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Auch die Leistungen von VfL-Verteidiger Naldo hat sich nach anfänglichen Problemen in Wolfsburg stabilisiert.

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Marcel Reifs Kolumne: Der VfL Wolfsburg stabilisiert sich

Es gibt Klubs, die vor lauter Tradition fast ersticken - und es gibt den VfL Wolfsburg. Mittlerweile versucht der Werksverein aber nicht mehr, den Erfolg blind zu erkaufen. Unser Kolumnist Marcel Reif lobt die neue Bescheidenheit.

Tradition. Es gibt Klubs, die vor lauter Tradition fast ersticken, der 1. FC Köln war mal so ein Klub, der Hamburger SV ist so einer, Schalke und Dortmund hatten Zeiten, in denen sie fast geplatzt wären vor lauter Tradition. Man kann dem VfL Wolfsburg gewiss eine Menge vorwerfen, nicht jedoch, dass sie dort irgendeiner Tradition hinterherlaufen. Sie haben einfach keine. Was sie nicht daran gehindert hat, auch mal Meister zu werden. Doch zu welchem Preis? Meistermacher Felix Magath presste wohl alles aus dem Klub heraus, und als er ging, ließ er etwas zurück, für das die Bezeichnung Trümmerhaufen noch euphemistisch ist.

Das ist mit Sicherheit nicht das, was sich der Konzern unter der Sache vorgestellt hat. VW geht auf dem Zahnfleisch? Es hat dann noch drei Trainer und eines fulminanten Sportdirektors bedurft, bis der Klubherr anfing umzudenken, und die ganz großen Ansprüche hintan stellte. Es besteht kein Zweifel, vom Potenzial, von schier unbegrenzten finanziellen Möglichkeiten, gehört der VfL Wolfsburg in die Gruppe der obersten drei. Und gegen einen davon haben sie auch gestern gespielt. Ziemlich gut sogar.

Was auch nicht durch den Umstand zu schmälern ist, dass sich die Bayern lange umständlich anstellten. Sie machen jetzt in Wolfsburg auf solide. Sie wissen jetzt, dass sie dem FC Bayern höchstens mal in einem Spiel Paroli bieten können und messen sich nicht mehr an ihm. Und siehe da, der VfL Wolfsburg stabilisiert sich.

Trainer Dieter Hecking ist keiner, der die Medien allzu sehr beschäftigt. Er arbeitet einfach, ernsthaft, solide. Und Klaus Allofs ist auch angekommen. Der, der jahrelang das beste Händchen der Liga hatte, und der, als es ihm abhanden kam, anderswo anheuerte, mit besonderer Beachtung der Heuer. Vielleicht war auch er eine Zeit lang dem Irrglauben aufgesessen, dass das VW-Vermögen auch im Fußball einen Selbstläufer ermöglicht. Sie haben erkannt, dass es das nicht tut. Nun ist ein Platz im Mittelfeld nicht das, was sich der Konzern vorstellt, aber er markiert den zweiten Schritt nach dem ersten. Die Niederlage in München muss Wolfsburg nicht grämen, alles andere wäre eine Sensation gewesen und in Hinsicht auf Nachhaltigkeit nicht der Rede wert. Und, wer weiß, vielleicht wird später mal in den Annalen zu lesen sein, dass sich der VfL in dieser Phase Tradition erarbeitet hat.

Marcel Reif ist Sky-Chefkommentator.

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