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Anführer in Sicht. Philipp Weber (rechts) wuchs bei der WM in die Position des Spielmachers hinein. In der Zukunft könnte dort mit Fabian Wiede (fehlte verletzt) und Nachwuchstalent Juri Knorr eine Lücke geschlossen werden.

© Petr David Josek/AFP

Nach dem Aus bei der Handball-WM in Ägypten: Das Ziel bleibt Olympia-Gold

Nach dem schwächsten WM-Ergebnis einer deutschen Mannschaft wollen die Handballer beim nächsten Großevent alles besser machen.

Von hängenden Köpfen war bei den deutschen Handballern keine Spur. Natürlich hatten sie vom Sieg der Ungarn gegen Polen gehört und natürlich war ihnen bewusst, dass der Traum vom Viertelfinale bei der Weltmeisterschaft in Ägypten dadurch endgültig gestorben war. Und dennoch: Gegen die Brasilianer wollten sich Kapitän Uwe Gensheimer und seine Mannschaftskameraden am Samstagabend noch einmal in Bestform präsentieren. Für das gute Gefühl, die Zuschauer und für ihre Nation. Gesagt, getan. Problemlos gewann die deutsche Auswahl mit 31:24 gegen die Südamerikaner.

„Wir haben hier in relativ kurzer Zeit sehr viele neue taktische Dinge in die Mannschaft gebracht. Das passt im Angriff schon ganz gut, in der Abwehr müssen wir aber hier und da noch etwas aggressiver am Mann sein, um näher an die Weltspitze zu kommen“, resümierte Gensheimer und fasste damit kurz und knapp den Leistungsstand seines Teams zusammen.

Die größte Baustelle ist – und das war schon vor Beginn des Turniers offenkundig – die Defensive. Natürlich ist es müßig, ständig auf das Fehlen des Kieler Blocks bestehend aus Patrick Wiencek und Hendrik Pekeler hinzuweisen, indes kommt man nicht umhin festzustellen, dass die jungen Johannes Golla und Sebastian Firnhaber diese Bruchstelle nicht zu hundert Prozent kompensieren konnten und das von ihnen auch nicht erwartet werden konnte.

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Ihrer Unerfahrenheit geschuldet waren sie oft einen Schritt zu langsam oder es haperte an der Absprache, wodurch nicht selten unnötige Zeitstrafen folgten. Ein Zustand, der zwar von Begegnung zu Begegnung optimiert werden konnte, unter dem jedoch gleichermaßen das Torhüterspiel litt. Oft alleine gelassen wurden Silvio Heinevetter, Johannes Bitter und Andreas Wolff nicht ihrem Weltklasse-Niveau gerecht, wobei besonders letzterer bei diesem Turnier mehr durch Worte als durch Paraden auf sich aufmerksam machte.

Das daraus resultierende Problem ist hinlänglich bekannt: Nicht nur, dass es immer wieder Gegentore hagelte, es blieben ebenso die leichten Treffer durch Tempogegenstöße verwehrt. Im Gegenzug mussten sich die Spieler von Alfred Gislason überwiegend im Positionsspiel beweisen und zeigten da durchaus, dass die kurze Arbeit mit dem noch relativ neuen Bundestrainer bereits ihre Früchte trägt.

Hannings Urteil dennoch überwiegend positiv

Mittelmann Philipp Weber überzeugte mit einer flüssigen Angriffssteuerung, war beweglich, flexibel und zugleich torgefährlich – eine Erleichterung für das deutsche Team, dass seit Jahren nach einem neuen Anführer auf dieser Position sucht. Zusammen mit dem Berliner Fabian Wiede, der aufgrund seiner vorangegangenen Schulterverletzung für das Turnier abgesagt hatte, und Nachwuchstalent Juri Knorr könnte diese Lücke zukünftig vielversprechend gefüllt werden.

Allerdings nutzt die beste Spielführung nichts, wenn abschließend die klaren Chancen nicht verwertet werden. Und hier liegt ein weiteres Manko. Warum das so ist? „Genau kann ich das auch nicht beantworten. Da müsste man die Tiefenpsychologie zu Rate ziehen“, beantwortete der Vizepräsident des Deutschen Handballbundes Bob Hanning leicht verlegen die Frage, als er sich am Sonntagmorgen den Fragen der Journalisten stellte.

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Dessen ungeachtet fiel sein Urteil zur Leistung der deutschen Spieler überwiegend positiv aus. Natürlich habe man die „eigens gesetzte Aufgabenstellung nicht erfüllt“, doch sehe er eine Entwicklung in der Mannschaft, die ihn für die kommenden Aufgaben zuversichtlich stimme. Von seiner Vision, die Olympischen Spielen in Tokio mit der Goldmedaille abschließen zu können, lässt er sich nicht abbringen – obwohl eine deutsche Auswahl noch nie so früh bei einer WM ausgeschieden ist.

In diesem Sinne zählen die Tage in Ägypten mit dem letzten Auftritt der Nationalmannschaft an diesem Montag gegen Polen (20.30, live in der ARD) nun als Vorbereitung für das Großereignis. Es ist eine Möglichkeit für Spieler und Trainer weiter zusammenzuwachsen, sich die nötige Sicherheit zu verschaffen und an der Abstimmung zu arbeiten. Wenn dann noch die Routiniers wieder zur Mannschaft stoßen, können bei der im März anstehende Qualifikation in Berlin hoffentlich nicht nur ein gutes Gefühl sondern auch ein Weiterkommen gefeiert werden.

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