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Blick ins Nichts. Die deutschen Curler – hier das aktuelle Männerteam um Skip John Jahr (M.), Christopher Daase (l.) und Sven Goldemann bei der WM 2012 – könnten bald von der internationalen Bildfläche verschwinden.

© picture alliance / dpa

Curling als Präzedenzfall: Das Ende der Gießkanne?

Die Streichung der Fördermittel für den Deutschen Curling-Verband stellt einen Präzedenzfall dar. Wenn es eine Sportart treffen kann, müssen auch andere Verbände um ihre Finanzierung bangen. Ein Kommentar von Lars Spannagel.

Der Aufschrei wird ausbleiben. Soso, den deutschen Curlern wird also die Förderung gestrichen – na und? Gerade einmal rund 700 Menschen gehen dem Sport in Deutschland aktiv nach, die meisten davon in Garmisch, Oberstdorf und Füssen. Curling findet in der Öffentlichkeit nicht statt und bringt auch keine Medaillen. Gravierend ist die anscheinend feststehende Entscheidung des Bundesinnenministeriums (BMI) und des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB) trotzdem. Denn sie könnte ein Präzedenzfall sein, der die deutsche Sportlandschaft nachhaltig verändert.

Mit den Curlern verliert erstmals seit Bestehen der Bundesrepublik ein olympischer Sportverband seine kompletten staatlichen Zuwendungen. Die Empfehlung des DOSB, die Mittel von rund 500.000 Euro zu streichen, kommt einer Grundsatzentscheidung gleich. DOSB- Präsident Alfons Hörmann spricht davon, dass der deutsche Leistungssport „am Scheideweg“ steht. Man habe Prioritäten setzen und entscheiden müssen, „ob wir im Gießkannenprinzip bei allen Verbänden kürzen oder nur bei einem“. Nun hat es die Curler als Erste erwischt, die Gründe dafür sind noch unklar. Sicher ist nur: Wenn es eine Sportart treffen kann, müssen auch andere Verbände um ihre Finanzierung und damit um ihre leistungssportliche Existenz bangen. Hörmann hat bereits angekündigt, die Überlegungen seien nicht auf den Wintersport begrenzt.

In der DDR wurden nur jene Sportarten staatlich gefördert, die Medaillen versprachen. Hörmann hat betont, eine solche Sportkultur sei für ihn inakzeptabel. Was aber will der DOSB-Präsident dann? Pluralismus? Einen guten Platz im Medaillenspiegel? Oder wird künftig allein der Mangel bestimmen, welche Sportarten aufblühen und welche absterben? Diese Fragen sind zu wichtig, um sie von Fall zu Fall zu entscheiden. Oder von einigen hunderttausend Euro und der fehlenden Lobby einer Sportart abhängig zu machen.

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