zum Hauptinhalt
Dramatische Niederlage gegen Andy Murray: Philipp Kohlschreiber ist aus den French Open ausgeschieden.

© afp

Niederlage im Marathon-Match gegen Andy Murray: Die Nacht als Kohlschreibers Gegner

Philipp Kohlschreiber scheitert bei den French Open dramatisch an Andy Murray - die Pause über Nacht hatte deutlichen Einfluss auf das Spiel.

Ein Raunen ging durch die dicht gefüllten Ränge des Court Suzanne Lenglen. Philipp Kohlschreiber hatte seinen ersten Aufschlag etwas verzogen. Er atmete tief durch. Jetzt blieb ihm nur noch ein Versuch, um das Aus bei den French Open zu verhindern. Vier intensive Stunden lang hatte er mit Andy Murray bereits gerungen, in einer hochklassigen Partie, die am Vortag begonnen hatte und längst keine normale Partie mehr war. Einen Matchball hatte Kohlschreiber gegen den Schotten schon abgewehrt, der zweite saß ihm nun im Nacken. Kohlschreiber servierte den zweiten Aufschlag, etwas gebremster natürlich. Und Murray prügelte den Return gnadenlos mit voller Wucht an ihm vorbei hinten auf die Grundlinie. Kohlschreiber war chancenlos. Seinen geballten Frust hatte Murray in diesen letzten Schlag gelegt, seine Erleichterung über den hart erkämpften 3:6, 6:3, 6:3, 4:6 und 12:10-Sieg brüllte er nun aus seinem tiefsten Inneren heraus.

Philipp Kohlschreiber senkte enttäuscht den Kopf und trottete zum Netz. Er musste sich ein wenig fühlen, als sei ihm der Bus direkt vor der Nase weggefahren. Der 30 Jahre alte Augsburger hatte gegen den Wimbledonsieger eines seiner besten Matches der letzten Jahre gespielt – und war trotzdem in der dritten Runde ausgeschieden.

Kampf auf Augenhöhe

Doch Kohlschreiber hatte dem Weltranglisten-Achten einen Kampf auf Augenhöhe geboten und einmal mehr untermauert, dass er besonders auf Sand ein Spiel besitzt, mit dem er den Besten der Branche gefährlich werden kann. Und hätte die Partie nicht am Samstagabend um 21.40 Uhr Pariser Ortszeit wegen Dunkelheit beim Stand von 7:7 im fünften Satz unterbrochen werden müssen – vermutlich wäre Kohlschreiber als Sieger vom Platz gegangen. „Es ist jetzt müßig, darüber zu grübeln“, meinte er, „aber gestern Abend war meine Chance auf den Sieg wohl größer.“

Denn Murray quälte sich im fünften Satz mit Krämpfen, ließ sich bei den Seitenwechseln stetig massieren. Erst zum Saisonbeginn war der 27-Jährige nach einer Rückenoperation auf die Tour zurückkehrt, hatte seither noch kein Match über die volle Distanz gespielt. Das Momentum war auf Seiten Kohlschreibers, denn es frustrierte Murray ohnehin, dass er überhaupt in den fünften Satz gehen musste. In jedem Durchgang hatte der Schotte vorne gelegen, aber im ersten machte Kohlschreiber fünf Spiele in Folge und holte sich den ersten Satz noch mit 6:4.

"Die Nacht war nicht wirklich gut"

Den zweiten und dritten Durchgang gewann Murray mit Mühe. Im vierten Satz lag er bereits mit 4:2 vorne und hatte gar die Chance auf die 5:3-Führung. Doch sie gelang Murray nicht. Kohlschreiber zog weiter sein mutiges, unangenehmes Winkelspiel durch und erkämpfte sich mit 6:4 noch den Satz. „Ich fand, der Unterschied zwischen uns war nicht groß“, meinte Kohlschreiber. Mit vier Breaks egalisierten sich die beiden im fünften Durchgang bis zum 7:7 – dann kam die Pause.

„Ich habe noch nie bei so einem heiklen Stand unterbrechen müssen“, sagte Kohlschreiber, „die Nacht war nicht wirklich gut.“ Besser erging es Murray auch nicht. „Ich konnte kaum schlafen und bin ständig aufgewacht“, erzählte dieser: „Ich hätte um 3 Uhr weiterspielen können. Das Adrenalin und die Nervosität hielten mich wach.“ Beide wussten, dass es beim Schlussakkord am Sonntagmittag sofort vorbei sein konnte, fast wie beim Elfmeterschießen. Es dauerte dann aber doch 40 Minuten, bis Murray ins Achtelfinale eingezogen war. Beim Stand von 9:8 hatte Kohlschreiber den ersten Matchball noch nervenstark abgewehrt und musste sich am Ende wenig vorwerfen. Anders als Roger Federer, der im Achtelfinale völlig überraschend gegen den Letten Ernests Gulbis in fünf Sätzen ausschied.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false