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Auch Juri Knorr wirkte gegen Frankreich etwas verloren.

© Imago/Newspix

Deutsches Handball-Team: Ein Ausnahmekönner allein kann es nicht richten

Das DHB-Team offenbarte bei der WM gute Ansätze. Für Erfolge bei zukünftigen Turnier braucht es aber mehr Tiefe im Kader.

Es war ein ruhiger Abgang. Ohne viele Worte stiegen die deutschen Handballer am Donnerstagabend in ihren Bus und machten sich auf den Weg zum Hotel. Manch einer telefonierte noch mit der Familie oder mit Freunden, andere suchten die Ruhe. Die Enttäuschung war nach dem Ausscheiden bei der Weltmeisterschaft in Gdansk am Mittwoch verständlicherweise groß – erst recht, weil der Spielverlauf zunächst auf eine große Sensation hoffen ließ.

„Die Mannschaft hat gewaltige Fortschritte gemacht. Deswegen ärgert es mich umso mehr, dass wir das hier nicht besser zu Ende bringen konnten”, sagte ein sichtlich angefasster Bundestrainer Alfred Gislason nach der 28:35-Niederlage gegen Frankreich im Viertelfinale. „Die Jungs haben sich verdient gemacht. Aber bei einer WM muss man auch die letzten 20 Minuten gut spielen.”

Schon im Vorfeld hatte festgestanden, dass es gegen den Olympiasieger ein perfektes Spiel brauchen würde und dass kleine Fehler teuer werden könnten. So kam es dann auch. Als sich Gislasons Sieben nach einer euphorisierenden Anfangsphase mehr und mehr Ungenauigkeiten erlaubte, übernahmen die ruhig abwartenden Franzosen souverän das Spiel.

Bundestrainer Gislason spricht von einem „Lernprozess“

Die DHB-Auswahl schenkte die Partie letztlich selbst her und schied verdient vorzeitig aus dem Turnier aus. Das musste auch der 63 Jahre alte Isländer zugeben, wenngleich ihm die Höhe des Misserfolgs doch etwas aufstieß.

Ob dies dem derzeitigen Leistungsstand entspräche? Mit dieser Frage tat er sich schwer. Er sprach von einem „großen Lernprozess” für seine Spieler, aber auch von Belastungsunterschieden bei einem Turnier, das in puncto Reiseverteilung und Terminplanung sicher besser hätte organisiert werden können.

Was bleibt, ist derweil die Erkenntnis, dass die deutsche Mannschaft mit Juri Knorr einen neuen Hoffnungsträger auf der Mitte vorweisen kann, der mit seinem Spielwitz viele Akzente setzt. Die gesamte Last kann der 22-Jährige allerdings nicht tragen.

Ihm fehlt die Unterstützung im Rückraum. Benötigt wird jemand, der Pausen geben kann und der ihm im Notfall Entscheidungen abnimmt. Diese Rolle konnte weder der erfahrene Kai Häfner einnehmen noch Philipp Weber. Und erst recht nicht die jungen Luca Witzke und Julian Köster.

Für Knorr gibt es keine wirkliche Alternative – ebenso wie für Andreas Wolff im Tor oder Johannes Golla am Kreis. An diesen Stellen fehlt dem Kader die Tiefe.

Wir werden alles da reinwerfen und versuchen, mit dem bestmöglichen Resultat aus diesem Turnier zu gehen.

Bundestrainer Alfred Gislason nach dem WM-Aus

Ebenfalls höher könnte die personelle Dichte in der Defensive sein. Wenngleich sich hier mit Köster immerhin eine Personalie anbietet, die den Mittelblock neben Golla aufwertet und damit die Rücktritte der Kieler Hendrik Pekeler und Patrick Wiencek zwar nicht vergessen macht, aber die Probleme auf schmälert.

Darauf lässt sich aufbauen, besonders im Hinblick auf die Europameisterschaft im eigenen Land im kommenden Jahr. Dann soll es schließlich mindestens für das Finalwochenende reichen.

Die Deutschen reisen zwar nun auch weiter nach Stockholm, spielen dort aber nicht um die Medaillen, sondern um die Plätze fünf bis acht. Es wird keine einfache Aufgabe für das Team, sich nach dem jüngsten Misserfolg noch einmal zu motivieren.

Trotzdem kann sich die Mannschaft am Freitag gegen Ägypten (15.30 Uhr/ARD) für eine Austragung der Olympia-Qualifikationsturniere empfehlen und sich darüber hinaus nach dem historisch schlechten zwölften Platz bei der WM vor zwei Jahren sowie einem siebten Platz bei der EM im vergangenen Jahr auf der Weltrangliste weiter nach oben arbeiten.

„Das ist nicht einfach, jetzt weiterzumachen. Aber wir werden alles da reinwerfen und versuchen, mit dem bestmöglichen Resultat aus diesem Turnier zu gehen”, sagte Gislason. Schließlich möchte er das Turnier in Polen und Schweden nicht komplett enttäuscht beenden.

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