zum Hauptinhalt
Bernd Bender bietet Zen-Meditation an.

© Mona Alker

Inside out – Japan in Berlin (3): Eine Erfahrung für sich: Zen-Meditation

Nachdem es im Akazienzendo gongt, wird eine Stunde lang meditiert. Das Wichtigste dabei: bequem sitzen. Eine kleine Reportage.

Ohne Pandemie wären unsere elf jungen Journalistinnen und Journalisten der Paralympics Zeitung jetzt eigentlich in Tokio. Von dieser Reise sahen wir zu diesen Spielen ab und sitzen nun in Berlin. Aber sollte es in dieser Stadt nicht auch so etwas wie Japan-Flair geben? Wir haben uns auf die Suche gemacht. Hier unsere SerieInside out – Japan in Berlin. Teil drei: Zen-Meditation im Akazienzendo in Berlin.

Das Bewusstsein betrachten, den Geist mal loslassen, sich selbst neu kennenlernen. Für manch einen mag das arg abstrakt klingen – aber wer sich mit Zen-Meditation identifiziert, kann solche Dinge ganz genau nachfühlen. Es geht darum, den eigenen Körper und Atem zu spüren, den Blick nach innen zu richten.

Bernd Bender bietet mit dem Akazienzendo in Berlin seit neun Jahren eine Anlaufstelle für all diejenigen, die die Zen-Meditation näher kennenlernen möchten. Er trägt ein schwarzes Hemd, eine schwarze Hose, dunkle Hosenträger. Nur sein Rakuso, ein buddhistisches Ordinationsgewand, hebt sich deutlich von seiner Kleidung ab, er trägt es während der gesamten Meditation. Am Eingang des Studios in der zweiten Etage empfängt er seine Gäste ruhig und herzlich, bittet sie in den gemütlich und stylisch eingerichteten Vorraum mit hellem Parkettboden, Barhockern und braunen Ledersofas. Bender ist es wichtig, dass sich jeder willkommen fühlt, egal ob Zazen-Erfahrung vorhanden ist oder nicht, er möchte für jeden da sein.

Am Eingang ziehen Besucher ihre Schuhe aus.
Am Eingang ziehen Besucher ihre Schuhe aus.

© Mona Alker

"Man kann keine Fehler machen"

Am Eingang ziehen die Besucher die Schuhe aus. Wer es etwas traditioneller mag, verneigt sich kurz nach dem Eintreten in den Raum und vor dem Hinsetzen auf die Matte. „Man kann keine Fehler machen“, betont Bender immer wieder. Wer sich nicht verneigen möchte, muss das nicht tun. Wenn die Sitzposition während der Mediation zu anstrengend wird, dürfen sich die Teilnehmer bewegen und die Position wechseln. Auch ob die Augen entspannt geöffnet oder geschlossen sind, entscheiden die Teilnehmer selbst.

Der 63-Jährige zeigt den Meditationsraum, genannt Zendo, und bereitet alles vor. Schwarze, quadratische Kissen liegen auf dem hellen Parkettboden, die Fenster sind weit geöffnet und lassen eine kühle Brise herein. Die Wände sind weiß, „wie eine Leinwand, die man vor sich hat“, sagt Bender. Es gibt Meditationen morgens und abends, Zen-Tage und sogenannte Retreats, die sich über mehrere Tage erstrecken.

Der Meditationsraum im Akazienzendo.
Der Meditationsraum im Akazienzendo.

© Mona Alker

Das Besondere an Zazen ist, dass im Vergleich zu anderen Meditationsformen nicht allein, sondern immer gemeinsam meditiert wird. „Mich inspiriert die Zen-Praxis sehr“, sagt Bender. Vor 35 Jahren hat er damit angefangen. Damals arbeitete er am Theater, und eine Produktion war stark von japanischer Ästhetik beeinflusst. „Das fand ich sehr inspirierend. In Gesprächen habe ich dann das klassische japanische Theater kennengelernt, das auch sehr von Zen geprägt ist.“ 18 Jahre lang lebte Bender in Kalifornien, wo es ein großes Zen-Zentrum in San Francisco gibt. „Das würde ich immer wieder empfehlen.“

Alttagstaugliche Spiritualität

Bender betont, dass Zazen eigentlich sehr formell sei, das aber hier in Berlin nicht immer in dieser Strenge praktiziert werde. „Ich möchte nicht, dass sich die Leute abgeschreckt fühlen und denken, dass sie was falsch machen können“, macht er erneut deutlich. Es gehe um eine alltagstaugliche Spiritualität. „Wir sind mit dem Geist oft in den Vergangenheit, in der Zukunft und haben Tagträume. Das ist okay, aber wir verpassen viel, und hier geht es darum, davon loszulassen und einfach in der unmittelbaren Gegenwart zu sein.“

Das Wichtigste bei der Meditation ist: Bequem sitzen. Bender hat dafür Decken, Kissen und kleine Hocker parat, damit jeder den für sich besten Meditationssitz findet. „Man kann auch auf einem Stuhl sehr gut meditieren“, erklärt Bender. Wichtig ist, sich nicht eine Meditationshaltung zu zwingen, sondern natürlich zu sitzen.

Bei der Zen-Meditation wird mit dem Gesicht zur Wand meditiert.
Bei der Zen-Meditation wird mit dem Gesicht zur Wand meditiert.

© Mona Alker

Meditation im Gehen zwischendurch

Bender eröffnet die Mediation mit einem Räucherstäbchen, dass er aber aus Rücksicht auf mögliche Allergiker aber nicht anzündet. Zielstrebig schreitet er zu einem kleinen Altar, auf dem die Figur Guan-Yin sitzt, der Inbegriff des Mitgefühls. Denn darum geht es bei der Zen-Meditation: Um Mitgefühl und Verbundenheit mit anderen, aber auch mit sich selbst. Es gongt. Bender geht auf die Knie, verneigt sich tief, steht wieder auf. Wieder gongt es, nochmals und nochmals, und jedes Mal verneigt Bender sich. Für ihn ist es ein Zeichen der Achtsamkeit, mit dem er sich ganz in die Zen-Meditation vertiefen kann.

Der Altar mit der goldenen Figur Guan-Yin in der Mitte.
Der Altar mit der goldenen Figur Guan-Yin in der Mitte.

© Mona Alker

Dann geht es wirklich los. Der Raum ist nicht vollkommen still, das dumpfe Murmeln von Gesprächen aus dem belebten Innenhof dringt nach oben, das Zwitschern der Vögel, das Klappern einer Sackkarre. Doch wer in der Zen-Meditation versinkt, hört davon nichts mehr, es gibt nur noch den eigenen Körper, den eigenen Atem, das eigene Sein. Nach 30 Minuten folgt eine 10-minütige Gehmediation, alle Teilnehmer stehen auf, angeleitet durch Benders ruhige Stimme, bewegen sich Schritt für Schritt durch den Raum, ganz langsam, ohne Hektik. Dann nehmen alle nochmal Platz, weitere 25 Minuten dauert die Mediation. Ganz am Ende rezitiert ein Teilnehmer aus dem Online-Kurs das Herz-Sutra, eine buddhistische Weisheit in Sino-Japanisch, die sich ebenfalls mit Mitgefühl beschäftigt und sich vom ‚modernen‘ Japanisch deutlich unterscheidet. Mit ebenso ruhiger Stimme beendet Bender anschließend die Meditation, verabschiedet sich von jedem, bietet anschließend einen persönlichen Austausch an. Denn das ist es ja, was die Zen-Meditation ausmacht: Verbundenheit.

Teil eins: Kalligrafiekurs am Japanisch-Deutschen Zentrum Berlin in Dahlem

Teil zwei: Katzencafé in Neukölln

Dieser Text ist Teil der diesjährigen Paralympics Zeitung. Alle Texte unserer Digitalen Serie finden Sie hier.

Mona Alker

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false