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Festgerannt. Jaleen Smith (Mitte) ist sportlich noch nicht richtig angekommen bei Alba Berlin. Im Auftaktspiel gegen Bonn blieb er ohne Punkte und sehr unauffällig. Hier begeht er ein Offensivfoul gegen Tim Hasbargen (links).

© imago images/camera4+

Der MVP hat Anlaufschwierigkeiten bei Alba Berlin: Aller Anfang ist schwer für Jaleen Smith

Jaleen Smith kam als wertvollster Spieler der BBL-Saison nach Berlin. Bei Alba tut sich der US-Guard aber noch schwer – wie auch null Punkte gegen Bonn zeigen.

Die Qualitäten von Jaleen Smith stehen außer Frage. Innerhalb von vier Jahren hat sich der Texaner von einem Rollenspieler in der zweitklassigen Pro A zum wertvollsten Spieler der Basketball-Bundesliga entwickelt. „Er ist ein großartiger Spieler, jeder weiß das“, sagt Alba Berlins neuer Cheftrainer Israel Gonzalez über den 26 Jahre alten Guard. Ebenso offensichtlich wie Smiths Potenzial sind aktuell aber auch seine Anlaufschwierigkeiten in Berlin. Im Sommer ist er von den Riesen Ludwigsburg zu Alba gewechselt. Der MVP kommt zum Meister, das weckt große Erwartungen. Ein Debüt mit null Punkten, zwei Rebounds, zwei Assists und nur elf Minuten Spielzeit lässt da aufhorchen. Das letzte Spiel, in dem Smith ohne erfolgreichen Wurf blieb, liegt fast zwei Jahre zurück.

Die Niederlage gegen Bonn im Eröffnungsspiel der neuen BBL-Saison am vergangenen Donnerstag hat dabei jedoch nur die Eindrücke aus den Vorbereitungsspielen bestätigt: Smith tut sich mit dem deutlich anderen Anforderungsprofil bei Alba noch schwer. Seine Wurfquoten sind niedrig, sein Einfluss auf das Spiel gering. „Unser Stil ist etwas anders als in Ludwigsburg. Er braucht Zeit, um sich anzupassen“, sagt Gonzalez. In Ludwigsburg hatte Smith den Ball in der vergangenen Saison in fast jedem Angriff in den Händen, suchte viele Abschlüsse und lenkte das Spiel in all seinen Facetten. Bei Alba ist eine solche Rolle gar nicht vorgesehen, im Mittelpunkt stehen Ballbewegung und Vielseitigkeit.

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Die kurze Vorbereitung mit einigen Verletzungssorgen war für das gesamte Alba-Team schwierig, insbesondere jedoch für die Neuen, die das System und die Mitspieler erst kennenlernen müssen. „Man sieht gerade bei den neuen Spielern, wie abhängig sie von guten Aktionen sind“, sagt Manager Marco Baldi. „Wenn sie eine gute Aktion haben, spürt man sofort, wie sie reinkommen, wenn sie eine schlechte Aktion haben, fangen sie sofort wieder an zu grübeln.“

Zumal auch die verletzungsbedingte Abwesenheit der Center die Eingewöhnung erschwert. In Ludwigsburg war das Pick and Roll einer der Lieblingsspielzüge von Smith. Ohne große Spieler ist diese Aktion aber deutlich ineffektiver. Zumal die Gegner weit entfernt vom Korb deutlich intensiver verteidigen können, wenn sie wissen, dass in der Zone kein Christ Koumadje oder Johannes Thiemann lauert. „Als neuer Spieler musst du dich sowieso an viele neue Dinge gewöhnen und gleichzeitig ist das, was normalerweise noch an Bewegungen und Länge vorhanden ist, nicht da“, sagt Marco Baldi und fordert Geduld. „Das wird noch dauern.“

Viele Guards brauchten mehr Zeit zur Eingewöhnung

Mit Ben Lammers ist gegen Bonn immerhin ein Center zurückgekehrt und wird seine Einsatzzeiten nun Stück für Stück steigern. Das dürfte auch Smith helfen, denn Lammers ist als Blocksteller sowohl mit dem Zug zum Korb als auch mit dem Sprungwurf gefährlich und könnte dem Guard Räume öffnen. Das bisherige Fehlen der Center ist aber nur ein Teil der Erklärung für Smiths Schwierigkeiten.

Der Hauptgrund dürfte schlicht im sehr speziellen Stil von Alba liegen. Die Berliner spielen sehr viel freier als die meisten anderen Mannschaften, setzen auf Improvisation, das Lesen von Situationen und eigenständige Entscheidungsfindung. Haben erst mal alle Spieler diese Prinzipien verinnerlicht, ist es eine basketballerische Augenweide. Ist dies noch nicht der Fall, resultieren daraus oft Missverständnisse und eine gewisse Konfusion. So wie am Donnerstag gegen Bonn, als Alba in den letzten zwei Minuten kaum einen klaren Wurf zustande brachte.

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Smith ist dabei nicht der erste Guard, der sich bei Alba in der Anfangszeit schwertut. Auch sein Kollege Tamir Blatt, der im Sommer von Hapoel Jerusalem nach Berlin gekommen ist, scheint noch keine Bindung zu seinen Mitspielern gefunden zu haben. Der deutsche Nationalspieler Maodo Lo brauchte in der vergangenen Saison – erschwert durch seine Corona-Infektion – Monate, bis er sich im neuen System wirklich wohl fühlte. Und der Isländer Martin Hermannsson, der zwischen 2018 und 2020 für Alba spielte und seitdem bei Valencia aktiv ist, startete wie Smith mit null Punkten.

Für Smith und das gesamte Berliner Team gilt es nun, durch die folgenden Spiele in einen Rhythmus zu finden. Die nächste Gelegenheit bietet sich bereits am Dienstag (19 Uhr, Magentasport), wenn es in der Arena am Ostbahnhof gegen die Frankfurt Skyliners geht. Am Freitag folgt der Euroleague-Auftakt in Barcelona, zwei Tage später gibt es im Pokal die Chance zur Revanche gegen Bonn. „Die Saison ist lang und er wird noch viele Gelegenheiten bekommen“, ist sich Gonzalez sicher.

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