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Kämpferherz. Tatjana Maria im Halbfinale gegen Ons Jabeur.

© dpa/John Walton

Update

Drei-Satz-Niederlage gegen Ons Jabeur: Tatjana Maria verpasst Wimbledon-Finale

Das Tennis-Märchen von London ist vorbei. Tatjana Maria kämpft im Halbfinale gegen Ons Jabeur aufopferungsvoll, am Ende aber geht der Deutschen die Kraft aus.

Diesen bisher größten Moment in ihrer Tenniskarriere wollte Ons Jabeur unbedingt mit der Gegnerin teilen. Also animierte sie Tatjana Maria nach dem Matchball sich zusammen mit ihr feiern zu lassen. Die Deutsche machte mit und konnte sogar schon wieder lächeln. Kurz zuvor hatte Jabeur das Halbfinale auf dem Centre Court von Wimbledon 6:2, 3:6 und 6:1 gewonnen.

„Es war wirklich nett von ihr, dass sie mit mir feiern wollte, obwohl es eigentlich ihr Moment war“, sagte Maria. „Wenn man ein Match verliert, dann ist man trotzdem zuerst enttäuscht und denkt darüber nach, was man hätte besser machen können. Aber ich kann trotzdem stolz darauf sein, was ich in zwei Wochen Wimbledon geleistet habe.“

Jabeur steht als erste Afrikanerin in einem Finale bei einem Grand-Slam-Turnier und trifft dort am Samstag auf die Kasachin Jelena Rybakina, die sich im zweiten Halbfinale mit 6:3 und 6:3 gegen Simona Halep aus Rumänien durchsetzte. „Es ist ein Traum, der wahr wird. Viele Jahre der harten Arbeit haben sich ausgezahlt. Ich bin glücklich, dass sich das jetzt geschafft und noch ein Spiel vor mir habe“, sagte die 27 Jahre alte Tunesierin im Interview auf dem Platz. Ihre sieben Jahre ältere Freundin bezeichnete sie als „große Inspiration“ – für sich selbst und viele andere Tennisspielerinnen. „Dieses Comeback mit zwei Kindern, ich kann das immer noch nicht glauben, dass sie das geschafft hat.“

Im 103 Minuten währenden Match war Jabeur von Beginn an am Drücker, das Spiel von Tatjana Maria war lange fehlerbehaftet. Es wirkte so, als müsste sich die Deutsche erst an die Atmosphäre auf dem Centre Court gewöhnen, auf dem sie bei diesem Turnier noch nicht gespielt hatte. Zwar streute Maria ihre typischen Stopps und Slice-Schläge ein, die letzte Konsequenz fehlte allerdings. Trotzdem meinte sie später: „Ich versuche das Positive rauszuziehen und weiter an mich zu glauben. Ich glaube, dass da noch einiges möglich ist.“

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Nach zwei Breaks war der erste Satz eine klare Angelegenheit für die Favoritin, am Ende hieß es 6:2. Danach allerdings wendete sich das Blatt. Wie schon so oft zuvor in den Matches mit Beteiligung von Maria.Die Deutsche wehrte erst Breakchancen zum 1:2 ab, um anschließend selbst der Gegnerin den Aufschlag abzunehmen und auf 4:1 davonzuziehen. Den Vorteil ließ sie sich im weiteren Satzverlauf nicht mehr nehmen und durfte wieder träumen vom großen Finale.

„Körperlich ist sie wirklich ein Monster. Man könnte meinen, sie wird irgendwann müde – aber nein, das wird sie nicht“, lobte Jabeur und fügte lachend hinzu: „Ich liebe es, sie so auf dem Platz zu sehen. Es hat sich nicht angefühlt, als würde ich gegen eine Nummer 103 spielen.“

Im finalen Durchgang schienen Maria die Kräfte dann aber doch zu verlassen. Schnell kassierte sie ein Break zum 0:2, ein weiteres zum 0:4 bedeutete die Vorentscheidung, wenig später war das Match vorbei und der Jubel gehörte Jabeur. „Ich bin eine stolze tunesische Frau, die hier steht. Ich weiß, dass in Tunesien jetzt alle durchdrehen“, sagte sie.

Ähnlich hatte sie sich zuletzt schon in Berlin nach ihrem Turniersieg geäußert, damals war Maria nicht einmal in der Qualifikation dabei. Nun lieferte die Deutsche zumindest bis zum Halbfinale die Geschichte des Turniers. Ihre Matches hatten höchsten Unterhaltungswert, weil sie Schläge, die im Frauentennis sonst Seltenheitswert haben.

Jabeur steht als erste Afrikanerin in einem Grand-Slam-Finale

Maria kommt viel ans Netz, spielt mit enormen Witz und setzt weniger auf Kraft als andere Spielerinnen. Jabeur war letztlich aber doch eine Nummer zu groß, weil sie es schaffte sich auf den Stil der Gegnerin einzustellen. Immer wenn sie dominierte, hatte es Maria schwer. Lediglich im zweiten Satz ließ sich die spätere Siegerin ein bisschen vom Maria-Virus anstecken und war zu verspielt.

Jabeur träumt nun vom ganz großen Coup, Maria reist immerhin mit 622.000 Euro wieder in ihre Wahlheimat Florida. Da es keine Weltranglistenpunkte in Wimbledon gibt, wird sie weiterhin über die Qualifikation in die Hauptfelder müssen. Es sei denn, die Turnierveranstalter erinnern sich an die erfrischende Spielweise der Deutschen und geben ihr Wildcards. Das nächste Wiedersehen mit Freundin Ons wird es aber wohl nicht erst auf dem Tennisplatz geben, sondern beim nächsten gemeinsamen Barbecue. Dann wartet eine besondere Aufgabe auf Tatjana Maria, wie Jabeur ankündigte: „Sie muss für mich grillen, um all mein Gerenne auf dem Platz wieder gutzumachen.“ (Tsp)

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