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Freude aufs Flutlicht. Unions Kapitän Christopher Trimmel (l.) und Marius Bülter.

© Odd Andersen/AFP

Flutlichtspiel gegen Eintracht Frankfurt: Der 1. FC Union steht vor einem heißen Freitagabend

Die Berliner Fußballprofis freuen sich auf ihr erstes Freitagabendspiel in der Bundesliga. Gegner Eintracht Frankfurt steigert die Freude noch.

Von David Joram

Den modernen Fußball liebt der traditionsbewusste Fußballfan in etwa so sehr wie kalte Stadionwurst. Er fühlt sich beraubt: vom Videobeweis, der Emotionen klaut, vom Business-Seat-Inhaber, der den Stehplatz verdrängt, vom Investor, der Heimatgefühle abwürgt. Die Branche erlebt einen Wandel, der auch die Stadien betrifft. Das Waldstadion schimpft sich längst Commerzbank Arena, die SG Eintracht Frankfurt spielt dort.

Allerdings nicht an diesem Freitag (20.30 Uhr, live bei Dazn), wenn die Eintracht beim 1. FC Union Berlin gastiert. Es ist das erste echte Flutlichtspiel für den Aufsteiger in der Ersten Liga – und die Vorfreude darauf ist groß. „Die Stimmung wird bombastisch sein“, sagt Unions Kapitän Christopher Trimmel gar.

Dazu tragen vielleicht auch die vier grazil in den Köpenicker Himmel ragenden Flutlichtmasten bei, denen es im Prinzip so ergeht wie dem Breitmaulnashorn; die Art stirbt aus. Schuld daran, man ahnt es, trägt der moderne Fußball, der sich ganz gern mit modernen Stadien schmückt, die Arenen heißen und ohne Flutlichtmasten auskommen.
Gerade baut beispielsweise der Karlsruher SC sein altes Wildparkstadion in eine Allerweltsarena um. Die vier gigantischen Lichtpfeiler, unter denen Euro-Eddy Schmitt einst vier berauschende Flutlichttore beim 7:0 im Uefa-Cup gegen den FC Valencia schoss, passten da leider nicht ins Konzept.

Dabei gilt Fußball unterm Flutlichtmast als beliebte Angelegenheit. „So ein Freitagabendspiel zuhause hat immer einen eigenen Flair. Das ist Tatsache“, sagt Christopher Trimmel. Der Kapitän des 1. FC Union glaubt, dass es ein bisschen mehr knistern könnte als üblich, zumal Frankfurt „eine geile Mannschaft“ habe mit „sehr, sehr guten Fans“.

Flutlichthimmel über Berlin. Am Freitagabend ist es wieder soweit.
Flutlichthimmel über Berlin. Am Freitagabend ist es wieder soweit.

© Hannibal/dpa

Sein Trainer, Urs Fischer, der vielen eher als Fußball-Arbeiter denn -Romantiker gilt, sagt, er wisse nicht, ob ein Spiel unter Flutlicht seine Mannschaft entscheidend beeinflusse. „Ich glaube, wir sollten auch schon um halb vier bereit sein“, sagt Fischer. Just dies misslang den Berlinern bei Bayer Leverkusen zuletzt allerdings gründlich. „Wir müssen es besser machen als in Leverkusen“, fordert Fischer daher, und natürlich habe man bei diesem Bemühen auch die guten Auftritte unter Flutlicht im Hinterkopf. „Ich hoffe, dass das schlussendlich beflügelt“, sagt Fischer.

Tatsächlich können die Berliner auf ein paar herausragende Momente und Spiele in den Abendstunden verweisen. 3:1 schlugen sie in dieser Saison bei einsetzender Dunkelheit den Vizemeister Borussia Dortmund. Im Relegationsrückspiel gegen Stuttgart beleuchteten über 1400 Lux den Aufstieg in die Erste Liga. Und in der vergangenen Saison gelangen Sebastian Polter und Marcel Hartel unter Flutlicht zwei Tore per Fallrückzieher, die später jeweils zum Tor des Monats gewählt wurden. Die damit verbundenen 2:0-Siege gegen Kiel und Köln waren spezielle Momente auf dem Weg zum Aufstieg.

850 Lux und 76 Leuchten

Gegen Frankfurt hofft der Klub wieder auf eine spezielle Stimmung. Was den Tanz im grellen Scheinwerferlicht ausmacht, beschreibt am besten Unions Stadionsprecher Christian Arbeit. „Der ganze Tag läuft auf das Spiel hinaus und das Flutlicht beleuchtet dann das, was dem Tag einen Sinn gibt. Das Spiel am Abend mit Flutlicht ist der energetische Höhepunkt.“

Die Flutlichtmasten An der Alten Försterei sind vergleichsweise jung. Am 30. November 2000 wurde der erste aufgestellt, „um 15.41 Uhr“, wie aus der Chronik des Klubs hervorgeht. Darin heißt es weiter: „Pünktlich zur Stadionöffnung vor der Landespokal-Partie der Unioner gegen den SV Norden-Nordwest am 12. Dezember 2000 erlebten die 975 Stadionbesucher die Kraft der 850 Lux aus den 76 Leuchten. Die Begegnung endete mit 8:0 Treffern für die Gastgeber und mit dem Einzug in das Achtelfinale.“

Wenige Tage später erlebte die neue Anlage ihren ersten Höhepunkt. Der VfL Bochum, damals Bundesligist, gastierte vor 18.100 Zuschauern im DFB-Pokal-Viertelfinale bei Union. „Da habe ich ein Flutlichtspiel zum ersten Mal so erlebt, wie man sich das vorstellt“, erzählt Arbeit. Mit fünfstelliger Besucherzahl, viel Kampf und einem 1:0-Sieg der Berliner. „Das war ein Moment, der sich mir eingebrannt hat“, sagt Arbeit.

Fischer im Flutlicht. Der Trainer findet, sein Team müsse auch samstags um 15.30 Uhr liefern.
Fischer im Flutlicht. Der Trainer findet, sein Team müsse auch samstags um 15.30 Uhr liefern.

© Jörg Carstensen/dpa

Die Atmosphäre der Berliner beim Gastauftritt in Leverkusen fiel verglichen damit eher behaglich aus. Die Sonne schien, es roch nach Sommerfußball, nicht nach Abstiegskampf. Und so spielten beide Teams auch, was den spielerisch überlegenen Leverkusenern entgegenkam, während Unions körperbetonte Spielweise überhaupt nicht stattfand.

Nun ist der Rahmen ein anderer. Arbeit findet, dass es tatsächlich Unterschiede zwischen Mittags- und Flutlichtspielen gebe. „Dazu kommt mit Eintracht Frankfurt ein Gegner, der für einen lauten Gästeblock sorgt. Das macht so ein Duell dann auch auf den Rängen speziell.“

Unions Stadionsprecher erinnert an das Zweitliga-Heimspiel gegen die Eintracht am 26. März 2012, als der DFB die Frankfurter Fans mit einer Auswärtsblocksperre bestrafen wollte. „Aber Fans beider Seiten haben sich dem widersetzt“, sagt Arbeit. Die Frankfurter hatten sich einfach Karten für andere Blöcke gekauft (Arbeit: „Damals war das noch möglich.“) und wanderten nach 15 Minuten in den Gästebereich ab. „Das war ein archaischer Moment“, sagt Arbeit, „und es war ein Flutlichtspiel“. Nur das Ende erfreute die Berliner kaum, die Gäste siegten 4:0 – trotz Flutlichtatmosphäre.

Der Liveblog zum Spiel des 1. FC Union gegen Eintracht Frankfurt.

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