zum Hauptinhalt
Und nu? Beim 1. FC Union stellt sich die Frage, wie es nach vier Niederlagen in Folge weitergehen soll.

© Matthias Koch

Ein schmerzhafter Spagat: Der 1. FC Union auf der Suche nach der Balance

Der 1. FC Union hat nun vier Plichtspiele in Folge verloren. Von einer Krise möchte Urs Fischer nicht sprechen, allmählich stellt sich aber die Frage, in welche Richtung es in Köpenick in der Saison gehen wird.

Von Sven Fröhlich

Man stelle sich einmal Folgendes vor: In der einen Woche wurde noch dem MET Museum in New York ein Besuch abgestattet, wenige Tage später warten dann wieder die selbstgemalten Bilder der eigenen Kinder am Kühlschrank, die – so heißt es zumindest immer – ja mindestens dieselbe Aufmerksamkeit verdienten. Vielleicht stimmt das aber nicht so ganz. Und vielleicht muss man sich auch eingestehen, dass das eine zumindest unterbewusst mehr Kapazitäten in Anspruch nimmt als das andere. Denn ungefähr so verlief die Woche des 1. FC Union.

Von der spanischen Hauptstadt ging es zurück in die deutsche Hauptstadt und gegen die Hauptstadt der Badewelt Sinsheim – ohne jemanden zu nahe treten zu wollen: Die Voraussetzungen der Gegner gingen doch weit auseinander. Mit 0:2 verlor Union gegen die TSG Hoffenheim und somit das vierte Pflichtspiel in Folge. Seit vier Jahren ist das den Köpenickern nicht mehr passiert.

Urs Fischer zeigte sich sehr genervt

Union-Trainer Urs Fischer wies nach dem Spiel standesgemäß jeglichen Einfluss des Champions-League-Spiels gegen Real Madrid auf das Ergebnis zurück, zeigte sich aber für seine Verhältnisse enorm angefressen. Mit steinerner Miene resümierte er das Geschehen. Mit aufeinander gepressten Lippen, als versuche er, die Contenance zu wahren. „Ich bin im Moment doch ein bisschen angefressen“, murrte er mit dem Subtext der Untertreibung.

Es sei einfach, eine Analyse zu machen: „Erste Hälfte keine Basics, eine Nicht-Leistung. In der zweiten Hälfte war es eine Art und Weise, wie ich mir vorstelle, wie meine Mannschaft auftreten soll.“ Viel mehr wolle er lieber nicht sagen. „Weil meistens sagt man dann irgendetwas Falsches.“

Wenn man von Entwicklung spricht, muss man auch mal zwei Schritte zurück machen, um wieder einen nach vorne gehen zu können.

Urs Fischer, Trainer des 1. FC Union, nach der Niederlage gegen Hoffenheim

Gerade in der ersten Hälfte merkte man Union die Strapazen der zurückliegenden Woche an. Erneut konnte Urs Fischer nicht mit der geplanten Aufstellung in das Spiel gehen, weil Alex Kral kurzfristig ausfiel. Ohnehin ist Union in dieser noch kurzen Saison bereits regelmäßig verletzungsbedingten Dezimierungen ausgesetzt. Seit dem Aufstieg 2019 ächzten die Köpenicker selten unter derart großer personeller Fluktuation.

Wachstumsschmerzen statt Negativtrend

Entsprechende Probleme ergeben sich für die fischerschen Basics. Unter diesen Bedingungen einen Rhythmus zu finden, ist schwierig. Denn Unions Spielidee ist vergleichsweise simpel, dafür müssen aber die viel besprochenen Automatismen stimmen. Dass es aber im Köpenicker Maschinenraum etwas stottert, deutete sich bereits vor dem Spiel an, als die Rasensprenger unkontrolliert auf Kamerateam und Einlaufkinder losgingen. Auf dem Feld erlebte die Heimmannschaft wenig später ein ähnliches Schicksal: vom Regen in die Traufe.

Weil Hoffenheim gut gestaffelt stand, konnten die Außenverteidiger kaum eingebunden werden. Danilho Doekhi und Diogo Leite rückten in der Folge immer wieder wenig erfolgreich ins Kombinationsspiel vor, Kevin Behrens und Sheraldo Becker ließen sich auf die Flügel ziehen, wo sie mit dem Ball wenig anfangen konnten. Union fiel kein Plan B ein.

Erst mit der taktischen Umstellung zur zweiten Halbzeit und der Einwechslung von David Fofana schafften es die Köpenicker, Chancen zu kreieren. „Ich war laut, die Worte kamen an“, sagte Urs Fischer über seine Halbzeitansprache. Da aber auch die Chancenverwertung wie bereits gegen Wolfsburg dürftig ausfiel, sollte trotzdem kein Tor gelingen.

Und dennoch bereite die derzeitige Dynamik Fischer keine Sorgen. „Ich glaube, auch eine solche Phase gilt es auszuhalten“, sagte er. Der Negativtrend klang bei ihm eher nach Wachstumsschmerzen: „Wenn man von Entwicklung spricht, muss man auch mal zwei Schritte zurückmachen, um wieder einen nach vorne gehen zu können.“ Nur muss dieser Schritt nach vorne dann auch gemacht werden.

In der kommenden Woche spielt der 1. FC Union gegen Aufsteiger Heidenheim, darauf folgt Braga in der Champions League. Auch wenn man sich in Köpenick mit Händen und Füßen gegen das Wort Krise wehrt, für den weiteren Saisonverlauf werden die kommenden Spiele richtungsweisend.

Hoffenheim hat einen überzeugenden Saisonstart hingelegt, gegen Heidenheim wird Union aber wieder punkten müssen. Und für ein mögliches Weiterkommen in der Champions League sind es die Partien gegen Braga, die den Ausschlag geben dürften. Bis dahin wird Union ein Mittel finden müssen, um die Balance zwischen den Wettbewerben zu wahren – und die „Basics“ auf den Platz zu bringen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false