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Johannes Voigtmann war in den Testspielen in starker Form.

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Start in die Olympia-Qualifikation: Die deutschen Basketballer sehen das Chaos als Chance

Die deutschen Basketballer haben eine schwierige Vorbereitung mit vielen Nebengeräuschen hinter sich. Doch auch ohne Dennis Schröder heißt das Ziel Tokio.

Viel mehr hätte für den Deutschen Basketball Bund (DBB) wirklich nicht mehr schiefgehen können in den Wochen vor dem entscheidenden Qualifikationsturnier für die Olympischen Spiele in Tokio. Erst wurde bekannt, dass Nationalspieler Paul Zipser von Bayern München wegen einer Gehirnblutung notoperiert werden musste. Dann sorgte die Nominierung von Joshiko Saibou sowie deren schlechte Kommunikation für großen Ärger bei vielen Fans.

Der ehemalige Alba-Profi hatte sich im vergangenen Jahr an Demonstrationen gegen die Corona-Politik beteiligt und sich bis heute nicht deutlich von dort ebenfalls anwesenden Rechtsextremen und Verschwörungstheoretikern distanziert. Auch in der Mannschaft kam Saibous Nominierung nicht durchgängig gut an. „Die Aufarbeitung kann noch nicht vorbei sein und ich hoffe, dass er sich weiter distanziert“, sagte Center Johannes Voigtmann.

Umstrittener Rückkehrer. Die Nominierung von Joshiko Saibou brachte dem DBB viel Kritik ein.

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Als wäre das nicht genug, musste das für vergangenen Donnerstag geplante letzte Testspiel gegen Senegal kurzfristig wegen positiver Corona-Tests beim Gegner abgesagt werden. Und am Freitag kam schließlich auch noch der Ausfall des besten deutschen Basketballers dazu. Spielmacher Dennis Schröder, dessen Vertrag bei den Los Angeles Lakers gerade ausgelaufen ist und der auf einen neuen Millionen-Deal in der NBA hofft, ist aus versicherungstechnischen Gründen nicht dabei.

„Natürlich ist das für uns erst einmal ein Rückschlag. Die Mannschaft hat die Nachricht aber gut aufgenommen, sie wird jetzt noch enger zusammenrücken“, sagte Henrik Rödl zur Absage Schröders. Die Aussage des Bundestrainers taugt aber auch sehr gut als Gesamtfazit der Vorbereitung. Bei so vielen Pleiten, Pech und Pannen musste man fast schon froh sein über die Nachricht, dass die Mannschaft am Freitag unbeschadet im kroatischen Split angekommen ist.

An der Adriaküste kämpfen sechs Mannschaften um ein Olympia-Ticket und die deutschen Chancen auf die erste Qualifikation seit 2008 – damals noch mit Dirk Nowitzki in seinen besten Jahren – sind in den vergangenen Wochen nicht gerade gestiegen. Die Mini-Vorrunde sollte mit Spielen gegen Mexiko am Dienstag und Russland am Donnerstag (jeweils 16.30 Uhr, kostenfrei auf Magentasport) keine große Hürde darstellen, zumal sich die ersten zwei jeder Gruppe für das Halbfinale qualifizieren. Dort oder im Finale dürfte mit Kroatien um NBA-Profi Bojan Bogdanovic allerdings ein sehr ernstzunehmender Gegner mit viel Qualität und Erfahrung warten.

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Im deutschen Team sind mit dem gebürtigen Berliner Moritz Wagner und Isaac Bonga ebenfalls zwei Spieler aus der US-Profiliga dabei, doch die Absagen der erfahrenen Schröder, Maximilian Kleber und Dennis Theis hinterlassen qualitativ zwangsläufig eine Lücke. Allerdings war der letzte Auftritt mit der ersten Garde bei der Weltmeisterschaft 2019 alles andere als gelungen. In China spielte das DBB-Team erschreckend einfallslos und die Offensive bestand weitgehend aus Einzelaktionen Schröders.

Kurzer Besuch bei Bundestrainer Henrik Rödl. Dennis Schröder reiste nach wenigen Tagen wieder ab, weil es zwischen Versicherung, DBB und seinem Management keine Einigung gab.

© Swen Pförtner/dpa

Nun könnte dessen Fehlen auch eine Chance sein für die Mannschaft, um sich von dem Spielmacher zu emanzipieren und die durchaus vorhandene Vielfalt im Kader besser zu nutzen. „Wir müssen es als Kollektiv auffangen“, sagte Maodo Lo in einer virtuellen Medienrunde kurz vor dem Turnier.

Der 28-Jährige von Alba Berlin wird Schröders Position im Spielaufbau gemeinsam mit Bonga übernehmen, ist nach dem Gewinn der Meisterschaft allerdings sehr spät zum Team gestoßen. Wie auch seine Berliner Mannschaftskameraden Niels Giffey und Johannes Thiemann hat er kein einziges Testspiel absolviert. In den zwei Vorrundenpartien geht es neben dem Erreichen des Halbfinals daher auch darum, im laufenden Betrieb den Rhythmus zu finden.

Beim Supercup in Hamburg machte das Team vor anderthalb Wochen bereits einen guten Eindruck und gewann alle drei Spiele, unter anderem gegen Italien. Die Aussagekraft solcher Vorbereitungsturniere ist zwar überschaubar, doch besonders der seit Jahren in der Euroleague aktive Voigtmann zeigte als Center mit der Erlaubnis zur Spielgestaltung sehr gute Ansätze. Seitdem hat Rödl mit seiner Mannschaft im Training viel an der Abstimmung gearbeitet, denn das letzte Mal, dass er ansatzweise seine beste Formation beisammen hatte, ist zwei Jahre her. Doch die äußerst suboptimale Vorbereitung und das Fehlen des designierten Anführers hat dem Optimismus des deutschen Teams nicht nachhaltig geschadet. „Ich denke, dass wir allen Widrigkeiten zum Trotz insgesamt gut vorbereitet sind. Alle sind mit großem Eifer dabei und wollen sich den großen Traum von Olympia erfüllen“, sagte Bundestrainer Rödl der dpa.

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