er aber trotzdem zum kommenden Gegner aus München sagen: „Sie haben ein wirklich gutes Team, sind immer gut gecoacht, haben erfahrene Spieler und spielen hart – deshalb ist es eine schwierige Begegnung.“

In der BBL sind nur München und Berlin noch ungeschlagen

Die Münchner sind neben Alba das einzige Team in der BBL, das bislang noch ungeschlagen ist. Am Sonntag geht es also um die Tabellenführung – und auch um eine „Standortbestimmung“, so hat es zumindest Bayerns Geschäftsführer Marko Pesic in der Münchner „Abendzeitung“ verlauten lassen: „Da müssen wir sehen, wo wir in der Bundesliga stehen, denn Alba spielt momentan sehr gut.“

Vieles läuft auch in dieser Bundesliga-Spielzeit wieder auf einen Zweikampf zwischen den beiden Rivalen hinaus. In der Liga haben sich beide Teams bislang recht souverän schadlos gehalten, obwohl sie die Mehrbelastung durch die Euroleague deutlich spüren. Mögliche Konkurrenten wie Oldenburg oder Ulm sind hingegen schon früh ins Straucheln geraten. Die Bayern wollen das Spiel laut Pesic also sehr ernst nehmen: „Denn ich weiß nicht, gegen wen Alba sonst noch in der BBL verlieren sollte. Da sehe ich eigentlich keinen.“

Dass das jedoch schneller passieren kann, als man glaubt, haben die Münchner in dieser Saison bereits schmerzlich erfahren müssen: Im Pokal-Achtelfinale unterlagen die Bayern in eigener Halle gegen den Ligakonkurrenten aus Bonn und mussten so schon früh in der Saison den ersten Titel abschreiben. Das passte zu Bayerns bislang nicht besonders konstanter Saison, in der es beachtliche Siege wie gegen Real Madrid oder Olimpia Mailand gab, aber auch bittere Pleiten wie die 33-Punkte-Schlappe gegen Baskonia Vitoria-Gasteiz oder eben das Pokal-Aus gegen Bonn.

Vor allem auf der Spielmacherposition fehlt den Münchnern ganz offensichtlich noch ein wenig die Balance. Der erfahrene Stefan Jovic hat Bayern wie auch Center Devin Booker in Richtung Khimki Moskau verlassen, und sein designierter Nachfolger T.J. Bray, der als bester Assistgeber der vergangenen Saison aus Vechta nach München wechselte, fehlt noch bis Ende des Jahres verletzt. Somit hängt in der Offensive vieles am Nationalspieler und gebürtigen Berliner Maodo Lo.

Mindestens vier Duelle gibt es in dieser Saison zwischen Alba und Bayern

Der macht seine Sache bislang ausgesprochen gut, bekommt aber wenig Entlastung von Neuverpflichtung DeMarcus Nelson, dessen Stärken eher in der Defensive liegen. Das macht sich in Bayerns Spielsystem, das enorm auf das Zusammenspiel zwischen Guards und Big Men angelegt ist, deutlich bemerkbar. Die wuchtige Münchner Garde unter dem Korb um NBA-Zugang Monroe, die WM-Teilnehmer Danilo Barthel und Mathias Lessort sowie den ehemaligen Alba-Center Leon Radosevic kriegt zu wenige Bälle ab.

Bei Alba hingegen haben Peyton Siva, Martin Hermannsson und Jonas Mattisseck die Lasten im Aufbau bislang gut verteilt. Mit Lessort und Josh Huestis werden neben Bray zudem zwei weitere Bayern-Neuzugänge verletzt fehlen, bei Alba ist abgesehen vom Langzeitverletzten Stefan Peno nur der Einsatz von Marcus Eriksson fraglich. Ein Vorteil für die Berliner? „Könnte sein“, sagt Luke Sikma. „Aber sie sind natürlich immer noch sehr gut besetzt.“

Mindestens viermal werden sich Alba und Bayern in dieser Saison gegenüberstehen, zweimal in der BBL, zweimal in der Euroleague. Die Herangehensweise wird das jedoch nicht verändern, glaubt Trainer Reneses: „Wenn wir versuchen, mit hundert Prozent zu spielen, ist es nicht besonders wichtig, ob wir in der Euroleague oder in der BBL spielen.“ Und Luke Sikma betont: „Das ist ein Spiel zwischen Rivalen, wir werden also von ganz alleine aufgekratzt sein.“

Die Berliner haben sich deshalb auch keine zusätzliche Hilfe aus Bonn geholt. Bayerns Pokalschreck wird seit Sommer von Thomas Päch trainiert, der in den vergangenen Jahren als Assistent in Albas Trainerstab arbeitete. Eigentlich der perfekte Ansprechpartner für ein paar Tipps also. Aber: „Ich habe ihm nur ein paar Golf-Videos gemailt“, sagt Sikma. „Das war’s.“

Und auch Reneses beließ es bei Gratulationen: „Ich habe ihm gesagt, dass er jedes Jahr in München gewinnt“, erzählt der Trainer. Denn bereits in der vergangenen Saison schlug Päch Bayern auswärts im Pokal, damals noch an der Seite von Reneses. Es war Albas bislang letzter Sieg gegen München.

Leonard Brandbeck

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