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Nicht den Kopf hängen lassen. Viele Menschen hörten während des ersten Lockdowns im Frühjahr mit dem Sporttreiben auf.

© imago images/ingimage

Fitness im Lockdown light: „Die Schlafstörungen, das höre ich von fast allen, sind massiv“

Personal-Trainerin Michaela Seidler über die Erfahrungen des Frühjahrs-Lockdowns und den Unterschied zum aktuellen Stillstand.

Während des ersten Lockdowns im Frühjahr hatte der Tagesspiegel in Zusammenarbeit mit den Personal-Trainern Michaela Seidler und Michael Schimmer vom Berliner Owens eine 40-teilige Video-Serie „Fitness leicht gemacht“ ins Leben gerufen. In der haben sie verschiedene Übungen zum Selbermachen in den eigenen vier Wänden erklärt und vorgemacht. Das fand sehr viel Anklang bei unseren Leserinnen und Lesern. Wir fragen nach, was in der Zwischenzeit passiert ist.

Frau Seidler, was ist im zweiten Lockdown anders als im Frühjahr?
Dass wir jetzt nicht mehr kalt erwischt wurden. Im Frühjahr konnten wir uns nicht im Entferntesten vorstellen, dass es überhaupt einen Lockdown gibt. Jetzt war uns das 14 Tage vorher mehr oder weniger klar, dass das so kommen wird. Wir sind zumindest emotional besser darauf vorbereitet.

Worin unterscheiden sich beide Stillstände für Sie und den Kunden? Gibt es rechtliche Unterschiede?
Nicht wirklich. Da ist immer noch eine große Unsicherheit: Was darf man und was nicht? Personal Training oder Individualsport darf ja durchaus stattfinden, aber darf dieser nur in den Privaträumen der Kunden, oder hat an der frischen Luft stattzufinden? Es gibt zwischen den Bundesländern auch unterschiedliche Auslegungen. In Bayern beispielsweise ist es erlaubt, sogenannte Mikrostudios wie EMS-Studios offen zu halten. In Berlin ist das nicht das Fall. Dadurch spielt eine gewisse Unsicherheit mit, gerade für die Kunden.

Wie macht sich das bemerkbar?
Es kam schon vor 14 Tagen zu einer Abschwächung der Kundenfrequenz. Wir haben viele Kunden, die sagen, dass ihnen die rechtliche Lage jetzt zu unsicher ist. Auf der anderen Seite hatten wir unser Konzept in den vergangenen Wochen und Monaten auch etwas umgestellt. Wir machen nur noch ausschließlich Personal Training. Vor daher haben sich die meisten unserer Kunden vor eventuellen Ansteckungen sicher gefühlt. Gerade unsere Senioren, die ja zu den gefährdeten Personen zählen. Wir werden ja regelmäßig getestet.

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Ist die Umstellung hin zum rein personalisierten Training eine gewollte oder gezwungenen Folge des ersten Lockdowns?
Eigentlich eine gewollte, ich nenne es ein Zurück zu den Wurzeln. Ursprünglich wollten wir immer ein klassisches Personal-Training-Studio betreiben. Wir halten persönliche Betreuung für absolut wichtig beim Sport. Gerade für Menschen, die sich mit Sport nicht so auskennen, denn man kann beim Sport sehr viel falsch machen. Weil aber die Nachfrage wuchs, kamen auch mal zwei, drei Kunden gleichzeitig zum Training. Das haben wir umgestellt. Jetzt haben wir ein schönes, leeres Studio – vielleicht ein bisschen zu leer gerade (lacht).

Die Personal-Trainer Michaela Seidler und Michael Schimmer im Fitnesslook.
Die Personal-Trainer Michaela Seidler und Michael Schimmer im Fitnesslook.

© promo

Honorierten die Kunden das in den zurückliegenden Wochen?
Ja, viele Kunden sagten, dass es ihnen das wert sei. Lieber ein wenig mehr zahlen, dafür aber die volle Aufmerksamkeit – und Sicherheit.

Welche Erfahrung aus dem Frühjahrs-Lockdown hilft Ihnen jetzt?
Wir wissen jetzt, dass unsere klassische Kundschaft nicht so sehr ins Internet zu reinen Online-Workout-Plattformen abwandert. Sie schaut sich gern die Serie mit dem Tagesspiegel an und übt damit. Das wollen die meisten jetzt wieder tun. Wir werden aber jetzt nicht ins Digitale abwandern, das ist nicht das, was uns ausmacht und was unsere Kunden wollen. Dann gehen wir lieber zu ihnen nach Hause, wenn sie das möchten.

Wird das angenommen?
Schon, aber das sind vielleicht fünf Prozent der Kunden, also kein Vergleich zum Üblichen und ist mit einem großen Aufwand verbunden.

Wie viele Kunden sind nach dem ersten Lockdown weggeblieben?
Rund ein Drittel, denke ich. Das hat aber nicht nur etwas mit dem Lockdown an sich zu tun gehabt. Es ist doch so, wenn Kunden eine Lücke haben, wie durch einen Urlaub oder eine Krankheit beispielsweise, dann brauchen viele häufig einen Schubs, um wieder anzufangen, um den Sport wieder aufzunehmen. Es ist eben nicht so, dass die Menschen dann einfach wieder auf der Matte stehen. Die rechtliche Unsicherheit spielte natürlich auch eine gewisse Rolle, und, es ist auch eine finanzielle Sache. Es geht ja vielen Menschen finanziell deutlich schlechter. Viele wollen oder müssen ihr Geld zusammenhalten. Es ist also eine Kombination aus mehreren Gründen.

Michaela Seidler, 57, ist Personal Trainerin und betreibt zusammen mit ihrem Partner Michael Schimmer das Fitness-Studio Owens in Berlin seit 2013.
Michaela Seidler, 57, ist Personal Trainerin und betreibt zusammen mit ihrem Partner Michael Schimmer das Fitness-Studio Owens in Berlin seit 2013.

© Promo

Hatte der Frühjahrs-Lockdown irgendeine positive Auswirkung?
Als Team sind wir hier emotional noch einmal näher zusammengerückt. Auch Kunden haben uns unterstützt, die damals einfach mal gesagt haben, wir kaufen Gutscheine, eine Zehnerkarte etwa, obgleich die vielleicht erst in drei Monaten nutzbar war.

Es gab also so etwas wie Solidarität und Akzeptanz?
Ja, in vielen Fällen. Selbst hier im Charlottenburger Kiez gab es von Anwohnern Zuspruch, die gar keine Kunden sind.

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Hatte der erste Lockdown Ihr Studio an die Existenzgrenze gebracht?
Ja. Ohne die erste Förderung, die wir bekommen haben, hätten wir es nicht geschafft. Womöglich werden wir jetzt für diesen November teilweise entschädigt. So ist es geplant. Aber wir können dieses Jahr jetzt schon komplett abhaken.

Das müssen Sie uns erklären.
Für gewöhnlich gehen die meisten Kunden ab Mitte Dezember bis in den Januar hinein selten oder gar nicht zum Sport, weil sie andere Sachen im Kopf haben, wie Weihnachten. Wenn sie kommen, dann um eine Mitgliedschaft abzuschließen oder einen Gutschein als Geschenk zu erwerben, aber sie kommen nicht, um Sport zu treiben. Diese übliche Flaute mussten wir bisher im November erwirtschaften. Das fällt nun aus. Und vermutlich auch noch länger. Auch deswegen wird der zweite Lockdown für uns härter. Zwei, drei kleine Fitnessstudios hier im Kiez haben schon angekündigt, dass sie zum Jahresende ganz dichtmachen.

[Mehr guten Sport aus lokaler Sicht finden Sie – wie auch Politik und Kultur – in unseren Leute-Newslettern aus den zwölf Berliner Bezirken. Hier kostenlos zu bestellen: leute.tagesspiegel.de]

Inwiefern haben Ihre Kunden unter dem Lockdown gelitten?
Sie haben teilweise extrem gelitten. Sie haben gelitten, dass sie nicht zum Sport gehen konnten, dass sie nicht diesen Kontakt hatten. Ganz schlimm traf es die Senioren, sie waren sehr traurig. Vor allem hat sie das mental belastet. Wir dürfen nicht vergessen, dass das damals noch eine freundliche Jahreszeit war, in der die Menschen noch rausgehen konnten, es war lange hell und warm. In der dunklen Jahreszeit dürfte das schlimmer werden, auch weil die Belastung nun schon lange andauert. Ich kenne niemanden in meinem Umfeld, der super gut schlafen würde. Die Schlafstörungen, das höre ich von fast allen, sind massiv. Viele bräuchten gerade jetzt den Sport, oder Yoga, um ins Gleichgewicht zu kommen.

Was können Sie jetzt tun?
Durchhalten und Zuspruch leisten. Wir halten Kontakt zu unseren Kunden, wir suchen das Gespräch mit ihnen, weil es ihnen ein klein wenig hilft.

FITNESS LEICHT GEMACHT - Alle Folgen im Überblick:

Teil 1: So trainieren Sie Laufen von zu Hause
Teil 2: Wie Sie den Bauch richtig trainieren
Teil 3: Eine einfache Übung für den Trizeps
Teil 4: Eine Übung für den Streckmuskel im Rücken
Teil 5: Wie Sie den Oberschenkel geschmeidig machen
Teil 6: Die Übung für den Po – ein Alleskönner
Teil 7: Vom Heben der Hüfte und Schwingen der Beine
Teil 8: Der Rumpf wird gefordert, die Kondition gefördert
Teil 9: So bringen Sie die Taille in Form
Teil 10: Oberschenkel und Po im Gleichgewicht
Teil 11: So bringen Sie Spannung auf die Körperrückseite
Teil 12: Wie Sie mit kleinen Gewichten den Bizeps stärken
Teil 13: So halten Sie Rumpf und Beine in Schuss 
Teil 14: So trainieren Sie Schulter und äußere Armmuskulatur
Teil 15: So bringen Sie Ihren Kreislauf in Schwung
Teil 16: So trainieren Sie den Bizeps
Teil 17: Trainieren, lockern, entspannen – eine Übung für die Schulter
Teil 18: Wie Sie die Ausdauer abwechslungsreich trainieren
Teil 19: Stuhlgymnastik für Arme und Beine
Teil 20: Vom Training der Oberschenkel und Dehnen der Adduktoren
Teil 21: Wie Sie Gymnastik zwischendurch einstreuen können
Teil 22: So trainieren Sie den ganzen Körper
Teil 23: Brustmuskulatur und Dehnen
Teil 24: Wir trainieren die Ausdauer
Teil 25: Wie Sie üben, richtig zu atmen
Teil 26: So trainieren Sie Ihr Gleichgewicht
Teil 27: Übungen für die Bauchmuskulatur
Teil 28: Das Gesäß ist nicht nur zum Sitzen da
Teil 29: Diagonale im Vierfüßlerstand
Teil 30: Liegestütze für Anfänger und Fortgeschrittene
Teil 31: Wie Sie die Oberschenkel stärken und den Rücken entlasten
Teil 32: So bringen Sie den Kreislauf in Schwung – und powern sich aus
Teil 33: So werden Sie auch an Land zum Freischwimmer
Teil 34: So stretchen Sie sich richtig
Teil 35: Zwei Wasserflasche für das Muskeldelta im Rücken
Teil 36: So dehnen Sie Ihren Rücken richtig
Teil 37: So trainieren Sie die Waden und das Gleichgewicht
Teil 38: Wie Sie die Körpermitte stärken
Teil 39: Koordination und Kondition im Zusammenspiel
Teil 40: So bleibt der Po schön fest – oder wird es wieder

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