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Joachim Löw bei der Einwechslung von Julian Brandt im Stade de France.

© REUTERS/Charles Platiau

Deutsche Nationalmannschaft: Diese Niederlage ist für Joachim Löw ein kleiner Sieg

Drei Spiele hat der Bundestrainer mit Durchwursteln verschenkt. Ausgerechnet das Frankreich-Spiel zeigt, dass er verstanden hat. Ein Kommentar.

Joachim Löw hat am Dienstag Geschichte geschrieben. Das 1:2 gegen Weltmeister Frankreich war bereits die sechste Niederlage (im elften Spiel) für den Bundestrainer im Jahr 2018. Nie zuvor hat die deutsche Fußball-Nationalmannschaft in einem Jahr so oft verloren. Aber vielleicht hat auch noch nie eine Niederlage so viel Erleichterung ausgelöst wie die gegen Frankreich. Es geht also doch, haben viele gedacht.

Die Nationalmannschaft hat gegen den Weltmeister erfrischend nach vorne gespielt, sie war jung, dynamisch und enthusiastisch – und das alles, weil Löw es wollte, nachdem er zuvor krampfhaft am Althergebrachten festgehalten hatte. Er brauche die Etablierten, hatte er gesagt, nur mit Jungen gehe es nicht.

Man konnte, wenn man es denn will, auch im Spiel in St. Denis Argumente für Löws Haltung erkennen. Ja, der Mannschaft fehlte am Ende gegen die drückende Überlegenheit der Franzosen vielleicht tatsächlich die Gelassenheit des Alters, sie wurde müder und müder, weil sie sich in ihrem Überschwang zu sehr verausgabt hatte – aber wie sollen junge oder jüngere Spieler das rechte Maß lernen, wenn sie kaum spielen und deshalb auch nicht das Vertrauen ihres Trainers spüren?

Bundestrainer läuft keiner Mode hinterher

Löw hat gedacht, nach dem grandiosen Scheitern bei der WM sei er dazu verdammt, Ergebnisse zu liefern. Deshalb hat er sich für einen Neuanfang entschieden, der in Wirklichkeit keiner war. Er hat den alten Kräften vertraut und war zu zaghaft, den immer noch vorhandenen Talenten zu trauen. Erst gegen die Franzosen ist er von dieser starren Haltung abgerückt. Mit der Niederlage hat Löw mehr gewonnen als mit dem 0:0 im Hinspiel gegen den Weltmeister vor einem Monat.

So geht Neuanfang heute. Und es ist fast schon tragisch, dass der Bundestrainer nicht eher darauf gekommen ist, dass er stattdessen mit seiner Durchwurschtelei drei Spiele ungenutzt hat verstreichen lassen. Löw ist schon immer ein sturer Bock gewesen. Er gehört nicht zu denen, die jeder Mode nachlaufen. Taktischen Neuerungen hat er sich oft lang verweigert und gut gemeinte Einflüsterungen von außen fast schon mit Freude hartnäckig ignoriert. Vielleicht kommt seine Volte nun gerade noch rechtzeitig, um das verloren gegangene Vertrauen stückweise zurückzuerlangen. Dafür aber muss Löw zeigen, dass er es mit der Erneuerung wirklich ernst meint.

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