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Bob Hanning, 53, begann seine Handballkarriere als Trainer beim TV Cronenberg in Essen. Seit 2005 arbeitet er als Manager bei den Füchsen Berlin.

© dpa

„Die Spielergeneration muss jetzt liefern“: Füchse-Manager Bob Hanning im Interview

Füchse-Manager Bob Hanning über den Berliner und den deutschen Handball sowie den eigentlichen Grund für seine schrillen Outfits.

Herr Hanning, die Füchse haben am Sonntag mit dem 30:23 gegen Tusem Essen die erste Partie des Jahres gewonnen. Wie war ihr Eindruck vom Team?

Es war das erwartete Spiel. Es dauerte etwas, bis der Motor warmlief. Man hat gemerkt, dass alle eine Weile raus waren. Das haben wir in der zweiten Halbzeit besser gemacht. Zumal wir mit dem Sieg jetzt auf Platz zwei sind – da bekommt man gleich gute Laune. Im Hinblick auf das, was die nächsten Wochen alles noch kommen wird, war es außerdem gut, dass wir unsere beiden Weltmeister Lasse Andersson und Jacob Holm schonen konnten.

Allein im Februar sind sieben Begegnungen in der Bundesliga und der European League angesetzt. Sehen Sie Ihren Kader für diese enormen Herausforderung gewappnet?

Wir sind top aufgestellt. Seit sechs Jahren haben wir erstmals keine Verletzten und sind, was das Team angeht, sensationell dabei. Die Belastungssteuerung gefällt mir sehr, wenngleich wir jetzt gegen die Großen erst einmal sehen müssen, was wir erreichen können.

Sie haben es angesprochen: Die Füchse sind aktuell Zweiter in der Bundesliga. Für die ausgeschriebenen Ziele Champions League-Qualifikation und Europapokal sieht es also gut aus.

Auf jeden Fall. Unsere Zielsetzung ist immer Europa. Wir wissen natürlich, dass das momentan von so vielen Faktoren abhängt, wie noch nie. Aber ich glaube schon, dass wir sagen können, dass wir auf einem guten Weg sind. Wenn es dann hinterher mehr wird, ist das genauso schön.

Für Sie privat gab es am Dienstag schon einen Grund zu feiern. Sie wurden 53. Wie blicken Sie auf das letzte Jahr zurück?

Gefeiert werden kann ja gerade nicht, von daher war es diesmal etwas ruhiger. Dafür gab es ein Training mit unseren DHB-Nachwuchs-Spielern – das macht mich glücklich. Ansonsten bin ich unglaublich stolz, diesem Verein vorne anstehen zu dürfen und es war für mich wichtig, allen – vor allem den Jugendlichen – Halt zu geben. Wir kommen gerade gut durch diese Situation, wenngleich es außer Frage steht, dass es jeden Tag eine neue Herausforderung ist. Alle auf die ich gebaut habe, tragen ihren Teil bei. Da macht die Krise unglaublich ehrlich und ich bin so glücklich, dass wir in der Krise zusammenhalten. Das ist etwas Großartiges.

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Das ist sehr viel Positives in einer negativ geprägten Zeit.

Ich bin jeden Tag positiv, weil ich unglaublich glücklich bin, das Vertrauen aller Beteiligten zu spüren. Ob meine Gesellschafter, die Sponsoren, die sportliche Führung mit Stefan Kretzschmar und Jaron Siewert, mein Geschäftsstellen-Team, das Sportforum und die Eliteschule - alle sind in der Lösung involviert.

Setzt sich die Freude darüber gegen den Missmut über anstrengende Corona-Debatten durch?

Immer. Zu sagen, wie es nicht geht, ist einfach, aber wir müssen schauen, wie es geht. Kritiker ist für mich ein Beruf für dumme Menschen, wenn man nichts ist, was darüber hinausgeht.

Nun hat die Pandemie jeden vor neue, unbekannte Aufgaben gestellt und durch die noch immer bestehenden Ungewissheiten gibt es sehr viele Meinungen. Das ist nur zu verständlich.

Ja, aber ich möchte für unser Umfeld ein Leuchtturm bleiben und erfreue mich an dem, was wir die letzten 16 Jahre aufgebaut haben. Da bekomme ich ein unglaubliches Vertrauen geschenkt und bin überglücklich, so arbeiten zu dürfen. Auch in der Pandemie.

Trotzdem gibt es nicht immer Verständnis für Ihre Aussagen. Als Sie in Ihrer Funktion als DHB-Vizepräsident an dem 2013 ausgeschriebenen Ziel von Olympia-Gold nach dem durchwachsenen Auftritt der deutschen Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft festgehalten haben, empfanden das manche als zu forsch.

Ich sage immer, dass Druck beflügeln kann. Ich traue der Mannschaft dies absolut zu und die Spielergeneration muss jetzt auch liefern. Mit ist natürlich auch bewusst, dass wir uns erst einmal dafür qualifizieren müssen, das habe ich nie bestritten. Doch wenn wir das geschafft haben und nach Tokio fahren, dann wollen wir es doch auch gewinnen. Der Ansatz ’dabei sein ist alles’ war vielleicht in der Antike korrekt, allerdings wage ich selbst das zu bezweifeln.

Die Qualifikation bestreitet Deutschland im März gegen Algerien, Slowenien und Schweden. Das wird keine leichte Aufgabe.

Wir haben drei Mentalitätsspiele nicht gewonnen und müssen jetzt beweisen, dass wir es können. Und ich bin sicher, dass wir es tun werden.

Olympia ist Ihr letztes Turnier als DHB-Funktionär. Kommt da nach acht Jahren etwas Wehmut auf?

Überhaupt nicht. Ich habe das gemacht, um zu helfen, den Verband zu sanieren und zu verändern. Da wusste ich, worauf ich mich einlasse und dass beim ersten Fehltritt alle Ratten rauskommen. Das haben sie bei Christian Prokop ja auch getan. Nichtsdestotrotz steht der Verband gerade so gut da, wie noch nie. Wir haben gerade eine sportliche Delle, doch wenn wir die korrigiert kriegen, freue ich mich auf das Ende der zwei Amtsperioden und darauf, dass ich mich wieder mehr auf die Füchse und das Private fokussieren kann. Ich denke, das habe ich mir dann auch verdient.

Werden die vollzogenen Reformen Ihrer Meinung nach oft bei der Bewertung Ihrer Person ignoriert?

Daran habe ich mich schon längst gewöhnt. Was die Leute manchmal vergessen, ist, dass wir für Weltmeisterschaften und Olympische Spiele nicht qualifiziert waren und uns an Wildcards erfreuen mussten. Auch erinnere ich mich gerne daran, dass der Verband noch vor sieben Jahren bei Länderspielen Holzbanden an den Rand gestellt hat und das Wort Strukturreform manch einer nicht zu buchstabieren wusste. Dies haben wir ebenso bewegt wie einen Europameistertitel sowie eine Bronzemedaille bei Olympischen Spielen. Heute sind wir ausvermarktet, haben alle großen Turniere der nächsten Jahre nach Deutschland geholt. Meine Kraft und meine Freude hole ich mir durch meine Freunde und nicht über Menschen, die selbst nichts für den Verband geleistet haben. Ich kann damit umgehen, wenngleich manches schon böswillig war.

"In der Sache streite ich mich gerne"

Sie erwecken zum Teil den Eindruck, dass Ihnen die Provokation durchaus gefällt und Sie diese auch gerne für Ihre Zwecke nutzen.

Ich nutze sie für den Zweck des Handballs. In der Sache streite ich mich gerne, nur sollte es nicht persönlich werden. Wenn man aber inhaltlich streitet und dadurch vorankommt, ist das genau meins. Es wird immer Leute geben, die wollen es genau andersrum. Kritik an anderen hat noch keinem die eigene Leistung erspart.

In der Vergangenheit wurde nicht nur Ihr verbales Auftreten kritisiert, sondern gleichermaßen auch Ihre Kleidung und Ihre farbenfrohen Outfits. Steckt hinter den Pullovern eigentlich etwas Kalkül, das über modische Aspekte hinaus geht?

Da geht es natürlich auch etwas darum, den Fokus auf den Handball zu lenken und diesen für eine breite Öffentlichkeit sichtbar zu machen. Und wenn ich mein Buch geschrieben habe, werden noch mehr Menschen den Sport kennen. Das erscheint im November zeitlich passend zu meiner Verabschiedung beim DHB. Inhaltlich wird es da ein bisschen autobiographisch, nimmt aber genauso den DHB, Hamburg, Berlin und die Füchse mit.

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