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Die dänischen Spieler stehen zusammen, während Christian Eriksen auf dem Rasen behandelt wird.

© WOLFGANG RATTAY / various sources / AFP

Kollaps von Dänemarks Christian Eriksen: Die Uefa hätte die Spieler schützen müssen

Die Teams wollten weiterspielen, sagt die Uefa. Doch der Verband hätte den Spielern die Entscheidung abnehmen müssen. Mal wieder fehlt die Empathie. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Julian Graeber

Beim europäischen Fußballverband Uefa haben sie nach all den Skandalen, Irrungen und Wirrungen der jüngeren Vergangenheit eine gewisse Übung darin, die eigene Rolle möglichst positiv darzustellen. Nachdem am Samstagabend der dänische Fußballer Christian Eriksen in einem Gruppenspiel der Europameisterschaft in Kopenhagen auf dem Rasen kollabiert war und wiederbelebt werden musste, klang es fast, als täte die Uefa den Mannschaften aus Dänemark und Finnland in einer schwierigen Zeit einen Gefallen.

„Auf Wunsch der Spieler von beiden Teams hat die Uefa zugestimmt, das Spiel heute Abend um 20.30 Uhr fortzusetzen“, teilte der Verband mit, als klar war, dass Eriksen überleben würde. Doch schon kurz nach dem Abpfiff wurde deutlich, ganz so groß war der Wunsch der Fußballprofis wohl doch nicht. Vielmehr zeigte sich erneut, dass bei der Uefa Menschlichkeit, Empathie und Fingerspitzengefühl nur in homöopathischen Dosen vorhanden sind.

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Nach allem, was bisher bekannt ist, hat sich die dänische Mannschaft tatsächlich dazu entschieden, noch am Samstagabend, nach einer 107-minütigen Unterbrechung, weiterzuspielen. In der Kabine sollen die Spieler ein Videotelefonat mit Eriksen geführt haben, in dem dieser sich für eine Fortsetzung des Spiels ausgesprochen habe. Die wichtige Frage ist jedoch: Sollte man junge Menschen, die gerade noch um das Leben eines Kollegen und Freundes gebangt haben, überhaupt vor eine solche Entscheidung stellen? Natürlich nicht. Nur Stunden zuvor hatten die Dänen mitangesehen, wie Eriksen von den Ärzten auf dem Rasen reanimiert werden musste. Sie standen direkt daneben, umarmten sich und bildeten einen Sichtschutz. Nach solch einem Schockerlebnis auch nur über die Fortsetzung des Spiels nachzudenken, ist absurd und wirft mal wieder kein gutes Licht auf die Uefa. Der Verband hätte die Fußballer schützen und sich mehr um deren psychische Gesundheit als um ihren engen Spielplan sorgen müssen.

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Es ist nicht das erste Mal, dass der Verband derart unsensibel und verantwortungslos handelt. Im April 2017 musste Borussia Dortmund einen Tag nach einem Sprengstoffanschlag auf den voll besetzten Mannschaftsbus ein Champions-League-Spiel bestreiten. Ansonsten wäre die Partie mit 0:3 gewertet worden.

Auch am Samstag in Kopenhagen war die Entscheidung nicht so frei, wie die Uefa das darstellt. „Wir hatten zwei Optionen: Das Spiel fortzusetzen oder morgen um 12 Uhr zu spielen“, sagte Dänemarks Trainer Kasper Hjulmand. „Die Spieler waren sich sicher, heute nicht mehr schlafen zu können. So haben sie beschlossen, es hinter sich zu bringen.“

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So sah es dann auch aus auf dem Rasen. Die Dänen, die das Spiel vor dem Kollaps von Eriksen dominiert hatten, wirkten unkonzentriert, ihr Torwart ließ einen unplatzierten Kopfball passieren, sie verschossen einen Elfmeter und verloren 0:1. Simon Kjaer, mit 32 Jahren einer der erfahrensten Spieler, wurde nach 20 Minuten ausgewechselt, weil er sich nicht mehr zum Fußball spielen in der Lage sah. Kein Wunder.

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