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Auf ein Neues.

© imago images/Bildbyran

Der letzte Schrei: Karsten Warholm ist der große Star beim Istaf

In Tokio verbesserte er seinen eigenen Weltrekord und wurde Olympiasieger. Beim Istaf werden daher alle Augen auf Hürdenläufer Karsten Warholm gerichtet sein.

Berlin - Was sind rückblickend die großen Momente und Bilder von den Olympischen Spielen in Tokio? Sicher, leere Sitzreihen wegen der Pandemie. Aber ganz bestimmt auch die weit aufgerissenen Augen, dazu der weit aufgerissene Mund des Hürdenläufers Karsten Warholm. Ein Ausdruck, der schwer an die vier Gemälde unter dem Titel „Der Schrei“ des norwegischen Malers Edvard Munch erinnert.

Munchs Landsmann Warholm konnte sein Glück kaum fassen. Seinen eigenen Weltrekord über 400 Meter Hürden hatte er um 76 Hundertstel auf 45,94 Sekunden verbessert. Auch der Zweite, der US-Amerikaner Rai Benjamin, war mit 46,17 Sekunden deutlich unter dem alten Weltrekord geblieben. Viele Beobachter waren sich nach dem Rennen einig: Das war der sportlich hochwertigste Wettkampf, der jemals bei Olympia ausgetragen wurde.

Zum Saisonende dürfte es Warholm langsamer angehen lassen. Aber die Organisatoren des Internationalen Stadionfests (Istaf) sind froh, dass der derzeit wohl außergewöhnlichste Leichtathlet am Sonntag im Berliner Olympiastadion antreten wird. Zumal es etwas zu feiern gibt: Das Istaf jährt sich zum 100. Mal.

Die Disziplin 400 Meter Hürden gilt als eine der anstrengendsten in der Leichtathletik. Bei keiner anderen Distanz übersäuert der Körper der Athleten so schnell, wodurch die koordinativen Fähigkeiten beeinträchtigt werden. Das Besondere am 25 Jahre alten Warholm ist, dass er – so behauptet er zumindest – sich für seine Starts keine Taktik zurechtlegt. „Ich bin jung und dumm und einfach drauflos gerannt“, beschrieb er einmal seine Rennstrategie.

Gute Beziehung zum Trainer

Ziemlich sicher aber steckt hinter dem Wunderläufer Warholm eine sehr ausgeklügelte Trainingssteuerung. Konzipiert wird sie vom Biomechaniker Leif Olav Alnes. Der 65-Jährige gilt als Trainer-Koryphäe, er führte bereits den norwegischen Sprinter Geir Moen an die internationale Spitze. Alnes gilt als eine Art väterlicher Freund von Warholm. Der Athlet selbst sieht das Erfolgsrezept darin, dass die gute Beziehung nicht durch die sehr intensiven Trainingseinheiten zerstört würde. Im Gegenteil: Erst durch die Freundschaft sei das harte Training erst möglich.

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Zeiten wie sie Warholm läuft, werden zu Recht kritisch beäugt. Immer wieder fällt der Begriff Technodoping. Gemeint sind die Spikes des Läufers. In ihnen befindet sich eine Karbonplatte, die für eine Art Trampolineffekt sorgt. Aber nicht nur Warholm, die meisten seiner Konkurrenten tragen vom Prinzip her ähnliche Spikes.

Viele ehemalige Weltklasseläufer empfinden den Materialvorteil als ungerecht. Ihre alten Top-Zeiten sind nicht mehr viel wert. „Das Problem ist“, sagte Warholm jüngst einem Reporter der BBC, „dass jede gute Zeit, die wir laufen, hinterfragt wird wegen unserer Schuhe.“

Istaf-Direktor Martin Seeber wird gut damit leben können, dass die Spikes schneller sind denn je. Er hofft, dass Warholm seinen Meeting-Rekord aus dem vergangenen Jahr brechen kann. Und auch wenn das Olympiajahr für den Norweger sehr anstrengend war, ausgeschlossen ist das nicht. Im Gegenteil: Bei Warholm weiß man nie, ob er, wie er sagen würde, dumm drauflos stürmt und nach der Ziellinie dreinschaut wie die Person auf dem Munch-Gemälde.

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