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Kabinenpredigt? Trainer Jeff Tomlinson (l.) und Manager Peter John Lee stellen sich den Fragen der Journalisten.

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Eisbären Berlin: Mit Härte gegen die Krise

Eisbären-Manager Peter John Lee stellt Chefcoach Jeff Tomlinson nicht in Frage – der Trainer des Tabellenletzten versucht es nun mit neuer Gangart.

Sie schlichen vom Eis, die Profis des deutschen Eishockeymeisters am Dienstagmittag im Sportforum Hohenschönhausen. Nach Krafttraining, langer Trainingseinheit auf dem Eis und nach Sprints auf Kufen. So vielen und schnellen, dass kalte Windstöße auf die betagten Tribünen wegen der massiven Bewegung auf dem Eis wehten. Ratsch, ratsch, ratsch – für die Laufübungen gab es einen Leistungsnachweis, alle Spieler trugen Pulsmesser. Als sein Personal endlich erschöpft zur Kabine wanken durfte, setzte Manager Peter John Lee ein breites Grinsen auf. „Ich sehe nur miesepetrige Gesichter“, sagte Lee „So muss das sein.“ So sollte der Ausdruck der Profis nach den Spielen sein, fand Lee. Schließlich ginge es nicht mehr, das fast alle nur bei „80 Prozent ihres Potenzials“ spielten.

Das ist eine Erkenntnis, die sie bei den Berlinern Verantwortlichen nach dem Sturz auf den letzten Tabellenplatz der Deutschen Eishockey-Liga gewonnen haben. Härte muss rein ins Team, Härte muss auch der Trainer verlangen und zeigen, hat Jeff Tomlinson festgestellt. Kein Wunder, nach nur vier von möglichen 27 Punkten aus den letzten neun Spielen. „Hier passen Kopf und Beine nicht zusammen“, hat der Trainer festgestellt. Und die neue kernige Gangart ist wohl auch Indiz dafür, dass in der bisherigen Saisonarbeit der Eisbären zwischen Team und Trainerpersonal nicht alles gestimmt haben kann.

Ob Härte nun der richtige Weg ist? Co-Trainer Nickel, der das straffe Übungsprogramm am Dienstag von der Tribüne verfolgt, ist sich nicht sicher. Er hat schon viel gesehen in einigen Jahrzehnten Sportforum. „Früher in der DDR hätten sie uns nach so einem Spiel wie am Sonntag gegen Straubing am nächsten Morgen zum Rapport gebeten.“ Und dann hätte es Bleigürtel gegeben für die Spieler, und die wären zackig durch die Gegend gescheucht worden. Bis zum Umfallen. Aber, sagt Nickel, nicht alle Spieler ticken gleich. Bei manchem würde eher die weichere Tour funktionieren.

Lee ist sich sicher, dass es nur so geht, wie Tomlinson das mit neuer Härte versucht. Der Manager hat ein Gespräch mit Klub-Eigner Philip Anschutz hinter sich. Der hat, nachdem er das 2:4 am Sonntag der Eisbären gegen Straubing als Zuschauer ertragen hatte, gefragt, was da eigentlich los sei bei seinen Eisbären. „Die Frage konnte ich ihm beantworten“, sagt Lee. Denn bei der Ursachenforschung der Krise sieht sich der Manager auf dem richtigen Weg. Das ist erstaunlich, wo doch sonst bei den Eisbären vieles in die falsche Richtung läuft. Lee sagt: „Das Hauptproblem ist, dass meine Spieler so eine Situation aus den letzten Jahren nicht kennen.“ Da habe es so gewirkt als sei Siegen ein Selbstläufer. Die Spieler wüssten nicht, wie ihnen geschehe. Tabellenletzter, mein Gott! So ein Absturz! Doch in dieser Situation sei die Kerngruppe seiner Mannschaft viel zu zahm, sagt Lee. Er erwarte da mehr von Profis wie André Rankel, Jens Baxmann oder Florian Busch. „Die haben ja zugehört, wenn früher ein Steve Walker in der Kabine losgelegt hat.“ Eine Mannschaft brauche Wortführer, Spieler, die andere auf ihre Fehler hinweisen. Anders sei Erfolg nicht möglich.

Notfalls müsse der Impuls für das Team von außen kommen, sagt Lee. Also einen erfahrenen Spieler für die Kabinenpredigt holen? Den zurzeit arbeitslosen Marco Sturm, einst Starangreifer aus der National Hockey-League? „Ich habe nur gesagt, dass ich einen wie Marco brauche“, sagt Lee. „Marco ist nicht auf dem Markt.“ Aber der Zeitpunkt einer neuen Verpflichtung rückt wohl näher, wenn es am Freitag im Heimspiel gegen Hamburg da weitergeht, wo die Eisbären am Sonntag gegen Straubing aufgehört haben. Aber daran glaubt Lee nicht.

Mentalitätswechsel ja, Spielerwechsel vielleicht. Trainerwechsel nein. Sagt Lee. Noch? „Wir alle sind hier an der Situation Schuld, nicht der Trainer allein.“ Der Meinung sei im Übrigen auch Anschutz. Der Klubeigner aus Denver habe ihn ja vor seiner Abreise viel gefragt. „Aber den Trainer hat er nicht infrage gestellt.“

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