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Sie kennen sich. Johan Koch (l.) und die Füchse verbindet eine Rivalität mit dem SC Magdeburg.

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Eine Chronik der Rivalität: Die Füchse Berlin und der SC Magdeburg sind ziemlich beste Feinde

Ein hitziger Weihnachtsfeiertag, die Rache des Robert Weber und der Berliner EHF-Pokal-Gewinn in Magdeburg: Die Füchse und der SCM mögen sich nicht.

Die Füchse Berlin und den SC Magdeburg – oder besser gesagt: ihre Fans – verbindet seit Jahren eine innige Abneigung. Gemessen an anderen großen Derbys der Handball-Bundesliga, etwa zwischen dem THW Kiel und der SG Flensburg-Handewitt, handelt es sich zwar um eine recht junge, aber eben doch sehr ausgeprägte Rivalität. Am Dienstagabend kommt es im Achtelfinale des DHB-Pokals zu einer Neuauflage (19 Uhr, Max-Schmeling-Halle). Wir erinnern uns an dieser Stelle an vier denkwürdige Begegnungen der jüngeren Vergangenheit.

3. Dezember 2014: Das Ende einer langen, langen Serie

Nirgendwo wird Handball so exzessiv gelebt, geliebt und verteufelt wie in Magdeburg. „Nach einem Sieg kriegst du beim Bäcker Brötchen geschenkt“, hat der ehemalige Magdeburger und künftige Füchse-Sportdirektor Stefan Kretzschmar einmal erzählt. „Nach einer Niederlage kannst du froh sein, wenn du überhaupt was kriegst.“ Am 4. Dezember 2014 dürften die Bäcker der Stadt Spendierhosen getragen haben: Abends zuvor setzt sich der SCM im Verfolgerduell der Handball-Bundesliga mit 30:26 gegen die Füchse durch. Es ist vor allem: ein Duell der isländischen Trainer. Geir Sveinsson, mit 340 Einsätzen Rekordnationalspieler seiner Heimat, gewinnt das Schachspiel an der Taktiktafel gegen Landsmann Dagur Sigurdsson, den späteren Bundestrainer. Gut 6000 Menschen in der ehemaligen Bördelandhalle, die mittlerweile einen Sponsoren-Namen trägt, feiern exzessiv das Ende einer langen, langen Serie, die am Selbstverständnis des stolzen Vereins aus Sachsen-Anhalt genagt hat: Erstmals nach zuvor zehn Bundesliga-Niederlagen in Folge – oder anders ausgedrückt: nach 2101 Tagen – gewinnen die Magdeburger wieder gegen den Lieblingsrivalen aus Berlin.

26. Dezember 2017: Fröhliche Weihnachten!

Seit seinem Wechsel vom SCM zu den Füchsen vor nunmehr zehn Jahren sind Silvio Heinevetters Popularitätswerte in Magdeburg, sagen wir: überschaubar. Am zweiten Weihnachtsfeiertag des Jahres 2017 tut der Torhüter alles Menschenmögliche dafür, dass sie endgültig in den Keller stürzen. Heinevetter macht ein Riesenspiel gegen seinen alten Arbeitgeber, das „beste der letzten Monate“, wie es im Tagesspiegel heißt. Die Verabschiedung des genialen Regisseurs Petar Nenadic, der an diesem Nachmittag zum letzten Mal vor seinem Wechsel nach Veszprem das Füchse-Trikot trägt, gerät komplett zur Nebensache. Am Ende eines Krimis weist die Statistik 15 Paraden für Heinevetter auf, die letzte sichert seinem Team immerhin einen Punkt und bis auf Weiteres Tabellenplatz zwei. Die Uhr ist bereits abgelaufen, als Magdeburgs Rechtsaußen Robert Weber an die Siebenmeterlinie geht, Spielstand 23:23. Weber, einer der besten und trickreichsten Schützen der Liga, holt einmal aus, er holt ein zweites Mal aus – und scheitert an Heinevetter, der direkt Kontakt zum Schützen aufnimmt und ihm ein paar unfreundliche Sachen an den Kopf wirft. Auf dem Feld kommt es zu Tumulten, was für eine Aufregung! In diesem Sinne: Fröhliche Weihnachten allerseits!

7. März 2018: Die Rache des Robert Weber

Neun Wochen sind seit dem Feiertags-Krimi vergangen, aber die Skripte ähneln sich zumindest. Auch an diesem Frühjahrsabend läuft es auf ein altbekanntes Duell hinaus: Silvio Heinevetter gegen Robert Weber, Torhüter gegen Außen. Der Österreicher hat nicht vergessen, dass ihm Heinevetter beim letzten Mal den entscheidenden Siebenmeter abgekauft und ihn anschließend vor 9000 Zuschauern vollgepestet hat. Er rächt sich auf seine Weise: mit einer Mischung aus Entschlossenheit und gnadenloser Effizienz. Beim 30:29-Sieg der Magdeburger gelingen Weber bei 14 Versuchen sensationelle 14 Tore. Der kleine Außenspieler trifft auch aus dem letzten Winkel, Heinevetter sieht keinen Ball – und der SCM zieht ins Pokal-Halbfinale ein. In den Katakomben wird Weber später gefragt, ob die Vorgeschichte mit Heinevetter eine Rolle gespielt habe. „Natürlich nicht!“, sagt er – und grinst wie ein Kind am Weihnachtsmorgen. Magdeburg gewinnt später den Pokal.

20. Mai 2018: Regierungsfragen

Auf dem Papier lautet die Ansetzung im Finale des EHF-Pokals: Füchse Berlin gegen St. Raphael. Tatsächlich hat die Mannschaft von Trainer Velimir Petkovic am Pfingstsonntag des Jahres 2018 deutlich mehr Gegner: nämlich jene 6000 Magdeburger auf den Tribünen, die seine Sieben vom Moment des Einlaufens gnadenlos niederpfeifen. Tags zuvor hat der SCM sein Europapokal-Halbfinale gegen die Franzosen in heimischer Halle verloren, aus dem erwünschten, erhofften und erwarteten Endspiel gegen die Füchse ist nichts geworden. Entsprechend tief sitzt die Enttäuschung, die irgendwann in Unsportlichkeit ausartet. Man sei noch nie so in einer Halle beleidigt worden, erzählen die Füchse-Spieler hinterher. Auf dem Feld zeigen sich die Profis unbeeindruckt, wie auch immer ihnen das gelingt. Mehr noch: Sie stehen erst recht zusammen, zeigen eine wirklich starke Leistung – und gewinnen zum zweiten Mal nach 2015 den EHF-Pokal. Bei der Siegerehrung tragen die Berliner frisch gedruckte T-Shirts, Aufschrift: „Wer regiert hier?“ Eine Anspielung auf einen Fangesang der Magdeburger. Tags zuvor hat bereits die A-Jugend der Füchse die Deutsche Meisterschaft gewonnen – im Endspiel gegen, natürlich: den SC Magdeburg.

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