zum Hauptinhalt
Eines der 50 Opfer eines Angriffs von islamistischen Terroristen auf Fußballfans in der kenianischen Stadt Mpeketoni wird begraben. Al Schabaab tötete bei dem Angriff nur Männer und ließ Frauen wie Kinder am Leben.

© Reuters

WM-Risiken: Fußball ist für Afrikaner tödlich

Islamistische Extremisten greifen in vielen Ländern Fußballfans an, wenn sie in Restaurants oder auf öffentlichen Plätzen die WM-Spiele sehen. In Afrika ist die Weltmeisterschaft kein Fest.

Für viele Afrikaner ist die Fußball-WM nicht nur sportlich ein Trauerspiel. Sie hat sich für Fußballfans in Afrika als tödlich erwiesen.

Am vergangenen Dienstag haben islamistische Extremisten von der Terrorsekte Boko Haram (übersetzt Westliche Bildung ist Sünde) in Damaturu im Norden Nigerias 20 Menschen getötet, die gemeinsam Fußball geguckt haben. In der Nacht zum Sonntag sind schon vor dem Nigeria-Spiel wieder mehr als 20 Menschen in der Ortschaft Koronginim getötet worden. Das Dorf liegt wenige Kilometer von Chibok im nordöstlichen Bundesstaat Borno entfernt, wo im April knapp 300 Mädchen von Boko Haram aus ihrer Schule entführt worden sind. Die Mädchen sind übrigens trotz einer weltweiten Protestaktion mit dem Twitter-Suchwort #BringBackOurGirls weiterhin verschwunden.

Im Norden Nigerias ist Public Viewing verboten

Im Norden Nigerias sind fast überall öffentliche Fußballübertragungen wegen Sicherheitsbedenken verboten worden. Aber viele Familien haben keinen Fernseher, und wenn sie einen haben, haben sie oft genug keinen Strom, um ihn zu betreiben.
Auch das ist ein Leiden, das die Afrikaner auf dem gesamten Kontinent verbindet: Der Mangel an Strom ist von Südafrika bis Ägypten chronisch. Ghana hat deshalb mit dem Nachbarland Elfenbeinküste einen Vertrag geschlossen, dass während der Ghana-Spiele Strom von dort importiert wird. Die Verantwortlichen in Ghana rechnen mit einem Aufstand, wenn mitten im Spiel der Strom weg bleibt.

In einem kenianischen Küstenort starben 50 Männer

Doch das ist ein kleines Kümmernis im Vergleich zu den Ereignissen vor genau einer Woche in Kenia. Dort haben mit hoher Wahrscheinlichkeit Terroristen der somalischen Islamistenmiliz Al Schabaab im kenianischen Küstenort Mpeketoni 50 Menschen getötet. Viele von ihnen hatten in mehreren Restaurants gemeinsam die Spiele der WM verfolgt. Nur einen Tag später töteten die Angreifer weitere 15 Menschen in einem Nachbarort. Al Schabaab hat sich zu den Terrorakten bekannt, der kenianische Präsident dagegen sieht „lokale politische Netzwerke“ am Werk.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

In Kenia rät der Innenminister nun, die Fußball-WM von zu Hause aus und nicht an öffentlichen Orten zu verfolgen. Eine Zumutung für kenianische Fußballfans, wo das gemeinsame Erlebnis in Kneipen und auf öffentlichen Plätzen schon seit vielen Jahren eine Tradition hat. Kenianische Fans verfolgen jedes Spiel der britischen Premier League mit Enthusiasmus. Sie haben am Samstagabend auch das Spiel Deutschland gegen Ghana leidenschaftlich begleitet. Tausende Kurznachrichten bei Twitter kamen aus Kenia. Bei Twitter mussten sich viele auch über den Spielverlauf informieren, weil vielerorts der Strom ausfiel.

Schon 2006 und 2010 griffen die Islamisten an

Angriffe auf Fußballfans sind in Afrika nichts Neues: 2006 als der Ball in Deutschland rollte, griff Al Schabaab in Somalias Hauptstadt Mogadischu Plätze an, wo Fußballfans ihrer Leidenschaft folgten. 2010 griff wohl ebenfalls Al Schabaab das Public Viewing des Endspiels der WM in Südafrika auf einem Rugby-Feld in der ugandischen Hauptstadt Kampala an.
Fußball ist den Steinzeit-Muslimen von Al Schabaab oder Boko Haram zu westlich, hat zu viel mit Lebensfreude zu tun und ist für viele Afrikaner tatsächlich „Religion“. Die Verbote werden das gemeinsame Fußballgucken sicher nicht verhindern können. Aber es könnte jederzeit wieder tödlich enden.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false