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Enttäuschter Dominik Albrecht. Seinem Team fehlten zum Einzug ins Halbfinale nur wenige Punkte.

© Mika Volkmann/Imago

Top-Scorer im Sitzvolleyball: Dominik Albrecht bleibt selbstkritisch

Dominik Albrecht erzielte bei den Paralympics in einem Spiel die meisten Punkte. Für sein Team reichte es nur zu Platz sechs. Das soll sich in Paris ändern.

35 Punkte in einem Spiel – das schaffte kein anderer Spieler während des Sitzvolleyballturniers bei den Paralympics in Tokio. Damit ist Dominik Albrecht absoluter Spitzenreiter, zumindest, wenn es nach der offiziellen Statistik geht, die auf der Seite des Olympischen und Paralympischen Komitees zu finden ist. 

„Unser Trainer sieht das etwas kritischer. Wir wissen nicht genau, wie da gezählt wird“, relativiert Albrecht bescheiden. Wichtiger sei sowieso die Quote: „Wenn ich zum Beispiel 60 Bälle zugespielt bekomme und davon 35 mache, dann ist das zwar okay, geht aber auch deutlich besser.“ 

Der 34-Jährige weiß genau, wie er den Ball richtig treffen muss, damit der Gegner keine Chance mehr hat. „Ich muss den Ball am höchsten Punkt vom Zuspiel runterschlagen. Und dann am besten ein bisschen vor mir, weil ich dann sowohl den Ball als auch den Block sehen kann.“ Albrechts Arm ist komplett nach oben ausgestreckt, wenn er den Ball ins gegnerische Feld donnert. Im Gegensatz zu kleineren Spielern sitzt er optimalerweise etwa einen halben bis dreiviertel Meter vom Netz entfernt. Für ihn ergibt sich so der optimale Winkel. Situativ muss der Angreifer entscheiden, wo er hinschlägt: Richtung Grundlinie, weil der Gegner eher am Netz sitzt? Oder hat sich mitten im Feld eine Lücke ergeben? „Wenn ich einen guten Lauf habe, dann leiste ich einfach meinen Beitrag zum Sieg. Und das ist natürlich ein gutes Gefühl“, sagt er. 

Ärger über Spiele gegen Ägypten und China

Auch die anderen Nationen haben natürlich Top-Angreifer. Am bekanntesten ist wohl Morteza Mehrzad, der mit einer Körpergröße von 2,44 Meter für das iranische Sitzvolleyballteam spielt. „Im Iran ist eine hohe Angriffsqualität“, erkennt Albrecht. Grundsätzlich habe man Vorteile, wenn man als Angreifer groß sei. Albrecht selbst ist 2,10 Meter. „Aber das ist nicht alles, einige russische Angreifer sind beispielweise nicht besonders groß, aber trotzdem sehr stark.“ 

Die 35 Punkte sind für Albrecht nur eine Zahl. „Auf der einen Seite ist das natürlich cool und ein interessantes Gefühl, aber realistisch gesehen, empfinde ich ganz anders.“ Albrecht sieht vor allem die eigenen Fehler in den Spielen gegen China und Ägypten. „Das war einfach eine mentale Schwäche, ich war eigentlich gut vorbereitet und körperlich fit.“ Deutschland verlor gegen Ägypten 2:3, beim 1:3 gegen China waren die Sätze denkbar knapp. „Bevor ich sage, die Abwehr oder das Zuspiel war schlecht, muss ich den Fehler klar bei mir suchen.“ 

35 Punkte in einem Spiel? Für Dominik Albrecht (hinten, 2.v.r.) nur eine Zahl.
35 Punkte in einem Spiel? Für Dominik Albrecht (hinten, 2.v.r.) nur eine Zahl.

© imago images/Mika Volkmann

Albrecht ist das erste Mal als Stammspieler und Hauptangreifer bei den Paralympics. „Das war eine interessante Erfahrung, aber ich musste viel Lehrgeld für mich zahlen, und letztendlich auch für die Mannschaft.“ Im Qualifikationsturnier für die Spiele in Duisburg und auch im Spiel gegen den Iran habe er mit seiner Verantwortung noch ganz gut umgehen können. „Da war ich positiv überrascht. Aber im Spiel gegen China lief es dann nicht, dann kamen die Aufschläge nicht an, und das verunsicherte mich im Verlauf unerwartet stark.“

 „Die Mannschaft will Großes“ 

Gegen Ägypten sei der Druck dann unheimlich hoch gewesen. „Wir wollten unbedingt mit Platz fünf abschneiden. Da kam dann auch eine gewisse Unsicherheit dazu, weil wir das Halbfinale so knapp verpasst hatten.“ Deutschland fehlten zum Einzug ins Halbfinale nicht Satz- oder Spielgewinne, sondern nur wenige Punkte. „Da interessiert mich relativ wenig, wie viele Punkte ich gegen Brasilien gemacht habe. Ich freue mich immer unheimlich, wenn ich einen Sieg mit der Mannschaft feiern darf.“ 

Albrecht spielte 2010 erstmals für die Nationalmannschaft, war vorher vier Jahre lang in der Jugendnationalmannschaft dabei. „Es ist natürlich toll, der beste Angreifer eines Turniers bei den Paralympics zu sein, andererseits hat das keine Priorität für mich“, sagt er. Wie auch seine Teamkollegen kann Albrecht sich über Platz sechs nicht wirklich freuen. „Wir hatten uns da mehr vorgenommen.“ 35 Punkte würde er natürlich „gerne nochmal wiederholen, aber dann nicht nur in einem Spiel. Ich hoffe einfach, dass wir als Mannschaft stärker werden und besser abschneiden, das wäre viel wichtiger.“ Die Sommerspiele 2024 in Paris haben die Sitzvolleyballer schon im Blick. „Die Mannschaft will Großes, und dafür werde ich mir mehr denn je den Arsch aufreißen.“

Dieser Text ist Teil der diesjährigen Paralympics Zeitung. Alle Texte unserer Digitalen Serie finden Sie hier.

Mona Alker

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