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Fußball-Bundesliga: Hertha BSC und das lange Warten auf ein Tor

© dpa

Fußball-Bundesliga: Hertha BSC und die Furcht vor der schlechten Rückrunde

Seit 394 Minuten hat Hertha BSC kein Tor mehr erzielt. Trainer Pal Dardai will trotzdem nicht, dass seine Spieler ein schlechtes Gewissen haben.

Pal Dardai plädierte öffentlich für den Videobeweis. Als der Trainer von Hertha BSC sich nach dem 0:0 der Berliner im Heimspiel gegen den SC Freiburg der aktuellen Schwäche seiner Mannschaft vor dem gegnerischen Tor widmete, verwies er darauf, dass seine Spieler im Training viele schöne Tore erzielten. „Das kann ich sogar mit Aufnahmen belegen.“ Glaubt einem ja sonst keiner.

Neun Spiele sind in der Fußball-Bundesliga im Jahr 2018 gespielt – in fünf davon blieb Hertha ohne Tor. Das 0:0 gegen den Abstiegskandidaten Freiburg war die vierte Begegnung hintereinander, in dem bei den Berliner vorne die Null stand. Seit dem 2:0 von Salomon Kalou gegen Bayer Leverkusen vor exakt einem Monat ist Dardais Mannschaft in 394 Spielminuten ohne Treffer geblieben. Diese Bilanz ist nicht nur nicht gut, sie drückt inzwischen nachhaltig auf die Stimmung, wie man am Samstagnachmittag im nur halbvollen Olympiastadion deutlich hören konnte. In der Schlussphase wurde jeder Rückpass auf den eigenen Torwart mit wütenden Pfiffen begleitet.

„Mir kommt’s so vor, als ob ich jede Woche das Gleiche erzähle“, sagte Herthas Mittelstürmer Davie Selke, der diesmal zunächst auf der Bank gesessen hatte. „Chancen waren da, was in den letzten Spielen nicht immer der Fall.“ Aber wieder einmal fehlte die Vollendung.

Tatsächlich hatten die Berliner gegen die ausschließlich destruktiven Freiburger eine richtig gute Phase mit fünf, sechs erfolgversprechenden Offensivaktionen. Das lag auch an den personellen Wechseln, die Trainer Dardai vorgenommen hatte. Vedad Ibisevic rückte für Selke in den Sturm. „Er hat sehr gut gespielt“, fand der Ungar. Dazu stand Mitchell Weiser erstmals seit sieben Wochen wieder in der Startelf. „Er hat auf rechts sehr viel Wind gemacht“, fand Dardai. „Wir brauchen Mitch, seine Momente.“ Gerade jetzt, da Hertha die spielerische Leichtigkeit in der Offensive ein wenig abgeht. Vom Schwung der ersten Hälfte war nach der Pause nämlich nichts mehr zu sehen. Gleich zu Beginn der zweiten Halbzeit hatte Ibisevic noch eine Gelegenheit – danach kam 45 Minuten nichts mehr. Die Mannschaft wirkte ausgepowert, nachdem sie in der ersten Hälfte viel Aufwand betrieben hatte.

Trotzdem war Dardai zufrieden mit seiner Mannschaft. „Das Spiel muss man nicht schlecht reden“, sagte er. Sein Team habe „richtig gut gespielt“. Deshalb verstehe er die Diskussion um die mangelnde Torgefahr auch nicht, die langsam ins Alarmistische abdriftet. „Wir können uns nicht leisten, dass die Spieler ein schlechtes Gewissen haben“, warnt Dardai. Hertha habe bisher 30 Tore erzielt, „es gibt Mannschaften, die stehen mit 33 Toren auf einem Champions-League-Platz“.

„Fußball ist so, das muss man akzeptieren“

Dardai ist nicht der Typ der zu Aktionismus neigt, dazu kennt er den Fußball lange genug. Er will auch nicht „irgendwelche Geschichten und Märchen“ erzählen, den lieben Gott oder das Schicksal für die Misere vor dem Tor verantwortlich machen: „Fußball ist so, das muss man akzeptieren.“

Ähnlich fatalistisch verfolgen inzwischen auch viele Fans das aktuelle Geschehen bei Hertha BSC: Is’ halt Rückrunde.

Auf den ersten Blick folgt Herthas Saisonverlauf einem bekannten Muster: vor der Winterpause gut bis exzellent, danach bemitleidenswert schlecht. In den vergangenen beiden Jahren war die Ausbeute in der Rückrunde stets signifikant schlechter als in der Hinrunde. Dardai erkennt dieses Muster in dieser Saison nicht – obwohl Hertha in der Rückrundentabelle mit lediglich acht Punkten auf Platz 14 steht. Vor einem Jahr waren es zum gleichen Zeitpunkt immerhin schon zehn Punkte und vor zwei Jahren sogar dreizehn. Dardai aber verweist lieber darauf, dass die Mannschaft aus den neun Spielen in diesem Jahr nur zwei Punkte weniger geholt hat als aus den gleichen Begegnungen in der Hinrunde. Bliebe es so, käme Hertha am Ende auf 22 Punkte. „Ich würde nicht so negativ sein“, sagt er. „Ich lass’ mir hier nicht alles kaputt machen.“

Dardai weiß nur zu gut, wie schnell sich eine solche Diskussion verselbständigt – und am Ende zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung wird. Dem versucht er entgegenzuwirken. Emotional. Aber auch mit Argumenten. Mit nur sechs Gegentoren stelle sein Team die beste Abwehr der Rückrunde. „Defensiv immer stabil zu stehen ist Arbeit“, sagt Dardai. „Das zeigt den Charakter der Mannschaft.“ Insgesamt habe sich das Team weiterentwickelt, sogar im Vergleich zur Vorrunde, findet der Ungar. „So ein Spiel wie gegen Freiburg hätten wir letztes Jahr verloren.“

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