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Jubel am Samstag? Die deutsche U 17 trifft dann im Finale der WM auf Frankreich.

© dpa/Achmad Ibrahim

Die U-17-Fußballer im WM-Finale: „Das war eines der Highlights in meinem Leben“

Erstmals seit 38 Jahren steht die deutsche U 17 im WM-Finale. Martin Schneider war 1985 dabei. Er erinnert sich an volle Stadien, seine Begegnung mit Maradona und eine besondere Ehrung.

An diesem Samstag treffen die deutschen Fußballer im Endspiel der U-17-Weltmeisterschaft in Indonesien auf Frankreich (13 Uhr, live bei RTL). Für die Deutschen ist es die erste Finalteilnahme seit 1985, als die Endrunde in China stattfand. Sie gilt heute als die erste U-17-Weltmeisterschaft überhaupt. In Wirklichkeit war sie allerdings eine U-16-WM. Martin Schneider, damals Kapitän der deutschen Mannschaft, erinnert sich.

Herr Schneider, haben Sie in den vergangenen Tagen manchmal mittags vor dem Fernseher gesessen und sich Spiele der U-17-WM in Indonesien angeschaut?
Das Viertelfinale der Deutschen gegen Spanien habe ich fast komplett gesehen und vom Halbfinale gegen Argentinien eine Zusammenfassung.

Welchen Eindruck haben Sie von der deutschen Mannschaft?
Die Spanier waren im Viertelfinale spielerisch besser. Dafür gefallen mir die Deutschen kämpferisch super gut. Man sieht, wie sie sich reinhauen. Man sieht, dass sie einen starken Zusammenhalt haben. Die Tugenden, die man sich auch für die A-Nationalmannschaft wünschen würde, sind auf jeden Fall vorhanden. Was ich bei der WM ein bisschen enttäuschend finde, das ist die Zuschauerzahl.

Das war bei Ihnen, 1985 in China, definitiv anders.
Gegen Nigeria im Endspiel und im Viertelfinale gegen China haben wir vor 80.000 Leuten gespielt. Auch beim Halbfinale, beim 4:3 gegen Brasilien, war es voll. Vor so einer Kulisse hatte ich zuvor noch nie gespielt. Im Spiel selbst denkst du nicht darüber nach. Aber vorher, bei der Anfahrt: wenn du das große Stadion siehst, die ganzen Fahrräder.

Ich bin später Profi geworden, habe 379 Bundesligaspiele bestritten. Und trotzdem war dieses Turnier eines der Highlights in meinem Leben.

Mitte der Achtziger nach China zu reisen war ja auch nicht alltäglich.
Für einen Jugendlichen mit 16 Jahren war das ein Riesenerlebnis. Ich weiß noch, dass wir mit einem Flugzeug geflogen sind, in dem man über eine Wendeltreppe nach oben gelangte und dass dieser Bereich komplett für uns reserviert war. Aus China selbst ist mir ein Ausflug zur Chinesischen Mauer in Erinnerung geblieben. Und das Essen natürlich.

Inwiefern?
Jeden Tag Reis, das warst du von zu Hause ja auch nicht so gewohnt. Manchmal gab es auch so Fischsachen, die ich als Jugendlicher noch nicht so gemocht habe. Das Essen war schon ein wenig exotisch. Aber ich denke, wir sind alle satt geworden.

War es schwierig, so weit und so lange weg zu sein von zu Hause?
Du bist ja abgelenkt. Du spielst eine Weltmeisterschaft, willst weiterkommen, hast Erfolgserlebnisse und bist immer mit deinen Kumpels zusammen. Da hast du kein Heimweh.

Die Tugenden, die man sich auch für die A-Nationalmannschaft wünschen würde, sind auf jeden Fall vorhanden. 

Martin Schneider über die aktuelle deutsche U-17-Nationalmannschaft

Welche Erinnerungen haben Sie noch an das Turnier?
Ich muss ganz ehrlich sagen: Ich habe viel von früher vergessen. Aber in der Vorrunde haben wir gegen Argentinien gespielt, mit Hugo Maradona.

Dem jüngeren Bruder von Diego Maradona.
Genau. Das war natürlich ein Highlight. Wenn ich mich nicht täusche, ging das Spiel 1:1 aus.

Was ist Ihnen vom Endspiel gegen Nigeria haften geblieben?
Dass ich enttäuscht war, weil wir verloren haben. Danach sind natürlich Tränen geflossen. Ich habe auch noch ein Bild, auf dem ich den WM-Pokal hochhalte, mit dem nigerianischen Kapitän und dem Fifa-Präsidenten Joao Havelange. Das ist wahrscheinlich vor dem Finale entstanden. An das Spiel selbst habe ich wenige Erinnerungen. Eigentlich kann ich mich nur noch an das Ergebnis erinnern.

Die Nigerianer waren körperlich total überlegen und einfach schneller als wir. Das war der ausschlaggebende Punkt.

Martin Schneider über das 0:2 im Finale

Die Deutschen haben 0:2 verloren.
Ob wir spielerisch besser waren, weiß ich nicht. Das ist einfach zu lange her. Aber ich weiß, dass die Nigerianer uns körperlich total überlegen waren, die waren auch einfach schneller als wir. Das war der ausschlaggebende Punkt.

Was hat die deutsche Mannschaft ausgezeichnet?
Wir waren kameradschaftlich, auch sehr kämpferisch, eine super Truppe mit sehr guten Spielern. Es ist schade, wie wenig von uns später Profis geworden sind. An Marcel Witeczek erinnere ich mich noch, Detlev Dammeier, Ralf Sturm, aber viele haben nur in der Zweiten Liga gespielt oder den Sprung gar nicht geschafft.

Das muss man sich mal überlegen: die besten Spieler Deutschlands in der U 16, aber über all die Jahre kommen nur so wenige ganz oben an. Schade eigentlich.

Martin Schneider (links) als Bundesligaprofi von Borussia Mönchengladbach im Duell mit dem Kölner Horst Heldt.
Martin Schneider (links) als Bundesligaprofi von Borussia Mönchengladbach im Duell mit dem Kölner Horst Heldt.

© imago images/Dahmen

Marcel Witeczek ist in China mit acht Toren in sechs Spielen Torschützenkönig geworden. Stach er aus der Mannschaft heraus?
Das kann man schon sagen. Ein Torjäger sticht immer heraus – durch seine Tore halt. Marcel war auch schon sehr schnell für sein Alter. Aber ich war damals in der engeren Auswahl für die Auszeichnung zum besten Spieler des Turniers. Die hat dann ein Brasilianer …

… William …
… bekommen. Dafür hat mir unser Trainer Horst Köppel den Pokal für die fairste Mannschaft mitgegeben, den wir gewonnen hatten. Den sogenannten Sport-Billy. Den habe ich heute noch, der steht bei mir zu Hause. Das ist eine super Erinnerung, das größte Erinnerungsstück an meine Jugendzeit.

Haben Sie damals schon im defensiven Mittelfeld gespielt?
Nee, ich war Libero. Da konnte ich viel mit Auge machen. Mein Problem, auch später als Profi, war, dass ich überhaupt nicht torgefährlich war. In 379 Bundesligaspielen habe ich acht oder zehn Tore erzielt. Das ist natürlich eine schlimme Quote.

Aber in der Jugend war ich ein Riesentalent. Ich war schon in der U 15 saustark oder sehr gut. Nur ist die Entwicklung dann nicht mehr sehr viel weitergangen. Anders als zum Beispiel bei Andreas Möller. Der war in der U 15 oder U 16 nie bei der Nationalmannschaft dabei. In der U 18 ist er dann explodiert.

Wie hat Horst Köppel die Mannschaft geführt?
An der lockeren Leine. Das war ein super Trainer. Es gibt ja Trainer, bei denen du immer das Gefühl im Bauch hast: Puh, hoffentlich mache ich jetzt nichts falsch. Das war beim Horst Köppel nie so. Der hat Freude vermittelt, Spaß. Gerade bei so einem Turnier ist das ganz wichtig.

Haben Sie noch Kontakt zu einem Ihrer Mitspieler von damals?
Leider nicht, und das ist sehr schade. Ich würde mir schon wünschen, dass das vielleicht mal einer in die Hand nimmt, damit man sich mal wieder trifft.

Vielleicht zum 40-Jährigen in zwei Jahren.
40 Jahre. Wahnsinn! Eigentlich ein schöner Anlass. Aber wer macht das denn? Ich meine, ich hätte Zeit. Vielleicht überlegt man sich das mal. Aber Kontakt ist eigentlich zu keinem mehr vorhanden. Zu keinem einzigen.

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