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Läufer rund um die Siegessäule. Am 27. September soll es die Mini-Auflage des Marathons geben.

© picture alliance / dpa

Coronabedingte Belastungen im Vereinssport: Berlin kämpft um seinen Sportmetropolen-Status

Die Krise hat den Berliner Sport schwer getroffen. Abmilderung verschaffen öffentliche Gelder. Doch reicht das?

Wenn alles klappt, wie sich die Veranstalter vom SCC Berlin das vorstellen, wird es am 27. September gespenstisch werden rund um ein ansonsten belebtes Wahrzeichen in der Hauptstadt. Insgesamt etwa 20 Läufer und Skater sollen dann ihre Runden drehen um die Siegessäule. Rings um sie herum: kaum eine Menschenseele.

Neben der geplanten Rumpftruppe aus deutschen Spitzenläufern flüchtet sich der Marathon ins Digitale, wie der SCC am Donnerstag bekannt gab. Überall auf der Welt sind die Läufer aufgefordert, am 26. oder 27. September eine bestimmte Strecke in 2:01:39 Stunden zu absolvieren, in der Weltrekordzeit des Kenianers Eliud Kipchoge. Eine sogenannte Challenge App will der Veranstalter in den kommenden Wochen zur Verfügung stellen.

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Der Sport im Zeichen von Corona. Die Krise wird also auch vom Berlin-Marathon, an dem im vergangenen Jahr noch knapp 63.000 Sportler teilgenommen hatten, nicht viel übriglassen. Die Vertreter aus dem Sport sind in diesen Wochen und Monaten trotz der Umstände bestrebt, nicht allzu viel zu jammern.

Das war auch unter der Woche zu merken, als bei einer Gesprächsrunde des Vereins Berliner Kaufleute und Industrieller hochrangige Entscheider des Berliner Sports über das Hier und Jetzt sowie über die Zukunft sprachen. Die Berliner sind gewillt, ihren besonderen Status auch im Sport zu behalten. Zu großen Einschnitten soll es nicht kommen. „Wir wollen die Sportmetropole Nummer eins in Deutschland bleiben“, sagte Gabriele Freytag, Leiterin der Abteilung Sport in der Senatsverwaltung.

Das dürfte mehr als nur ein frommer Wunsch sein. Die Bedingungen sind tatsächlich gut, dass der Berliner Sport einigermaßen glimpflich aus der Krise herauskommt. Sechs Millionen Euro bewilligte der Senat an Unterstützungsleistungen für notleidende Vereine.

Und offenbar ist die Not gar nicht mal so groß. Bislang sind 1,4 Millionen Euro bewilligt und eine Million Euro ausgezahlt worden, wie Friedhard Teuffel in der Online-Gesprächsrunde am Mittwoch erzählte. „Bisher sind wir mit dem Geld auskömmlich. Es wäre doch großartig, wenn wir davon wieder etwas zurückgeben könnten“, sagte der Direktor des Landessportbundes Berlin.

"Der Sport hat bewiesen, dass er Solidarität lebt"

Noch vor wenigen Wochen waren die Befürchtungen groß gewesen, dass durch die Coronavirus-Pandemie der Breiten- wie Spitzensport in der Hauptstadt in eine existenzielle Krise schlittern könnte. Austrittswellen waren befürchtet worden. Doch bis auf Einzelfälle ist es dazu bisher nicht gekommen. „Der Sport hat in der Krise ein großes Durchhaltevermögen gezeigt und bewiesen, dass er Solidarität lebt“, sagte Teuffel.

Nur heile Welt hat das Virus im Berliner Sport aber nicht hinterlassen. So hatte es in den vergangenen Wochen Beschwerden von mehreren Vereinen gegeben, dass die Bezirke die jeweiligen Hygienemaßnahmen nicht einhalten konnten und die Hallen sperrten.

Vor allem aus Berlin-Lichtenberg gab es mehrere Klagen. Professionelle Reinigungskräfte seien nicht verfügbar gewesen, teilte das Bezirksamt Lichtenberg dem Tagesspiegel mit. Man habe sich nun mit den Vereinen darauf geeinigt, dass diese sich vermehrt eigenverantwortlich um die Sauberkeit kümmern sollen. Den Vereinen, denen seit vielen Jahren die ehrenamtlichen Helfer davonlaufen, wird diese Antwort nicht gefallen.

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Überhaupt ist der zusätzliche Aufwand für die Umsetzung des Infektionsschutzes ein großes Problem für den Sport – und das nicht nur in der Breite. „Die Profiklubs befinden sich auch wegen der zusätzlichen Kosten durch den Infektionsschutz in einer ungemein schweren Situation“, sagt Kaweh Niroomand. Der 67-Jährige ist in hochrangigen Funktionen im Berliner wie im bundesdeutschen Sport aktiv. Seine Herzensangelegenheit ist aber der Volleyball-Bundesligist BR Volleys, dem er schon seit vielen Jahren als Geschäftsführer vorsteht.

Niroomand sieht eine extrem schwierige Saison auf seine Volleys zukommen. Neue coronabedingte Kostenpunkte tauchen auf, gleichzeitig gehen die Einnahmen durch die fehlenden Zuschauer und die dadurch bedingten Einbußen an Sponsorengeldern zurück. Die Volleys müssen sparen, gleichzeitig wollen sie nicht alles, was sie über viele Jahre aufgebaut haben, über den Haufen werfen. „Wir wollen unser Niveau halten“, sagt Niroomand. Das Training habe begonnen und die Kostenmaschinerie laufe schon. Möglich machen das auch die öffentlichen Fördergelder. „Ohne die Unterstützung des Senats würden wir die Volleys zumachen“, sagt der Volleys-Manager. Man hilft sich in schweren Zeiten. Auch dafür steht der Sport im Zeichen von Corona.

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